Briefe an Hauptmann Ferdinand Metze an der Westfront, item 19
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linke Seite
Da ist nämlich unten am Tor für die Wärter ein
Schilderhäuschen / schön schwarz=weiß gestrichen / aufgestellt
worden mit einem Sitzbänkchen darin
und um einen Platz darin entbrannte der Kampf.
Es war ein solches Getümmel, daß man dachte die
ganze Bude würde umstürzen! Helmut mit
seinem kleinen Podex blieb aber doch Sieger
und saß, zwar sehr zerkratzt aber triumphierend
in der Ecke. In Potsdam war ich noch immer
nicht, diese Woche aber bestimmt. - Gestern ist
den ganzen Tag bis in die Nacht rein der Landsturm
abgerückt. Es war zu Weinen, ich konnte es gar
nicht mitansehen, so viel weinende Frauen
und was noch viel schrecklicher war, so viel weinende
Kinder, der eine Mann ließ 8 Stück zurück.
Es ging mir durch und durch! Man konnte alle
Stände sehen, ganz arme Frauen und daneben
wieder ganz reiche, sehr elegant angezogen.
Sie alle gingen mit zum Bahnhof, neben ihren
Männern. Was haben die bloß für sonderbare
Mützen, so hohe Dinger wie aus den Freiheitskriegen
mit einem grauen Bezug, so eine Art Wachsleinwand
und ein großer goldener Kranz vorn
an Stelle der Kokarde. - Ihr lebt Euch ja
dort vorläufig ein ganz angenehmes, nicht
allzu anstrengendes Leben. Spare nur um
Gottes willen in keiner Weise, sondern iß
was Du kannst und denke daran, daß Du
rechte Seite
Spandau, d. 18.10.14
10 Uhr vormittag
Mein liebster Ferdinand!
Du opferst Dich ja mit dem Briefschreiben
an mich geradezu auf, und dieses "elegante"
Briefpapier erregt immer von Neuem meine
Bewunderung. Wo beziehst Du denn das
her? Soweit ich mich entsinne habe
ich davon nichts eingepackt, aber ich kann
mich ja auch irren. Denk bloß mal an,
bis jetzt sind alle Briefe und Karten
aus Metz gänzlichst ungestempelt
hier angekommen, erst der heutige
hatte zum ersten Male einen. Karl
hatte gestern eine Karte an Hedwig geschickt,
diese trug als Poststempel
den Dienst=Stempel Eurer Werkstatt.
Dein Brief vom 14. ging gerade 3 mal
24 Stunden und der vom 15. den ich
heute erhielt 60 Stunden, das scheint
der höchste Schnelligkeitsrekord zu sein.
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linke Seite
Da ist nämlich unten am Tor für die Wärter ein
Schilderhäuschen / schön schwarz=weiß gestrichen / aufgestellt
worden mit einem Sitzbänkchen darin
und um einen Platz darin entbrannte der Kampf.
Es war ein solches Getümmel, daß man dachte die
ganze Bude würde umstürzen! Helmut mit
seinem kleinen Podex blieb aber doch Sieger
und saß, zwar sehr zerkratzt aber triumphierend
in der Ecke. In Potsdam war ich noch immer
nicht, diese Woche aber bestimmt. - Gestern ist
den ganzen Tag bis in die Nacht rein der Landsturm
abgerückt. Es war zu Weinen, ich konnte es gar
nicht mitansehen, so viel weinende Frauen
und was noch viel schrecklicher war, so viel weinende
Kinder, der eine Mann ließ 8 Stück zurück.
Es ging mir durch und durch! Man konnte alle
Stände sehen, ganz arme Frauen und daneben
wieder ganz reiche, sehr elegant angezogen.
