Georg Grether - Desertieren oder zurück an die Front?
Title in English
Desert or fight?
Description
Am 1. August 1914 begann für das Deutsche Kaiserreich der 1. Weltkrieg. Georg Grether aus Fahrnau/Baden, bei Schopfheim, im Wiesental, Kreis Lörrach, (was damals zum Großherzogtum Baden gehörte und heute zu Baden-Württemberg), musste am 16. Oktober 1914 zu seiner Militäreinheit nach Raststatt einrücken und kam am 1. Januar 1915 ins nahe Elsass an die Westfront, zum Landwehr-Infanterie-Regiment Nr. 110, in der 8. Landwehr-Division Deutsches Kaiserreich. Das Infanterie-Regiment 110 war ein großherzoglich badischer Traditionsverband und wurde 1852 gegründet. Georg Grether wurde 1886 in der Bezirksstadt Schopfheim des damaligen Großherzogtums Baden geboren. Er war 28 Jahre alt, gerade 2 Jahre verheiratet und hatte eine einjährige Tochter. Noch kurz vor seiner Einberufung hatte er sich mit einer Malerwerkstatt selbstständig gemacht. Er beschäftigte sich auch sehr intensiv mit der Kunstmalerei. Meisterhafte Zeichnungen, Ölgemälde und Aquarelle zeugen von seinem Talent. Georg Grether hatte auch Freude am Gesang und war aktives Mitglied des Gesangvereins Fahrnau. Er ging ungern in den Krieg. Aus Feldpostkarten und Korrespondenzen sieht man, wie er voller Sehnsucht, intensiv den Kontakt zu seiner Heimat und zu seiner Familie aufrecht hielt. Seine Frau Berta und seine kleine, 1913 geborene Tochter Martha konnte er nur noch bei wenigen kurzen Fronturlauben sehen. Nachdem er mit seinem Regiment Nr. 110 in den Jahren 1915 bis 1917 bei Stellungskämpfen im Oberelsass, an den schrecklichen Kämpfen am Hartmannsweilerkopf und vor Verdun eingesetzt war, wurde er im Herbst 1917 zum Reserve-Infanterie-Regiment Nr.6, in der 66. Reserve-Infanterie-Brigade der 33. Reserve-Division versetzt. Nach dem Ende des letzten Heimaturlaubs,im Frühjahr 1918, war er so verzweifelt, dass er nicht mehr an die Front zurück wollte und zusammen mit Frau und Kind eine Flucht in die nahe gelegene Schweiz in Erwägung zog. Desertieren, ein Delikt das unter Todesstrafe stand, das wagte er dann aber doch nicht. Es war damals auch nicht sicher, ob die Schweiz nicht auch noch in den Krieg mit hineingezogen würde. Nach seinem letzten kurzen Fronturlaub, im Jahr 1918, verabschiedete er sich unter Tränen von seiner jungen Frau und seiner inzwischen 4 1/2-jährigen kleinen Tochter Martha. Am 9. Juni 1918 wurde er, nach einem Fronteinsatz bei Reims in Frankreich, als vermisst gemeldet. Mit seinem Regiment hat er 1918 an den Stellungskämpfen nördlich von Reims und an der Schlacht bei Reims teilgenommen. Georg Grether's Einheit geriet, am 9.6.1918, unter schweren feindlichen Beschuss mit Maschinengewehren, Granaten und Flammenwerfern und löschte sein junges Leben und das Leben fast aller seiner Kameraden aus. Es wurden keine identifizierbaren Überreste mehr von ihm gefunden. Von seiner Einheit blieb nur ein Soldat am Leben. Frau Grether erhielt zu Hause die erschütternde Nachricht vom Schicksal ihres Mannes. Der aus seiner Einheit übrig gebliebene Kriegskamerad besuchte sie nach Kriegsende und berichtete ihr von dem fürchterlichen Geschehen, von Georg Grethers letzten Tagen und Stunden und überbrachte ihr einige wenige übrig gebliebene persönliche Sachen. Darunter befand sich eine Brieftasche mit einem Foto von Georg Grether und seiner Frau, mit seiner kleinen Tochter und seine Mundharmonika. Überliefert sind von ihm auch Bilder und Zeichnungen, die er im Frontgebiet malte und zeichnete und bei seinen