Feldpostbriefe und Feldpostkarten von Hauptmann Eugen Hahn aus Bösingen, item 123

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gemeine Mann in den letzten Monaten und besonders in den letzten 14 Tagen geleistet hat. geht weit über das nonnale Maß hinaus.

Die Arbeit bei mir im Stab ging auch unter außerordentlichen Verhältnissen vor sich: meine beiden einzigen Mitarbeiter wurden auf ein und denselben Tag versetzt - der Ersatz war nicht vollwertig und dann kam noch die Unglücksbotschaft, dass Gen. v.Hofackers jüngster Sohn 20 Jahr alt - im Walde von Avocourt gefallen ist. Ich hatte die ganzen Mitteilungen mitzumachen - verwundet. - schwer verwundet. - tot. - Der Vater war ganz gebrochen, es war anscheinend sein Lieblingssohn gewesen, ein überaus fähiger, netter Mensch. Der erste Adjutant wurde sofort hingeschickt, so kam der Vater oft zu mir ins Zimmer und ich konnte ihn natürlich auch nicht trösten. Aber, ich glaube, er hat gemerkt, dass mir der Tod leid getan hat und das war vielleicht ein bissel ein Trost für ihn.

So vergingen die anstrengenden Tage und Nächte auch unter diesen Sorgen. Er hat mir manchen Befehl unterschrieben, wo seine Gedanken nicht verweilen konnten, wo die Arbeit war. aber ich habe alles verstanden. Und bin froh, dass ich alles leisten konnte. Mein Personal hat mit Ablösung gearbeitet. Ich war im allgemeinen nach ein paar Stunden Schlaf wieder ganz frisch. Das Einzige, an dem ich die Anstrengungen merkte, war vielleicht ein bissel heißer Kopf am ändern Abend. Aber ich hatte kein Herzklopfen und es wurde mir auch nicht schlecht, wie früher oft nach solchen scharfen Stunden. Also, wie gesagt, es ging alles glatt -die Vorgänge wickelten sich wie ein Uhrwerk ab. In den Nächten 14./15.. I5./16.. I6./17. hatte ich etwa 5 Telefone im Betrieb, die mich dauernd orientierten, wie alles stand. Und um Mitternacht 17./18. konnte ich melden, dass die ganze Division ohne Störung sich vom Feinde losgelöst, nichts verloren hat und im Rückmarsch ist. Gen. v.Hofacker hat mir dreimal sehr herzlich gedankt. Ich schreibe das nicht, um mich zu rühmen, sondern, weil ich weiß, dass es Euch, liebe Eltern, eine Freude macht. Eines Abends, am vorletzten Tage, kam er zu mir herein und gab mir die Hand und bedankte sich außerordentlich herzlich für die treue Unterstützung. große Arbeit, weitausschauende Vorbereitungen, denen der glatte Verlauf in hohem Maße zu verdanken sei. Als ich mich von ihm verabschiedete, bevor er in Urlaub fuhr, wiederholte er es nochmal und bedankte sich ganz besonders für die große Rücksicht, die ich auf ihn in den schweren Tagen genommen hätte nach dem Tode seines Sohnes, wo seine Gedanken begreiflicherweise wo anders gewesen seien. Und beim Mittagessen nachher bedankte er sich bei allen Mitgliedern des Stabes und erwähnte nochmal, welch treue Unterstützung er in den schweren hinter ihm liegenden Wochen an mir gehabt hätte.

Wenn ich meine Arbeit zur Zufriedenheit Gen. v.Hofackers die letzten Wochen machen konnte. so bin ich voll befriedigt. Er ist ein so hoch zu verehrender Herr, wie ich schon lange niemand mehr kennen gelernt habe. Gemüt und I lerz. hochgebildet, feinsinnig, hat Tiere lieb, nie launisch oder unangenehm im Dienst, doch scharf und bestimmt in seinen Befehlen, arbeitet bei allem mit. doch ist man wie er Mitarbeiter, nie Untergebener. Ich kann von großem Glück sagen, dass ich ihn zum Kommandeur habe.

