01-Die Feldpost

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Vic- s - Aisnes

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connaître la

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situation

de

la Bochie 

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 linke Seite 

Nr. 5                             23. November 1915.


Wer trägt die  Schuld am Kriege?


    So lautet der Titel einer vor einigen Monaten in Berlin

erschienenen Flugschrift, deren Inhalt zeigt, wie man auch in

gewissen deutschen Kreisen die Tatsachen allmählich nüchterner

und aufrichtiger beurteilt. Die preußische Regierung, die schon

früher die Flugschrift: "Gegen den Annexionswahnsinn" 

mit Beschlag belegt hat, bot diesmal auch alles auf, um die

Verbreitung der neuen Broschüre zu verhindern. Es erfolgten 

in Berlin, vornehmlich unter den Sozialdemokraten, Verhaftungen,

die seither nur zum Teil wieder aufgehoben worden sind. Trotz

aller polizeilichen Maßregeln drang die Flugschrift in weitere

Kreise und wir sind in der Lage, hiermit einen Abschnitt aus

derselben zu veröffentlichen.

    Die Flugschrift behandelt zunächst die orientalische Frage, bespricht

dann die imperialistischen Konflikte und zeigt auf Grund

der Tatsachen und der verschiedenen diplomatischen Aktenstücke,

wie der Weltkrieg angezettelt wurde. Dann folgt die Beantwortung

der Frage: "Warum Deutschland den Krieg

wollte"  und in einem "Die falsche Rechnung" überschriebenen

Schlußkapitel werden folgende Ausführungen gemacht:

    "Die Schuld, den Weltkrieg entfesselt zu haben,

lastet auf der deutschen Politik, jedoch glauben wir, daß

sie "mildernde Umstände"  für sich geltend machen kann: sie hat

sich verrechnet!  Man darf nämlich annehmen, daß sie doch

wohl anders gehandelt hätte, daß sie Oesterreich von dem

Anschlage auf Serbien zurückgehalten oder die Beilegung des

Konfliktes durch Vermittlung der Mächte nicht vereitelt hätte,

 rechte Spalte 

wenn sie gewußt hätte, welche Wendung der Krieg nehmen

würde.

    "Die Rechnung der Staatsmänner und der Militärs war

offenbar die: der Kampf würde sich zwischen den beiden 

Zentralmächten einerseits und Frankreich, Rußland, Serbien und

Belgien anderseits abspielen. Daß Italien nicht mitgehen

würde, wußten sie genau: vom Anfang des serbischen Konfliktes 

an hatte es erklärt, daß hier ein Fall vorliege, für den

der Dreibundvertrag nicht gelte. Aber sie rechneten auf die

militärische Ueberlegenheit auch ohne Italien, das neutral

bleiben würde. Diese Ueberlegenheit würde bewirken, daß die

deutsche Armee, besonders wenn sie das neutrale Belgien

vergewaltigte, in raschen Schlägen Frankreich niederwerfen werde,

in ein paar Monaten höchstens; inzwischen würde die österreichische

Armee dem russischen Stoß standhalten, zumal Rußland

Monate braucht, um seine Armee an der Westgrenze zu

konzentrieren; dann würden die vereinigten Armeen sich gegen

Rußland wenden und ihm den Frieden aufzwingen. Also ein

frischfröhlicher Krieg von einem halben, höchstens

einem Jahre; als Preis die Ausscheidung Frankreichs aus

der Reihe der Großmächte und eine Verständigung mit Rußland

zu gemeinsamer imperialistischer Politik, das Drei-Kaiser-

Bündnis zur Beherrschung der Welt.

    "Voraussetzung war die Neutralität Englands. In

der Tat, was hätte dem englischen "Krämergeist" besser 

entsprochen, als neutral zu bleiben, alle Vorteile zu genießen, die

sich daraus ergaben, daß Frankeichs und Deutschlands 

Industrie während des Krieges lahmgelegt blieb, England das

Monopol erhielt; nach dem Kriege konnte sich England mit dem

Sieger auseinandersetzen über die Aufteilung der Welt. -

Die Rechnung hatte jedoch ein Loch: keine noch so feierlichen

Versicherungen Deutschlands, daß es Belgien wieder freigeben,






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Wer trägt die  Schuld am Kriege?