kurzen Fronturlauben mit nach Hause brachte. Darunter befinden sich zwei schöne mit Ölfarbe gemalte Bilder, die er mangels Leinwand auf ovale Holzscheiben malte; heute eine historische Rarität. Die Holzscheiben sägte er von einem gefällten Fichtenbaum ab. Die Bäume wurden damals zur Befestigung und für Unterkünfte in den Gefechtsstellungen und Schützengräben gebraucht. Die Soldaten waren nicht andauernd im direkten Fronteinsatz und oft längere Zeiten vom Kampfgeschehen unberührt. In diesen Zeiten entstanden die Zeichnungen und Bilder. Die Bilder auf den Holzscheiben, mit Dorf und Kirche des Ortes Carspach im Sundgau (Oberelsass), unmittelbar hinter der Front, nahe der Vogesen, malte er aus der Perspektive eines Schützengrabens. So schrieb er es in Sütterlinschrift auf die Rückseite. Die Veröffentlichung dieser Bilder im Internetarchiv "Europeana 1914-1918" hat auch im Elsass Resonanz gefunden und der 1. WK-Historiker Jürgen Ehret konnte den Standort im Frontverlauf, die Kirche und das Dorf genau identifizieren. Zu Georg Grether's letzten Arbeiten gehörten auch kolorierte Zeichnungen und Bleistiftzeichnungen aus der Frontregion um Colmar, aus den Gemeinden Carspach, Bisel und Wettolsheim, die sich damals, unmittelbar hinter der Front, in deutscher Hand befanden. Mangels Papier benutzte Georg Grether zum zeichnen auch neutrale Feldpostkarten. So zeichnete er, unter anderen Motiven, auch seine kleine Tochter Martha. Am 28.4.1918 schrieb er eine letzte Postkarte, sie trägt den Titel "Jugendzeit" und zeigt das Bild eines im Sonnenuntergang spazieren gehenden Paares. Mit Bleistift schrieb er an den romantisch verfärbten Abendhimmel: "Einst und jetzt, hoffentlich komme ich bald wieder." Georg Grether kam nicht wieder, ebenso wie weitere 92 Soldaten, die auch auf einer 1922 errichteten Gedenksäule des Friedhofs in Schopfheim-Fahrnau stehen, 81 davon tot und 11 vermisst. Weil die Witwe von Georg Grether wieder heiraten wollte wurde er über 3 Jahre nach seinem Tod, am 12.10.1921 vom Amtsgericht Schopfheim offiziell für tot erklärt. ///...///...///...///...///...///...///...///...///...///...///...///...///...///...///...///
Quellen: Wikipedia, 8. Landwehrdivision Deutsches Kaiserreich. ///
Gefechtskalender des Landwehr-Inf.-Reg. Nr. 110. ///
Gefechtskalender des Inf.-Reg. Nr. 6, 66. Res.-Inf.-Brig., 33.Res.-Div. ///
Major Fuisting: "Das Res.-Inf.-Reg. 67 im Weltkrieg 1914/18. ///
Gefechtskalender d. RIR 67. /// Jürgen Ehret "Sundgaufront". ///
Verlustlisten 1. Weltkrieg, Liste Preußen 1207, Ausgabe 2036, 5.8.1918, Seite 25459. ///
Familienstammbuch und Bibeleintragungen. ///
Postkarten und Korrespondenzen von Georg Grether aus dem Nachlass von Berta Pflüger, verwitwete Grether (1890-1976). ///
Künstlerische Hinterlassenschaft von Kunstmaler Georg Grether. ///
Erzählungen von Berta Pflüger, verwitwete Grether (1890-1976) und Tochter Martha Kiefer, geb. Grether (1913-2000). ///
Unterlagen, Fotos, Bilder, Zeichnungen aus dem Nachlass von Berta Pflüger, verwitwete Grether (1890-1976) ///
Klaus Strütt: "Tote des 1. Weltkrieges", Jahrbuch Stadt Schopfheim 2014, Seiten 78-85. ///
Summary description of items
(1) Foto des Soldaten Georg Grether, mit seiner Frau und seiner kleinen Tochter Martha. (2) Georg Grether in Uniform. (3) Foto mit seiner Kompanie: Georg Grether ganz links, mittlere Reihe sitzend. (4) Feldpostkarte vom 27.11.1914 an seine Frau Berta in Fahrnau(Baden) bei Schopfheim, Kreis Lörrach. (5) Foto der Kompanie: Georg Grether ganz rechts stehend.
