Feldpostbriefe und Feldpostkarten von Hauptmann Eugen Hahn aus Bösingen, item 120
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vom Stab waren sehr aufmerksam. Wie ich überhaupt über persönliches Nichtwohlwollen sicher nicht klagen kann, denn die Leute wussten genau, dass gegen solche Schweinereien, wie diesen Durchbruch, kein Mittel gewachsen ist. aber unangenehm blieb es doch und ich stand mitten drin. Von Zeitunglesen oder Briefschreiben war natürlich keine Rede. So kam es. dass ich in all den Wochen, außer den Nachrichten an Hedwig, die mir treulich beistand. und der Karte an Euch, kein Privatwort geschrieben habe. Der ganze Stoss von Glückwünschen liegt, kaum gelesen, unbeantwortet, da. Es schadet auch nichts und wer nicht versteht, dass ich keine große Korrespondenz treiben kann, muss es hall bleiben lassen. Zu allem war Gen. v.Hofacker krank und schleppte sich nur so hin. Allmählich wurde die Lage etwas besser. Wir hatten den Schaden eingedämmt. Unsere Leute vorn haben sich ganz ausgezeichnet gehalten und wirklich fast Übermenschliches geleistet. Aber die Engländer saßen immer noch auf einem Stützpunkt. Neuffen genannt, mitten in unseren Stellungen drin. Wir konnten aber allmählich dran gehen, sie wieder hinauszuwerfen. Der Sturm wurde bis in die kleinste Einzelheit vorbereitet und am 29.1. abends 6 Uhr 50 ausgeführt. Er führte zu glattem, raschem Erfolge. Da unsere Leute sehr erbittert waren und wir mit Flammenwerfern und Sprengladungen arbeiten ließen, so hatten die Engländer eine Menge Tote. Unsere Verluste waren nicht groß und der Sturm kam dann auch im Heeresbericht, das Wetter begünstigte die Sache gerade noch. Der Frost war im Abklingen und bei Tauwetter war nur schwer was zu machen. Die Angriffsaussichten der Engländer bei Frost waren groß und mir war nur halb wohl bei der lang anhaltenden Kälte. Einen Angriff nördlich Sailly schlugen wir noch mit starkem Art.feuer ab. Ein Angriff mit Panzerkraftwagen. - den großen Tanks, die über Schützengräben und Granattrichter wegfahren. - war gottlob falscher Alarm. So war ich froh, als es endlich taute. Unsere Leute sind nun seit 8.12. an der Somme eingesetzt. Es ist für Führer und Mannschaften eine Leistung. Seit einigen Tagen ist es nun verhältnismäßig ruhig bei uns. Doch traue ich dem Frieden nur halb. Inzwischen sind die Vorbereitungen für andere Aufgaben im Gang, über die hier zu schreiben nicht möglich ist. die aber auch Mühe und Arbeit bringen. Die Engländer werden an ihrem „eroberten Land" keine Freude haben. - Ich hoffe, dass die Division im März in Ruhe kommt. Wie lange und wo dann hin. weiß natürlich kein Mensch. Und diese Erwägung bringt mich nun allmählich auf das persönliche Gebiet. 6 Tage Urlaub in einem Jahr, ist ja etwas wenig. Aber ich sehe ein. dass es nicht anders wohl geht. Ich vermute, dass Gen. v.i lofacker wohl bald in Urlaub will. d.h. natürlich für mich erst recht dableiben. Und es geht ja alles. Ich fühle mich gottlob gesund und trotz der letzten Wochen wieder munter. Von meinem Herzen merkte ich nur ganz hie und da etwas - war ja kein Wunder und Kopfweh hatte ich verhältnismäßig selten. Ich kann ja auch ganz ruhig und zufrieden sein, ich konnte in den 6 Tagen etwas ausrichten. was ich mir vorgenommen hatte und die Hauptsache ist doch, dass Hedwig mir nun immer gehört, ob mit oder ohne Urlaub.
Nun komme ich zum Schluss noch zu Euch im einzelnen, liebe Eltern und Geschwister. Mein Aufenthalt in Dornhan mit Hedwig zusammen wird Euch von meinem Glück überzeugt haben und muss eine kleine Entschädigung dafür sein, dass wir eigentlich doch arg kurz zusammen waren. Aber wir wissen ja. wie wir von einander denken, so wollen wir nicht an den durch äußere Schwierigkeiten bedingten Umständen hängen bleiben. Dass ich Euch, liebe Grafenberger. unsere Verlobung nicht in etwas geschwisterlicherer Form mitteilen konnte, als durch den Merkur, tut mir natürlich leid. Aber ich weiß. Ihr seid keine so argen Formenmenschen und nehmt uns das nicht übel. Ebenso hat es mich eigentlich ein bissel erbarmt, dass ich von meiner lieben kleinsten Schwester Hochzeit und Heirat so wenig Notiz nehmen konnte. Aber gerade darin zeigt sich auch das Harte in diesem Krieg, der zweifellos an diesen ganzen Anormalitäten, der Geschwindigkeit u.s.f. schuld ist. Zur Aulklärung noch einige Worte. Die 100 M liebe Trudel, die an Deine Adresse gerichtet waren, sind Dein Hochzeitsgeschenk von mir. Gelt, verzeih die knappe Form. Es ist gut gemeint. Du wirst schon wissen, was mit anzufangen.
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Bösingen
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- 6555 / 78013
- Contributor
- Sibylle Schreiber
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