    So lautet der Titel einer vor einigen Monaten in Berlin

erschienenen Flugschrift, deren Inhalt zeigt, wie man auch in

gewissen deutschen Kreisen die Tatsachen allmählich nüchterner

und aufrichtiger beurteilt. Die preußische Regierung, die schon

früher die Flugschrift: "Gegen den Annexionswahnsinn" 

mit Beschlag belegt hat, bot diesmal auch alles auf, um die

Verbreitung der neuen Broschüre zu verhindern. Es erfolgten 

in Berlin, vornehmlich unter den Sozialdemokraten, Verhaftungen,

die seither nur zum Teil wieder aufgehoben worden sind. Trotz

aller polizeilichen Maßregeln drang die Flugschrift in weitere

Kreise und wir sind in der Lage, hiermit einen Abschnitt aus

derselben zu veröffentlichen.

    Die Flugschrift behandelt zunächst die orientalische Frage, bespricht

dann die imperialistischen Konflikte und zeigt auf Grund

der Tatsachen und der verschiedenen diplomatischen Aktenstücke,

wie der Weltkrieg angezettelt wurde. Dann folgt die Beantwortung

der Frage: "Warum Deutschland den Krieg

wollte"  und in einem "Die falsche Rechnung" überschriebenen

Schlußkapitel werden folgende Ausführungen gemacht:

    "Die Schuld, den Weltkrieg entfesselt zu haben,

lastet auf der deutschen Politik, jedoch glauben wir, daß

sie "mildernde Umstände"  für sich geltend machen kann: sie hat

sich verrechnet!  Man darf nämlich annehmen, daß sie doch

wohl anders gehandelt hätte, daß sie Oesterreich von dem

Anschlage auf Serbien zurückgehalten oder die Beilegung des

Konfliktes durch Vermittlung der Mächte nicht vereitelt hätte,

 rechte Spalte 

wenn sie gewußt hätte, welche Wendung der Krieg nehmen

würde.

    "Die Rechnung der Staatsmänner und der Militärs war

offenbar die: der Kampf würde sich zwischen den beiden 

Zentralmächten einerseits und Frankreich, Rußland, Serbien und

Belgien anderseits abspielen. Daß Italien nicht mitgehen

würde, wußten sie genau: vom Anfang des serbischen Konfliktes 

an hatte es erklärt, daß hier ein Fall vorliege, für den

der Dreibundvertrag nicht gelte. Aber sie rechneten auf die

militärische Ueberlegenheit auch ohne Italien, das neutral

bleiben würde. Diese Ueberlegenheit würde bewirken, daß die

deutsche Armee, besonders wenn sie das neutrale Belgien

vergewaltigte, in raschen Schlägen Frankreich niederwerfen werde,

in ein paar Monaten höchstens; inzwischen würde die österreichische

Armee dem russischen Stoß standhalten, zumal Rußland

Monate braucht, um seine Armee an der Westgrenze zu

konzentrieren; dann würden die vereinigten Armeen sich gegen

Rußland wenden und ihm den Frieden aufzwingen. Also ein

frischfröhlicher Krieg von einem halben, höchstens

einem Jahre; als Preis die Ausscheidung Frankreichs aus

der Reihe der Großmächte und eine Verständigung mit Rußland

zu gemeinsamer imperialistischer Politik, das Drei-Kaiser-

Bündnis zur Beherrschung der Welt.

    "Voraussetzung war die Neutralität Englands. In

der Tat, was hätte dem englischen "Krämergeist" besser 

entsprochen, als neutral zu bleiben, alle Vorteile zu genießen, die

sich daraus ergaben, daß Frankeichs und Deutschlands 

Industrie während des Krieges lahmgelegt blieb, England das

Monopol erhielt; nach dem Kriege konnte sich England mit dem

Sieger auseinandersetzen über die Aufteilung der Welt. -

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  • July 1, 2018 20:14:03 Beate Jochem

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    gewissen deutschen Kreisen die Tatsachen allmählich nüchterner

    und aufrichtiger beurteilt. Die preußische Regierung, die schon

    früher die Flugschrift: "Gegen den Annexionswahnsinn" 

    mit Beschlag belegt hat, bot diesmal auch alles auf, um die

    Verbreitung der neuen Broschüre zu verhindern. Es erfolgten 

    in Berlin, vornehmlich unter den Sozialdemokraten, Verhaftungen,

    die seither nur zum Teil wieder aufgehoben worden sind. Trotz

    aller polizeilichen Maßregeln drang die Flugschrift in weitere

    Kreise und wir sind in der Lage, hiermit einen Abschnitt aus

    derselben zu veröffentlichen.

