Kriegserinnerungen der Lazarettschwester Marie Delius, geb. Schiele, item 15
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Es ist ein anblick zum Erbarmen, ganza Stadtviertel sind rauchende
Trümmerhaufen, es sollen an 200 häuser bei der Belagerung zerschossen
sein. Noch hören wir täglich auch nachts den Kanonendonner, da wird
heiß gekämpft in der Umgegend gegen die Engländer. Bei einem Ausgang
in der Nähe des.. , wo ich arbeitet, wurde ich Zeuge eines
interessanten vorfalls, es war nämlich unter den Trümmern eines
großen Hotels der Winkeller gefunden worden, und nun machten sich
Franzosen dabei, alles fortzuschaffen. Ein deutscher Soldat erbat sich
etwa davon, und erhielt einen
gganzen Arm voll, ich ließ mir aucheine halbe Flasche geben, die war noch ganz warm, ich habe sie dann
mit Sanitätern geteilt. Un unsere Arbeit? 14 von uns sind in einem
neuen Hospital St. Sauveur, ich mit 6 anderen in dem vom badischen
Roten Kreuz mit Beschlag belegten Garnisonlazarett von Lille. Wir
alle stehen unter einer Gräfin horn, die das ganze leitet. Zwei von
meinen Schwestern sind schon wieder abgeholt auf die Thyhus-Station,
Erfolg gibt es nicht. Unser Hospitalservice ist das Schmutzigste,
elendeste, verkommenste Lokal, das ich noch gesehen habe. Bei uns gibt
es ein solches Haus für Menschen gar nicht. Jeden Anspruch an Ordnung
und Reinlichkeit muß man fahren lassen, um es nur auszuhalten. Treppen,
Gänge, Fenster, Höfe, Klosetts, Ausgüsse, Türen starren von Schmutz.
Essen kann man nur mit Wiederwillen. Aber was hilfts. Ich komme in
meinem Saal, Magazin A, täglich einige Schritte weiter. Das ist die
Durchgangsstation, ein furchtbar unruhiger Saal, innerlich und äus ser-
lich Kranke liegen durcheinander, viele Bleiben nur wenige Stunden,
werden nach Haus transportiert oder verlegt, nur wenige von denen, die
ich vor 3 Tagen übernommen habe, sind noch da. Der Saal hat 44 Betten,
kann aber durch Matratzen auf dem Hängeboden leicht bis 75 vergrößert
werden. Heute mittag z.B. hatte ich soviele Kostgänger. Zuerst fand ich
mich nicht gleich zurecht, jetzt geht es schon ganz gut. Meine zwei
sanitäter sind cand. jur. Fischer und ein Schwarzwälder Etzkorn.
Letzterer nimmt sich manchmal etwas heraus. Ganz am Ende des Saales
liegen einige schwerverwundete Engländer, die ihren eigenen Sanitäter
haben. Den stelle ich vermögens meiner Sprachkennznisse [sic!] tüchtig mit an.
So muß er die Kabuse, das Dreckloch in Ordnung halten. Öfen heizen usw.
SchwesternClos sind fast immer abzuwaschen, Er tut mir oft leid. In
St. Sauveur sollen sie viele Schwerverletzte haben, wir werden wohl
auch dahin kommen. Unser Doktor in Magazin A ist ein Dr, Schütz, Lugen-
spezialist. Die Soldaten sind alle sehr nett, aber voller Wut auf die
Engländer. Die müssen es entsetzlich treiben. Schauergeschichten erzählen
sie von den Bayern.
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Es ist ein anblick zum Erbarmen, ganza Stadtviertel sind rauchende
Trümmerhaufen, es sollen an 200 häuser bei der Belagerung zerschossen
sein. Noch hören wir täglich auch nachts den Kanonendonner, da wird
heiß gekämpft in der Umgegend gegen die Engländer. Bei einem Ausgang
in der Nähe des.. , wo ich arbeitet, wurde ich Zeuge eines
interessanten vorfalls, es war nämlich unter den Trümmern eines
großen Hotels der Winkeller gefunden worden, und nun machten sich
Franzosen dabei, alles fortzuschaffen. Ein deutscher Soldat erbat sich
etwa davon, und erhielt einen
gganzen Arm voll, ich ließ mir aucheine halbe Flasche geben, die war noch ganz warm, ich habe sie dann
mit Sanitätern geteilt. Un unsere Arbeit? 14 von uns sind in einem
neuen Hospital St. Sauveur, ich mit 6 anderen in dem vom badischen
Roten Kreuz mit Beschlag belegten Garnisonlazarett von Lille. Wir
alle stehen unter einer Gräfin horn, die das ganze leitet. Zwei von
meinen Schwestern sind schon wieder abgeholt auf die Thyhus-Station,
Erfolg gibt es nicht. Unser Hospitalservice ist das Schmutzigste,
elendeste, verkommenste Lokal, das ich noch gesehen habe. Bei uns gibt
es ein solches Haus für Menschen gar nicht. Jeden Anspruch an Ordnung
und Reinlichkeit muß man fahren lassen, um es nur auszuhalten. Treppen,
Gänge, Fenster, Höfe, Klosetts, Ausgüsse, Türen starren von Schmutz.
