Liebesbriefe zwischen Fritz Kreisel und Trudel Joseger, item 44

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linke Seite

dabei zu bleiben.

Ach, mein treues Wesen, wäre ich doch erst

wieder mal bei Dir. Ach, könnt ich Dich wieder mal

so recht, na .... küssen. Ich liebe Dich so treu, so

heiß so innig. Ich kann an nichts anderes denken

wie nur an Dich. Daß Du mir einen Spaß gönnst

ist lieb von Dir. Aber ich will keinen Spaß, ich brau-

che keinen. Ich bin zu sehr in Dich vertieft. Pfeife

auf die "Weiber" in Zittau. An Dich holdes Kind reicht

keine heran. Und Zittau ist, das kann ich Dir

offen sagen, die versumpfste Stadt, die es in

Sachsen gibt. Jedes, aber auch jedes Mädchen ist krank.

Ein Mädel, das nicht geschlechtskrank ist, ist so selten hier

wie eine Pflaume mit 7 Kernen. Deshalb warnt

uns jeden Sonntag fast unser Hauptmann vor dem

Lieben mit Zittauernkindern. Ja selbst Namen von

Mädchen wurden verlesen, die krank waren und halb

geheilt, weiter ....... Wer mit einer solchen erwischt

wird, kriegt Arrest. Wer sich beim L krank gemacht,

auch, Arrest nicht unter 3 Jahren.

Na, da lobe ich mir Annaberg. Wenn ich weiß,

Erich und Molly wollen "poussieren", da gehe ich ganz bestimmt

nicht mit. Gehen wir 3 aber ledig in die Cafees, da geht's mit.

Das Leben noch schön machen. Wir können doch

Geld bloß versaufen, was andres nicht. Daß wir unsere

Verlobung nochmal gefeiert und Dich haben hoch

leben lassen, ist Dir bereits bekannt.

Andermal mehr!

In treuer Soldatenliebe

Dein nur Dich liebender und Dich nur lieben

könnender

Fritze

rechte Seite

Zittau,

Sonntag, 16. Januar 1916.

Mein einzig schön und treu bis in den Tod

geliebtes herzallerliebstes Trudchen!

Mein geliebtes Bräutchen!

--o--

Heute, der erste Sonntag, wo einmal nach-

mittags kein Dienst ist. Alles fast ist ausgeflogen. Ich be-

nutze die Zeit, um Dir endlich einmal "in Ruhe" zu schreiben,

so richtig mit den Gedanken fest bei Dir. Wenn ich genau

gewußt hätte, daß Erich und Molly nicht heute "Bestellung"

im Schilde führten, so wäre ich mit ihnen in die Stadt ge-

gangen. So aber sind sie bei meinem entschiedenen

"Nein!" allein gegangen. Das fehlte noch. Sie wissen beide ganz

genau, daß bei mir nichts zu machen ist und so suchen sie mich

zu locken mit: Du würdest das doch nicht erfahren. Kein

Mensch kennt Dich und mich. Da ist es aber Essig. Und wenn

ich in Amerika oder Afrika wäre, ich würde nicht mitgehen.

Ich kann einfach nicht. Ich könnte das auch nie vor Dir ver-

antworten, nie könnte ich Dir wieder frei ins Auge

blicken und die Reue brächte mich um. Lieber sterben, als

Dir auch nur einmal untreu werden. Jeder Mensch ist

aber anders. Ich kann mir nicht vorstellen, daß sich

2 Menschenkinder noch so lieben können wie wir. So treu,

so wahr und rein. Bis zum letzten Atemzuge Dich treu

lieben und den letzten Blutstropfen für Dich hingeben

will ich, das habe ich mir fest geschworen. Ich bin mit

Dir eine Seele und ein Herz, an Allem merke ich,

daß Du in mir lebst und mir im Herzen innewohnst.

Von Erich und Molly kann man deshalb nicht schlecht denken,

die haben noch nie die wahre, reine Liebe eines Mädchens

gefühlt und wenn ich mit wäre, sagen sie, sei mehr Laune

und Unterhaltung. Meine Laune habe ich, aber auch, wenn

ich wieder mal auf Urlaub in die Heimat komme.