        Die Flugschrift behandelt zunächst die orientalische Frage, bespricht

    dann die imperialistischen Konflikte und zeigt auf Grund

    der Tatsachen und der verschiedenen diplomatischen Aktenstücke,

    wie der Weltkrieg angezettelt wurde. Dann folgt die Beantwortung

    der Frage: "Warum Deutschland den Krieg

    wollte"  und in einem "Die falsche Rechnung" überschriebenen

    Schlußkapitel werden folgende Ausführungen gemacht:

        "Die Schuld, den Weltkrieg entfesselt zu haben,

    lastet auf der deutschen Politik, jedoch glauben wir, daß

    sie "mildernde Umstände"  für sich geltend machen kann: sie hat

    sich verrechnet!  Man darf nämlich annehmen, daß sie doch

    wohl anders gehandelt hätte, daß sie Oesterreich von dem

    Anschlage auf Serbien zurückgehalten oder die Beilegung des

    Konfliktes durch Vermittlung der Mächte nicht vereitelt hätte,

     rechte Spalte 

    wenn sie gewußt hätte, welche Wendung der Krieg nehmen

    würde.

        "Die Rechnung der Staatsmänner und der Militärs war

    offenbar die: der Kampf würde sich zwischen den beiden 

    Zentralmächten einerseits und Frankreich, Rußland, Serbien und

    Belgien anderseits abspielen. Daß Italien nicht mitgehen

    würde, wußten sie genau: vom Anfang des serbischen Konfliktes 

    an hatte es erklärt, daß hier ein Fall vorliege, für den

    der Dreibundvertrag nicht gelte. Aber sie rechneten auf die

    militärische Ueberlegenheit auch ohne Italien, das neutral

    bleiben würde. Diese Ueberlegenheit würde bewirken, daß die

    deutsche Armee, besonders wenn sie das neutrale Belgien

    vergewaltigte, in raschen Schlägen Frankreich niederwerfen werde,

    in ein paar Monaten höchstens; inzwischen würde die österreichische

    Armee dem russischen Stoß standhalten, zumal Rußland

    Monate braucht, um seine Armee an der Westgrenze zu

    konzentrieren; dann würden die vereinigten Armeen sich gegen

    Rußland wenden und ihm den Frieden aufzwingen. Also ein

    frischfröhlicher Krieg von einem halben, höchstens

    einem Jahre; als Preis die Ausscheidung Frankreichs aus

    der Reihe der Großmächte und eine Verständigung mit Rußland

    zu gemeinsamer imperialistischer Politik, das Drei-Kaiser-

    Bündnis zur Beherrschung der Welt.

        "Voraussetzung war die Neutralität Englands. In

    der Tat, was hätte dem englischen "Krämergeist" besser 

    entsprochen, als neutral zu bleiben, alle Vorteile zu genießen, die

    sich daraus ergaben, daß Frankeichs und Deutschlands 

    Industrie während des Krieges lahmgelegt blieb, England das

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  • July 1, 2018 20:13:07 Beate Jochem

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    gewissen deutschen Kreisen die Tatsachen allmählich nüchterner

    und aufrichtiger beurteilt. Die preußische Regierung, die schon

    früher die Flugschrift: "Gegen den Annexionswahnsinn" 

    mit Beschlag belegt hat, bot diesmal auch alles auf, um die

    Verbreitung der neuen Broschüre zu verhindern. Es erfolgten 

    in Berlin, vornehmlich unter den Sozialdemokraten, Verhaftungen,

    die seither nur zum Teil wieder aufgehoben worden sind. Trotz

    aller polizeilichen Maßregeln drang die Flugschrift in weitere

    Kreise und wir sind in der Lage, hiermit einen Abschnitt aus

    derselben zu veröffentlichen.