Sie alle gingen mit zum Bahnhof, neben ihren
Männern. Was haben die bloß für sonderbare
Mützen, so hohe Dinger wie aus den Freiheitskriegen
mit einem grauen Bezug, so eine Art Wachsleinwand
und ein großer goldener Kranz vorn
an Stelle der Kokarde. - Ihr lebt Euch ja
dort vorläufig ein ganz angenehmes, nicht
allzu anstrengendes Leben. Spare nur um
Gottes willen in keiner Weise, sondern iß
was Du kannst und denke daran, daß Du
rechte Seite
Spandau, d. 18.10.14
10 Uhr vormittag
Mein liebster Ferdinand!
Du opferst Dich ja mit dem Briefschreiben
an mich geradezu auf, und dieses "elegante"
Briefpapier erregt immer von Neuem meine
Bewunderung. Wo beziehst Du denn das
her? Soweit ich mich entsinne habe
ich davon nichts eingepackt, aber ich kann
mich ja auch irren. Denk bloß mal an,
bis jetzt sind alle Briefe und Karten
aus Metz gänzlichst ungestempelt
hier angekommen, erst der heutige
hatte zum ersten Male einen. Karl
hatte gestern eine Karte an Hedwig geschickt,
diese trug als Poststempel
den Dienst=Stempel Eurer Werkstatt.
Dein Brief vom 14. ging gerade 3 mal
24 Stunden und der vom 15. den ich
heute erhielt 60 Stunden, das scheint
der höchste Schnelligkeitsrekord zu sein.
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19
rechte Seite
Spandau, d. 18.10.14
10 Uhr vormittag
Mein liebster Ferdinand!
Du opferst Dich ja mit dem Briefschreiben an mich geradezu auf , und dieses ,elegante´ Briefpapier erregt immer von Neuem meine Bewunderung. Wo beziehst Du denn das her? Soweit ich mich entsinne habe ich davon nichts eingepackt, aber ich kann mich ja auch irren. Denk bloß mal an, bis jetzt sind alle Briefe und Karten aus Metz gänzlichst ungestempelt hier angekommen, erst der heutige hatte zum ersten Male einen. Karl hatte gestern eine Karte an Hedwig geschickt, diese trug als Poststempel den Dienst=Stempel seiner Werkstatt. Dein Brief vom 14. ging gerade 3mal 24 Stunden und der vom 15. den ich früh erhielt 60 Stunden, das scheint der höchste Schnelligkeitsrekord zu sein.
linke Seite
Da ist nämlich unten am Tor für die Wärter ein Schilderhäuschen / schön schwarz=weiß gestrichen / aufgestellt worden mit einem Sitzbänkchen darin und um einem Platz darin entbrannte der Kampf. Es war ein solches Getümmel, daß man dachte die ganze Bude würde umstürzen! Helmut mit seinem kleinen ... blieb aber doch Sieger und saß, zwar sehr zerkratzt aber triumphierend in der Ecke. In Potsdam war ich noch immer nicht, diese Woche aber bestimmt. - Gestern ist den ganzen Tag bis in die Nacht rein der Landsturm abgerückt. Es war zu Weinen, ich konnte es gar nicht mit ansehen, so viel weinende Frauen und was noch viel schrecklicher war, so viel weinende Kinder, der eine Mann ließ 8 Stück zurück. Es ging mir durch und durch. Man konnte alle Stände sehen, ganz arme Frauen und manche wieder ganz reiche, sehr elegant angezogen. Sie alle gingen mit zum Bahnhof, neben ihren Männern. Was haben die bloß für sonderbare Mützen, so hohe Dinger wie aus den Freiheitskriegen mit einem grauen Bezug, so eine Art Wachsleinwand und ein großer goldener Kranz war an Stelle der Kokarde. - Ihr lebt Euch ja dort vorläufig ein ganz angenehmes, nicht allzu anstrengendes Leben. Spare nur um Gottes willen in keiner Weise, sondern iß was Du kannst und denke daran, daß Du
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Montmédy/Frankreich
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Story location Montmédy/Frankreich
- ID
- 9829 / 91835
- Contributor
- Peter Wilhelm Jung
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- Western Front
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