Essen kann man nur mit Wiederwillen. Aber was hilfts. Ich komme in
meinem Saal, Magazin A, täglich einige Schritte weiter. Das ist die
Durchgangsstation, ein furchtbar unruhiger Saal, innerlich und äus ser-
lich Kranke liegen durcheinander, viele Bleiben nur wenige Stunden,
werden nach Haus transportiert oder verlegt, nur wenige von denen, die
ich vor 3 Tagen übernommen habe, sind noch da. Der Saal hat 44 Betten,
kann aber durch Matratzen auf dem Hängeboden leicht bis 75 vergrößert
werden. Heute mittag z.B. hatte ich soviele Kostgänger. Zuerst fand ich
mich nicht gleich zurecht, jetzt geht es schon ganz gut. Meine zwei
sanitäter sind cand. jur. Fischer und ein Schwarzwälder Etzkorn.
Letzterer nimmt sich manchmal etwas heraus. Ganz am Ende des Saales
liegen einige schwerverwundete Engländer, die ihren eigenen Sanitäter
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Es ist ein anblick zum Erbarmen, ganza Stadtviertel sind rauchende
Trümmerhaufen, es sollen an 200 häuser bei der Belagerung zerschossen
sein. Noch hören wir täglich auch nachts den Kanonendonner, da wird
heiß gekämpft in der Umgegend gegen die Engländer. Bei einem Ausgang
in der Nähe des.. , wo ich arbeitet, wurde ich Zeuge eines
interessanten vorfalls, es war nämlich unter den Trümmern eines
großen Hotels der Winkeller gefunden worden, und nun machten sich
Franzosen dabei, alles fortzuschaffen. Ein deutscher Soldat erbat sich
etwa davon, und erhielt einen
gganzen Arm voll, ich ließ mir aucheine halbe Flasche geben, die war noch ganz warm, ich habe sie dann
mit Sanitätern geteilt. Un unsere Arbeit? 14 von uns sind in einem
neuen Hospital St. Sauveur, ich mit 6 anderen in dem vom badischen
Roten Kreuz mit Beschlag belegten Garnisonlazarett von Lille. Wir
alle stehen unter einer Gräfin horn, die das ganze leitet. Zwei von
meinen Schwestern sind schon wieder abgeholt auf die Thyhus-Station,
Erfolg gibt es nicht. Unser Hospitalservice ist das Schmutzigste,
elendeste, verkommenste Lokal, das ich noch gesehen habe. Bei uns gibt
es ein solches Haus für Menschen gar nicht. Jeden Anspruch an Ordnung
und Reinlichkeit muß man fahren lassen, um es nur auszuhalten. Treppen,
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Es ist ein anblick zum Erbarmen, ganza Stadtviertel sind rauchende
Trümmerhaufen, es sollen an 200 häuser bei der Belagerung zerschossen
sein. Noch hören wir täglich auch nachts den Kanonendonner, da wird
heiß gekämpft in der Umgegend gegen die Engländer. Bei einem Ausgang
in der Nähe des.. , wo ich arbeitet, wurde ich Zeuge eines
interessanten vorfalls, es war nämlich unter den Trümmern eines
großen Hotels der Winkeller gefunden worden, und nun machten sich
Franzosen dabei, alles fortzuschaffen. Ein deutscher Soldat erbat sich
etwa davon, und erhielt einen
gganzen Arm voll, ich ließ mir aucheine halbe Flasche geben, die war noch ganz warm, ich habe sie dann
mit Sanitätern geteilt. Un unsere Arbeit? 14 von uns sind in einem
neuen Hospital St. Sauveur, ich mit 6 anderen in dem vom badischen
Roten Kreuz mit Beschlag belegten Garnisonlazarett von Lille. Wir
alle stehen unter einer Gräfin horn, die das ganze leitet. Zwei von
meinen Schwestern sind schon
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Es ist ein anblick zum Erbarmen, ganza Stadtviertel sind rauchende
Trümmerhaufen, es sollen an 200 häuser bei der Belagerung zerschossen
sein. Noch hören wir täglich auch nachts den Kanonendonner, da wird
heiß gekämpft in der Umgegend gegen die Engländer. Bei einem Ausgang
in der Nähe des.. , wo ich arbeitet, wurde ich Zeuge eines
interessanten vorfalls, es war nämlich unter den Trümmern eines
großen Hotels der Winkeller gefunden worden, und nun machten sich
Franzosen dabei, alles fortzuschaffen. Ein deutscher Soldat erbat sich
etwa davon, und erhielt einen
gganzen Arm voll, ich ließ mir aucheine halbe Flasche geben, die war noch ganz warm, ich habe sie dann
mit Sanitätern geteilt. Un unsere Arbeit? 14 von uns sind in einem
neuen Hospital St. Sauveur, ich mit 6 anderen in dem vom badischen
Roten Kreuz
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Es ist ein anblick zum Erbarmen, ganza Stadtviertel sind rauchende
Trümmerhaufen, es sollen an 200 häuser bei der Belagerung zerschossen
sein. Noch hören wir täglich auch nachts den Kanonendonner, da wird
heiß gekämpft in der Umgegend gegen die Engländer. Bei einem Ausgang
in der Nähe des.. , wo ich arbeitet, wurde ich Zeuge eines
interessanten vorfalls,
Description
Save description- 52.5261532||13.3399273||
Hospital St. Sauveur
- 48.7904472||11.4978895||
Bayern
- 50.62932559999999||3.0568347999999332||||1
Lille, Neu Sandec
Location(s)
Story location Lille, Neu Sandec
Document location Hospital St. Sauveur
-
Additional document location Bayern
- ID
- 12644 / 148875
- Contributor
- Friedrich Delius
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- Eastern Front
- Western Front
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- Medical
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- Women
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