        Die Flugschrift behandelt zunächst die orientalische Frage, bespricht

    dann die imperialistischen Konflikte und zeigt auf Grund

    der Tatsachen und der verschiedenen diplomatischen Aktenstücke,

    wie der Weltkrieg angezettelt wurde. Dann folgt die Beantwortung

    der Frage: "Warum Deutschland den Krieg

    wollte"  und in einem "Die falsche Rechnung" überschriebenen

    Schlußkapitel werden folgende Ausführungen gemacht:

        "Die Schuld, den Weltkrieg entfesselt zu haben,

    lastet auf der deutschen Politik, jedoch glauben wir, daß

    sie "mildernde Umstände"  für sich geltend machen kann: sie hat

    sich verrechnet!  Man darf nämlich annehmen, daß sie doch

    wohl anders gehandelt hätte, daß sie Oesterreich von dem

    Anschlage auf Serbien zurückgehalten oder die Beilegung des

    Konfliktes durch Vermittlung der Mächte nicht vereitelt hätte,

     rechte Spalte 

    wenn sie gewußt hätte, welche Wendung der Krieg nehmen

    würde.

        "Die Rechnung der Staatsmänner und der Militärs war

    offenbar die: der Kampf würde sich zwischen den beiden 

    Zentralmächten einerseits und Frankreich, Rußland, Serbien und

    Belgien anderseits abspielen. Daß Italien nicht mitgehen

    würde, wußten sie genau: vom Anfang des serbischen Konfliktes 

    an hatte es erklärt, daß hier ein Fall vorliege, für den

    der Dreibundvertrag nicht gelte. Aber sie rechneten auf die

    militärische Ueberlegenheit auch ohne Italien, das neutral

    bleiben würde. Diese Ueberlegenheit würde bewirken, daß die

    deutsche Armee, besonders wenn sie das neutrale Belgien

    vergewaltigte, in raschen Schlägen Frankreich niederwerfen werde,

    in ein paar Monaten höchstens; inzwischen würde die österreichische

    Armee dem russischen Stoß standhalten, zumal Rußland

    Monate braucht, um seine Armee an der Westgrenze zu

    konzentrieren; dann würden die vereinigten Armeen sich gegen

    Rußland wenden und ihm den Frieden aufzwingen. Also ein

    frischfröhlicher Krieg von einem halben, höchstens

    einem Jahre; als Preis die Ausscheidung Frankreichs aus

    der Reihe der Großmächte und eine Verständigung mit Rußland

    zu gemeinsamer imperialistischer Politik, das Drei-Kaiser-

    Bündnis zur Beherrschung der Welt.

        "Voraussetzung war die Neutralität Englands. In

    der Tat, was hätte dem englischen "Krämergeist" besser 

    entsprochen, als neutral zu bleiben, alle Vorteile zu genießen, die

    sich daraus ergaben, daß Frankeichs und Deutschlands 

    Industrie während des Krieges lahmgelegt blieb, England das

    Monopol erhielt; nach dem Kriege konnte sich England mit dem

    Sieger auseinandersetzen über die Aufteilung der Welt. -

    Die Rechnung hatte jedoch ein Loch: keine noch so feierlichen

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    erschienenen Flugschrift, deren Inhalt zeigt, wie man auch in

    gewissen deutschen Kreisen die Tatsachen allmählich nüchterner

    und aufrichtiger beurteilt. Die preußische Regierung, die schon

    früher die Flugschrift: "Gegen den Annexionswahnsinn" 

    mit Beschlag belegt hat, bot diesmal auch alles auf, um die

    Verbreitung der neuen Broschüre zu verhindern. Es erfolgten 

    in Berlin, vornehmlich unter den Sozialdemokraten, Verhaftungen,

    die seither nur zum Teil wieder aufgehoben worden sind. Trotz

    aller polizeilichen Maßregeln drang die Flugschrift in weitere

    Kreise und wir sind in der Lage, hiermit einen Abschnitt aus

    derselben zu veröffentlichen.

        Die Flugschrift behandelt zunächst die orientalische Frage, bespricht

    dann die imperialistischen Konflikte und zeigt auf Grund

    der Tatsachen und der verschiedenen diplomatischen Aktenstücke,

    wie der Weltkrieg angezettelt wurde. Dann folgt die Beantwortung

    der Frage: "Warum Deutschland den Krieg

    wollte"  und in einem "Die falsche Rechnung" überschriebenen

    Schlußkapitel werden folgende Ausführungen gemacht:

        "Die Schuld, den Weltkrieg entfesselt zu haben,

    lastet auf der deutschen Politik, jedoch glauben wir, daß

    sie "mildernde Umstände"  für sich geltend machen kann: sie hat

    sich verrechnet!  Man darf nämlich annehmen, daß sie doch

    wohl anders gehandelt hätte, daß sie Oesterreich von dem

    Anschlage auf Serbien zurückgehalten oder die Beilegung des

    Konfliktes durch Vermittlung der Mächte nicht vereitelt hätte,

     rechte Spalte 

    wenn sie gewußt hätte, welche Wendung der Krieg nehmen

    würde.