Nun sind wir also glücklich in sog. Ruhe angekommen. Ruhe heißt aber bei uns Ausbildung und zwar feste. So hört also die Arbeit keineswegs auf. Und ich bin. abgesehen von der normalen. immer weiterplätschernden Büroarbeit auch noch als Lehrer für einen Kompagnie-fuhrerkurs bestimmt worden. Ich werde da wohl 2 mal in der Woche Vorträge halten müssen.

geistices Verständnis bei Offizieren wecken" heißt man das. Ich werde es ganz gerne machen denn Lehrtätigkeit liegt uns ja allen ein bissei. - Nun wollte ich am Schluss Euch nur noch herzlich danken für die lieben Briefe, die von Euch in den letzten Wochen kamen: 2 von der lieben Mutter. 3 von Maria und einer von Helle. Die Worte haben mir alle sehr wohl getan und ich danke Euch recht herzlich dafür. - Ob der Monat April uns ein Wiedersehen - vielleicht ein kurzes - bringt, lässt sich ja bekannterweise bei mir erst sagen, wenn ich im Zug sitze aber uanz ausgeschlossen ist cs nicht. Wollen wir geduldig warten, es wird schon recht werden - So grüße ich Euch alle recht herzlich. Euch, liebe Eltern und die Geschwister und die kleine Maruschka und die Kleinen in Grafenberg. Euer treuer Sohn und Bruder Eugen

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gemeine Mann in den letzten Monaten und besonders in den letzten 14 Tagen geleistet hat. geht weit über das nonnale Maß hinaus.

Die Arbeit bei mir im Stab ging auch unter außerordentlichen Verhältnissen vor sich: meine beiden einzigen Mitarbeiter wurden auf ein und denselben Tag versetzt - der Ersatz war nicht vollwertig und dann kam noch die Unglücksbotschaft, dass Gen. v.Hofackers jüngster Sohn 20 Jahr alt - im Walde von Avocourt gefallen ist. Ich hatte die ganzen Mitteilungen mitzumachen - verwundet. - schwer verwundet. - tot. - Der Vater war ganz gebrochen, es war anscheinend sein Lieblingssohn gewesen, ein überaus fähiger, netter Mensch. Der erste Adjutant wurde sofort hingeschickt, so kam der Vater oft zu mir ins Zimmer und ich konnte ihn natürlich auch nicht trösten. Aber, ich glaube, er hat gemerkt, dass mir der Tod leid getan hat und das war vielleicht ein bissel ein Trost für ihn.

So vergingen die anstrengenden Tage und Nächte auch unter diesen Sorgen. Er hat mir manchen Befehl unterschrieben, wo seine Gedanken nicht verweilen konnten, wo die Arbeit war. aber ich habe alles verstanden. Und bin froh, dass ich alles leisten konnte. Mein Personal hat mit Ablösung gearbeitet. Ich war im allgemeinen nach ein paar Stunden Schlaf wieder ganz frisch. Das Einzige, an dem ich die Anstrengungen merkte, war vielleicht ein bissel heißer Kopf am ändern Abend. Aber ich hatte kein Herzklopfen und es wurde mir auch nicht schlecht, wie früher oft nach solchen scharfen Stunden. Also, wie gesagt, es ging alles glatt -die Vorgänge wickelten sich wie ein Uhrwerk ab. In den Nächten 14./15.. I5./16.. I6./17. hatte ich etwa 5 Telefone im Betrieb, die mich dauernd orientierten, wie alles stand. Und um Mitternacht 17./18. konnte ich melden, dass die ganze Division ohne Störung sich vom Feinde losgelöst, nichts verloren hat und im Rückmarsch ist. Gen. v.Hofacker hat mir dreimal sehr herzlich gedankt. Ich schreibe das nicht, um mich zu rühmen, sondern, weil ich weiß, dass es Euch, liebe Eltern, eine Freude macht. Eines Abends, am vorletzten Tage, kam er zu mir herein und gab mir die Hand und bedankte sich außerordentlich herzlich für die treue Unterstützung. große Arbeit, weitausschauende Vorbereitungen, denen der glatte Verlauf in hohem Maße zu verdanken sei. Als ich mich von ihm verabschiedete, bevor er in Urlaub fuhr, wiederholte er es nochmal und bedankte sich ganz besonders für die große Rücksicht, die ich auf ihn in den schweren Tagen genommen hätte nach dem Tode seines Sohnes, wo seine Gedanken begreiflicherweise wo anders gewesen seien. Und beim Mittagessen nachher bedankte er sich bei allen Mitgliedern des Stabes und erwähnte nochmal, welch treue Unterstützung er in den schweren hinter ihm liegenden Wochen an mir gehabt hätte.