(6) Feldpostkarte an seine Frau Berta. (7) Kompaniefoto als Postkarte: "Beim Rasieren", Georg Grether stehend und lachend, Dritter von links. (8) Feldpost in die Heimat zu seiner Frau Berta. (9) Zeichnungen von Georg Grether: Soldat mit Maulesel. (10) Neutrale Feldpostkarte. (11) Meisterhafte Zeichnung von Georg Grether, auf der Rückseite einer Feldpostkarte: Seine Tochter "unser Marthali, 12.4.1916." (12) Feldpostkarte mit der Zeichnung von Marthali, versandt an Berta Grether in Fahrnau/Baden. (13) Eine weitere Kinderzeichnung von Georg Grether: Seine Tochter im Bett liegend. (14) Zeichnung von drei Kindern im Porträt, vom 14.04.1916. (15) Eine kolorierte Landschaftszeichnung vom 14.5.1916: Fluss mit Wald, vermutlich in der Region um Colmar, vielleicht bei Wettoldsheim. (16 bis 19) Ölmalereien auf ovalen Holzscheiben: "Weg mit Kirche", auf der Rückseite steht: „Zur Erinnerung an den Krieg 1914 im Elsass“ sowie Blick auf die Kirche und den Ort Carspach. Auf der Rückseite steht: "Aus dem Schützengraben abgenommen". (20) Kolorierte Zeichnung: Blick auf die Gemeinde Wettoldsheim bei Colmar, Westfront am 5.12.1916. (21) Kolorierte Zeichnung: Flusslandschaft mit Mühle, 1916 an der Westfront bei Colmar, vermutlich Wettoldsheim oder Bisel. (22) Zeichnung: Bauernhaus in einer Gemeinde an der elsässischen Westfront bei Colmar, im Jahr 1916, vermutlich Wettoldsheim oder Bisel. (23) Zeichnung einer zerstörten Kirche in Bisel, an der elsässischen Westfront, im Jahr 1916. (24) Die letzte angefangene und nicht beendete Bleistiftzeichnung: Selbstbildnis von Georg Grether mit Uniformmütze, an einem Waldrand. (25) Georg Grethers letzte Postkarte in die Heimat an seine Frau Berta, im April 1918, mit Bleistift rechts oben: "Einst und jetzt, hoffentlich komme ich bald wieder" (26) letzte Feldpost an Berta Grether. (27) Sturmangriffs der Franzosen 1918 an der Westfront. (28) Kriegspostkarte: Granatenbeschuss und Angriff mit Flammenwerfern. (29) Schützengraben mit toten Soldaten. (30) Zur Erinnerung: Foto von Georg Grether aus dem Friedensjahr 1913. (31) Zur Erinnerung: Daten von Georg Grether (1886-1918). (32) Kriegerdenkmal des 1. Weltkrieges auf dem Friedhof in Schopfheim-Fahrnau auf dem auch der Name Georg Grether steht.
Georg Grether Born: September 23, 1886 in Schopfheim, Kreis Lörrach, damals Großherzogtum Baden, heute Baden-Württemberg Died: June 9, 1918 in Reims/Frankreich
Origin date
October 16, 1914 – June 9, 1918
Language
Deutsch
Keywords
Conscientious Objection, Remembrance, Trench Life, Women
Front
Western Front
Location
Sundgaufront (Oberelsass), Region um Colmar und Reims, Frankreich