        "Die Rechnung der Staatsmänner und der Militärs war

    offenbar die: der Kampf würde sich zwischen den beiden 

    Zentralmächten einerseits und Frankreich, Rußland, Serbien und

    Belgien anderseits abspielen. Daß Italien nicht mitgehen

    würde, wußten sie genau: vom Anfang des serbischen Konfliktes 

    an hatte es erklärt, daß hier ein Fall vorliege, für den

    der Dreibundvertrag nicht gelte. Aber sie rechneten auf die

    militärische Ueberlegenheit auch ohne Italien, das neutral

    bleiben würde. Diese Ueberlegenheit würde bewirken, daß die

    deutsche Armee, besonders wenn sie das neutrale Belgien

    vergewaltigte, in raschen Schlägen Frankreich niederwerfen werde,

    in ein paar Monaten höchstens; inzwischen würde die österreichische

    Armee dem russischen Stoß standhalten, zumal Rußland

    Monate braucht, um seine Armee an der Westgrenze zu

    konzentrieren; dann würden die vereinigten Armeen sich gegen

    Rußland wenden und ihm den Frieden aufzwingen. Also ein

    frischfröhlicher Krieg von einem halben, höchstens

    einem Jahre; als Preis die Ausscheidung Frankreichs aus

    der Reihe der Großmächte und eine Verständigung mit Rußland

    zu gemeinsamer imperialistischer Politik, das Drei-Kaiser-

    Bündnis zur Beherrschung der Welt.

        "Voraussetzung war die Neutralität Englands. In

    der Tat, was hätte dem englischen "Krämergeist" besser 

    entsprochen, als neutral zu bleiben, alle Vorteile zu genießen, die

    sich daraus ergaben, daß Frankeichs und Deutschlands 

    Industrie während des Krieges lahmgelegt blieb, England das

    Monopol erhielt; nach dem Kriege konnte sich England mit dem

    Sieger auseinandersetzen über die Aufteilung der Welt. -

    Die Rechnung hatte jedoch ein Loch: keine noch so feierlichen

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  • July 1, 2018 20:06:23 Beate Jochem

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        So lautet der Titel einer vor einigen Monaten in Berlin

    erschienenen Flugschrift, deren Inhalt zeigt, wie man auch in

    gewissen deutschen Kreisen die Tatsachen allmählich nüchterner

    und aufrichtiger beurteilt. Die preußische Regierung, die schon

    früher die Flugschrift: "Gegen den Annexionswahnsinn" 

    mit Beschlag belegt hat, bot diesmal auch alles auf, um die

    Verbreitung der neuen Broschüre zu verhindern. Es erfolgten 

    in Berlin, vornehmlich unter den Sozialdemokraten, Verhaftungen,

    die seither nur zum Teil wieder aufgehoben worden sind. Trotz

    aller polizeilichen Maßregeln drang die Flugschrift in weitere

    Kreise und wir sind in der Lage, hiermit einen Abschnitt aus

    derselben zu veröffentlichen.

        Die Flugschrift behandelt zunächst die orientalische Frage, bespricht

    dann die imperialistischen Konflikte und zeigt auf Grund

    der Tatsachen und der verschiedenen diplomatischen Aktenstücke,

    wie der Weltkrieg angezettelt wurde. Dann folgt die Beantwortung

    der Frage: "Warum Deutschland den Krieg

    wollte"  und in einem "Die falsche Rechnung" überschriebenen

    Schlußkapitel werden folgende Ausführungen gemacht:

        "Die Schuld, den Weltkrieg entfesselt zu haben,

    lastet auf der deutschen Politik, jedoch glauben wir, daß

    sie "mildernde Umstände"  für sich geltend machen kann: sie hat

    sich verrechnet!  Man darf nämlich annehmen, daß sie doch

    wohl anders gehandelt hätte, daß sie Oesterreich von dem

    Anschlage auf Serbien zurückgehalten oder die Beilegung des

    Konfliktes durch Vermittlung der Mächte nicht vereitelt hätte,

     rechte Spalte 

    wenn sie gewußt hätte, welche Wendung der Krieg nehmen

    würde.