Wenn ich meine Arbeit zur Zufriedenheit Gen. v.Hofackers die letzten Wochen machen konnte. so bin ich voll befriedigt. Er ist ein so hoch zu verehrender Herr, wie ich schon lange niemand mehr kennen gelernt habe. Gemüt und I lerz. hochgebildet, feinsinnig, hat Tiere lieb, nie launisch oder unangenehm im Dienst, doch scharf und bestimmt in seinen Befehlen, arbeitet bei allem mit. doch ist man wie er Mitarbeiter, nie Untergebener. Ich kann von großem Glück sagen, dass ich ihn zum Kommandeur habe.

Nun sind wir also glücklich in sog. Ruhe angekommen. Ruhe heißt aber bei uns Ausbildung und zwar feste. So hört also die Arbeit keineswegs auf. Und ich bin. abgesehen von der normalen. immer weiterplätschernden Büroarbeit auch noch als Lehrer für einen Kompagnie-fuhrerkurs bestimmt worden. Ich werde da wohl 2 mal in der Woche Vorträge halten müssen.

geistices Verständnis bei Offizieren wecken" heißt man das. Ich werde es ganz gerne machen denn Lehrtätigkeit liegt uns ja allen ein bissei. - Nun wollte ich am Schluss Euch nur noch herzlich danken für die lieben Briefe, die von Euch in den letzten Wochen kamen: 2 von der lieben Mutter. 3 von Maria und einer von Helle. Die Worte haben mir alle sehr wohl getan und ich danke Euch recht herzlich dafür. - Ob der Monat April uns ein Wiedersehen - vielleicht ein kurzes - bringt, lässt sich ja bekannterweise bei mir erst sagen, wenn ich im Zug sitze aber uanz ausgeschlossen ist cs nicht. Wollen wir geduldig warten, es wird schon recht werden - So grüße ich Euch alle recht herzlich. Euch, liebe Eltern und die Geschwister und die kleine Maruschka und die Kleinen in Grafenberg. Euer treuer Sohn und Bruder Eugen


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  • November 2, 2018 06:29:25 Zafiro Marti

    gemeine Mann in den letzten Monaten und besonders in den letzten 14 Tagen geleistet hat. geht weit über das nonnale Maß hinaus.

    Die Arbeit bei mir im Stab ging auch unter außerordentlichen Verhältnissen vor sich: meine beiden einzigen Mitarbeiter wurden auf ein und denselben Tag versetzt - der Ersatz war nicht vollwertig und dann kam noch die Unglücksbotschaft, dass Gen. v.Hofackers jüngster Sohn 20 Jahr alt - im Walde von Avocourt gefallen ist. Ich hatte die ganzen Mitteilungen mitzumachen - verwundet. - schwer verwundet. - tot. - Der Vater war ganz gebrochen, es war anscheinend sein Lieblingssohn gewesen, ein überaus fähiger, netter Mensch. Der erste Adjutant wurde sofort hingeschickt, so kam der Vater oft zu mir ins Zimmer und ich konnte ihn natürlich auch nicht trösten. Aber, ich glaube, er hat gemerkt, dass mir der Tod leid getan hat und das war vielleicht ein bissel ein Trost für ihn.