        "Die Rechnung der Staatsmänner und der Militärs war

    offenbar die: der Kampf würde sich zwischen den beiden 

    Zentralmächten einerseits und Frankreich, Rußland, Serbien und

    Belgien anderseits abspielen. Daß Italien nicht mitgehen

    würde, wußten sie genau: vom Anfang des serbischen Konfliktes 

    an hatte es erklärt, daß hier ein Fall vorliege, für den

    der Dreibundvertrag nicht gelte. Aber sie rechneten auf die

    militärische Ueberlegenheit auch ohne Italien, das neutral

    bleiben würde. Diese Ueberlegenheit würde bewirken, daß die

    deutsche Armee, besonders wenn sie das neutrale Belgien

    vergewaltigte, in raschen Schlägen Frankreich niederwerfen werde,

    in ein paar Monaten höchstens; inzwischen würde die österreichische

    Armee dem russischen Stoß standhalten, zumal Rußland

    Monate braucht, um seine Armee an der Westgrenze zu

    konzentrieren; dann würden die vereinigten Armeen sich gegen

    Rußland wenden und ihm den Frieden aufzwingen. Also ein

    frischfröhlicher Krieg von einem halben, höchstens

    einem Jahre; als Preis die Ausscheidung Frankreichs aus

    der Reihe der Großmächte und eine Verständigung mit Rußland

    zu gemeinsamer imperialistischer Politik, das Drei-Kaiser-

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  • July 1, 2018 19:55:00 Beate Jochem

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    gewissen deutschen Kreisen die Tatsachen allmählich nüchterner

    und aufrichtiger beurteilt. Die preußische Regierung, die schon

    früher die Flugschrift: "Gegen den Annexionswahnsinn" 

    mit Beschlag belegt hat, bot diesmal auch alles auf, um die

    Verbreitung der neuen Broschüre zu verhindern. Es erfolgten 

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    die seither nur zum Teil wieder aufgehoben worden sind. Trotz

    aller polizeilichen Maßregeln drang die Flugschrift in weitere

    Kreise und wir sind in der Lage, hiermit einen Abschnitt aus

    derselben zu veröffentlichen.

        Die Flugschrift behandelt zunächst die orientalische Frage, be-

    spricht dann die imperialistischen Konflikte und zeigt auf Grund

    der Tatsachen und der verschiedenen diplomatischen Aktenstücke,

    wie der Weltkrieg angezettelt wurde. Dann folgt die Beant-

    wortung der Frage: "Warum Deutschland den Krieg

    wollte"  und in einem "Die falsche Rechnung" überschrie-

    benen Schlußkapitel werden folgende Ausführungen gemacht:

        "Die Schuld, den Weltkrieg entfesselt zu haben,

    lastet auf der deutschen Politik, jedoch glauben wir, daß

    sie "mildernde Umstände"  für sich geltend machen kann: sie hat

    sich verrechnet!  Man darf nämlich annehmen, daß sie doch

    wohl anders gehandelt hätte, daß sie Oesterreich von dem

    Anschlage auf Serbien zurückgehalten oder die Beilegung des

    Konfliktes durch Vermittlung der Mächte nicht vereitelt hätte,

     rechte Spalte 

    wenn sie gewußt hätte, welche Wendung der Krieg nehmen

    würde.

        "Die Rechnung der Staatsmänner und der Militärs war

    offenbar die: der Kampf würde sich zwischen den beiden Zen-

    tralmächten einerseits und Frankreich, Rußland, Serbien und

    Belgien anderseits abspielen. Daß Italien nicht mitgehen

    würde, wußten sie genau: vom Anfang des serbischen Kon-

    fliktes an hatte es erklärt, daß hier ein Fall vorliege, für den

    der Dreibundvertrag nicht gelte. Aber sie rechneten auf die

    militärische Überlegenheit auch ohne Italien, das neutral

    beiben würde. 






  • July 1, 2018 19:42:00 Beate Jochem

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    Wer trägt die  Schuld am Kriege?


        So lautet der Titel einer vor einigen Monaten in Berlin er-

    schienenen Flugschrift, deren Inhalt zeigt, wie man auch in

    gewissen deutschen Kreisen die Tatsachen allmählich nüchterner

    und aufrichtiger beurteilt. Die preußische Regierung, die schon

    früher die Flugschrift: "Gegen den Annexionswahnsinn" 

    mit Beschlag belegt hat, bot diesmal auch alles auf, um die

    Verbreitung der neuen Broschüre zu verhindern. Es erfolgten 

    in Berlin, vornehmlich unter den Sozialdemokraten, Verhaftungen,

    die seither nur zum Teil wieder aufgehoben worden sind. Trotz

    aller polizeilichen Maßregeln drang die Flugschrift in weitere

    Kreise und wir sind in der Lage, hiermit einen Abschnitt aus

    derselben zu veröffentlichen.

        Die Flugschrift behandelt zunächst die orientalische Frage, be-

    spricht dann die imperialistischen Konflikte und zeigt auf Grund

    der Tatsachen und der verschiedenen diplomatischen Aktenstücke,

    wie der Weltkrieg angezettelt wurde. Dann folgt die Beant-

    wortung der Frage: "Warum Deutschland den Krieg

    wollte"  und in einem "Die falsche Rechnung" überschrie-

    benen Schlußkapitel werden folgende Ausführungen gemacht:





  • July 1, 2018 19:41:53 Beate Jochem

     item 1 

    Document

    lancé chez les

    Boches, près de

    Vic- s - Aisnes

    pour le faire

    connaître la

    vraie

    situation

    de

    la Bochie 

    ___________            D i e   Fe l d p o s t

    ==================================

     linke Seite 

    Nr. 5                             23. November 1915.


    Wer trägt die  Schuld am Kriege?


        So lautet der Titel einer vor einigen Monaten in Berlin er-

    schienenen Flugschrift, deren Inhalt zeigt, wie man auch in

    gewissen deutschen Kreisen die Tatsachen allmählich nüchterner

    und aufrichtiger beurteilt. Die preußische Regierung, die schon

    früher die Flugschrift: "Gegen den Annexionswahnsinn" 

    mit Beschlag belegt hat, bot diesmal auch alles auf, um die

    Verbreitung der neuen Broschüre zu verhindern. Es erfolgten 

    in Berlin, vornehmlich unter den Sozialdemokraten, Verhaftungen,

    die seither nur zum Teil wieder aufgehoben worden sind. Trotz

    aller polizeilichen Maßregeln drang die Flugschrift in weitere

    Kreise und wir sind in der Lage, hiermit einen Abschnitt aus

    derselben zu veröffentlichen.

        Die Flugschrift behandelt zunächst die orientalische Frage, be-

    spricht dann die imperialistischen Konflikte und zeigt auf Grund

    der Tatsachen und der verschiedenen diplomatischen Aktenstücke,

    wie der Weltkrieg angezettelt wurde. Dann folgt die Beant-

    wortung der Frage: "Warum Deutschland den Krieg

    wollte"  und in einem "Die falsch Rechnung" überschrie-

    benen Schlußkapitel werden folgende Ausführungen gemacht:





  • July 1, 2018 19:37:11 Beate Jochem

     item 1 

    Document

    lancé chez les

    Boches, près de

    Vic- s - Aisnes

    pour le faire

    connaître la

    vraie

    situation

    de

    la Bochie 

    ___________            D i e   Fe l d p o s t

    ==================================

     linke Seite 

    Nr. 5                             23. November 1915.


    Wer trägt die  Schuld am Kriege?


        So lautet der Titel einer vor einigen Monaten in Berlin er-

    schienenen Flugschrift, deren Inhalt zeigt, wie man auch in

    gewissen deutschen Kreisen die Tatsachen allmählich nüchterner

    und aufrichtiger beurteilt. Die preußische Regierung, die schon

    früher die Flugschrift: "Gegen den Annexionswahnsinn" 

    mit Beschlag belegt hat, bot diesmal auch alles auf, um die

    Verbreitung der neuen Broschüre zu verhindern. Es erfolgten 

    in Berlin, vornehmlich unter den Sozialdemokraten, Verhaftungen,

    die seither nur zum Teil wieder aufgehoben worden sind. Trotz

    aller polizeilichen Maßregeln drang die Flugschrift in weitere

    Kreise und wir sind in der Lage, hiermit einen Abschnitt aus

    derselben zu veröffentlichen.




  • July 1, 2018 19:19:33 Beate Jochem

     item 1 

    Document

    lancé chez les

    Boches, près de


  • July 1, 2018 19:17:23 Beate Jochem

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  • 49.15628401201294||5.384423100000049||

    Verdun

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  • Story location Verdun
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ID
12426 / 245762
Source
http://europeana1914-1918.eu/...
Contributor
Brigitte Martin
License
http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/


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