    So vergingen die anstrengenden Tage und Nächte auch unter diesen Sorgen. Er hat mir manchen Befehl unterschrieben, wo seine Gedanken nicht verweilen konnten, wo die Arbeit war. aber ich habe alles verstanden. Und bin froh, dass ich alles leisten konnte. Mein Personal hat mit Ablösung gearbeitet. Ich war im allgemeinen nach ein paar Stunden Schlaf wieder ganz frisch. Das Einzige, an dem ich die Anstrengungen merkte, war vielleicht ein bissel heißer Kopf am ändern Abend. Aber ich hatte kein Herzklopfen und es wurde mir auch nicht schlecht, wie früher oft nach solchen scharfen Stunden. Also, wie gesagt, es ging alles glatt -die Vorgänge wickelten sich wie ein Uhrwerk ab. In den Nächten 14./15.. I5./16.. I6./17. hatte ich etwa 5 Telefone im Betrieb, die mich dauernd orientierten, wie alles stand. Und um Mitternacht 17./18. konnte ich melden, dass die ganze Division ohne Störung sich vom Feinde losgelöst, nichts verloren hat und im Rückmarsch ist. Gen. v.Hofacker hat mir dreimal sehr herzlich gedankt. Ich schreibe das nicht, um mich zu rühmen, sondern, weil ich weiß, dass es Euch, liebe Eltern, eine Freude macht. Eines Abends, am vorletzten Tage, kam er zu mir herein und gab mir die Hand und bedankte sich außerordentlich herzlich für die treue Unterstützung. große Arbeit, weitausschauende Vorbereitungen, denen der glatte Verlauf in hohem Maße zu verdanken sei. Als ich mich von ihm verabschiedete, bevor er in Urlaub fuhr, wiederholte er es nochmal und bedankte sich ganz besonders für die große Rücksicht, die ich auf ihn in den schweren Tagen genommen hätte nach dem Tode seines Sohnes, wo seine Gedanken begreiflicherweise wo anders gewesen seien. Und beim Mittagessen nachher bedankte er sich bei allen Mitgliedern des Stabes und erwähnte nochmal, welch treue Unterstützung er in den schweren hinter ihm liegenden Wochen an mir gehabt hätte.

    Wenn ich meine Arbeit zur Zufriedenheit Gen. v.Hofackers die letzten Wochen machen konnte. so bin ich voll befriedigt. Er ist ein so hoch zu verehrender Herr, wie ich schon lange niemand mehr kennen gelernt habe. Gemüt und I lerz. hochgebildet, feinsinnig, hat Tiere lieb, nie launisch oder unangenehm im Dienst, doch scharf und bestimmt in seinen Befehlen, arbeitet bei allem mit. doch ist man wie er Mitarbeiter, nie Untergebener. Ich kann von großem Glück sagen, dass ich ihn zum Kommandeur habe.

    Nun sind wir also glücklich in sog. Ruhe angekommen. Ruhe heißt aber bei uns Ausbildung und zwar feste. So hört also die Arbeit keineswegs auf. Und ich bin. abgesehen von der normalen. immer weiterplätschernden Büroarbeit auch noch als Lehrer für einen Kompagnie-fuhrerkurs bestimmt worden. Ich werde da wohl 2 mal in der Woche Vorträge halten müssen.

    geistices Verständnis bei Offizieren wecken" heißt man das. Ich werde es ganz gerne machen denn Lehrtätigkeit liegt uns ja allen ein bissei. - Nun wollte ich am Schluss Euch nur noch herzlich danken für die lieben Briefe, die von Euch in den letzten Wochen kamen: 2 von der lieben Mutter. 3 von Maria und einer von Helle. Die Worte haben mir alle sehr wohl getan und ich danke Euch recht herzlich dafür. - Ob der Monat April uns ein Wiedersehen - vielleicht ein kurzes - bringt, lässt sich ja bekannterweise bei mir erst sagen, wenn ich im Zug sitze aber uanz ausgeschlossen ist cs nicht. Wollen wir geduldig warten, es wird schon recht werden - So grüße ich Euch alle recht herzlich. Euch, liebe Eltern und die Geschwister und die kleine Maruschka und die Kleinen in Grafenberg. Euer treuer Sohn und Bruder Eugen


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