Chronik Franz Sprinz (Band II), item 21
Transcription
Transcription history
-
Die Doppelbuchstaben mm und nn sind im Original vereinzelt einfach geschrieben.
Linke Seite:
200
Als die deutsche Offensive im Westen zum Stillstand kam und im Ge-
genteil die Amerikaner, Engländer und Franzosen mit viel Erfolg angriffen
da sank uns alle Siegeshoffnung jäh in nichts zusammen und als die maze
donische Front zusammenbrach und Bulgarien um Frieden bat, war unser
Schicksal besiegelt. Der überwiegende Teil der Dörfler versöhnte sich rasch
mit dem bösen Geschick und freute sich, das die Lebensnot nun schwinden
werde. Beim kleineren Teil, den Deutschgesinnten, trat eine grosse Hof-
nungslosigkeit ein, denn aus den Erfahrungen des Krieges und den
vonihnenwährend dieser Zeit unter der Hand laut gewordenen Drohungenund Plänen der Tschechen schlossen wir auf das Schlimmste. Wir rechneten mit
völliger politischer und nationaler Rechtlosigkeit und nahmen an, dass
die in unsern Dörfern vereinzelt lebenden Tschechen die Gemeindeober-
häupter stellen würden. Hier rechneten wir für dieses Amt mit dem
Steklik Schuster oder Jehlitschke; letzteren hielten viele für einen halben Tsche-
chen. Seit Schulzeit bis zur Einheirat hier lebte er unter diesen und beide Spra-
chen flossen ihm gleich leicht von der Zunge. Am 28. 10. hatte er des geschichtlichen
Ereignisses ganz unbewusst abends am Felde das Mohnstroh verbrannt und
es wurde ihm vielfach, ganz mit Unrecht, nachgesagt er hätte gleich den Tsche-
chen im Lande ein Freudenfeuer entzündet.
Wir wussten beim Zusammenbruch nicht, dass uns die Tschechen nur un-
ter Garantierung beachtlicher Rechte in ihren Staat bekommen hatten und
fühlten uns angenehm überrascht, dass es die Tschechen augenblicklich nicht
schlecht mit uns machten. Wären sie so fort gefahren, hätten sich die meisten
Deutschen mit den Verhältnissen abgefunden und nicht bald und leicht
wäre ein Konrad Henlein aufgestanden.
Die neuen Herren drückten auf uns mehr und mehr und begannen
somit ihrem neuerstandenen und langersehnten Reiche das Grab
zu schaufeln.
Kunzendorf in der tschecho-slowakischen Republick.
Ein einzigartiger Abschnitt der Kunzendorfer Geschichte soll in
weiten Umrissen dargelegt werden. Durch das Versailer Diktat
waren wir eng verbunden mit den Geschicken des tschechischen Volkes,
doch nur so weit, dass unsre Trauer ihr grösstes Glück und ihr tra=
gischer Zusammenbruch unsre herzliche Freude war.
Die Tschechen waren durch den Verrat an Österreich mit zu Teilhabern
des Sieges geworden und vergassen als solche bald uns gegenüber
gerecht zu sein. Ihr allen Tschechen angeborener und hochgezüchteter
Nationalismus vermeinte in scharfen Zugriffen auf unser Volkstum
mit dem Sudetendeutschtum in absehbarer Zeit fertig zu werden.
Man versuchte durch wirtschaftlichen Druck oder wieder durch ein-
seitige Begünstigung Überläufer und Gleichgiltige in unsern Reihen
zu schaffen; ihre Erfolge damit waren nur gering.
Die Enge ihres Lebensraumes in mitten des deutschen Volkes, ihre
rücksichtslose Behandlung der eigenen Deutschen, ihre nun erwiesen
falsche Einstellung gegenüber Deutschland in der großen Politik,
begann dem tschechoslowakischen Staate bald das Grab zu bereiten
in welchem ihre stolze Selbständigkeit, der Traum vieler Jahrhun=
derte, so bald versank. Als sie ihr zwanzigjähriges Staatsgrün-
dungsjubiläum recht festlich begehen wollten, wehten über un-
serer Heimat schon die deutschen Fahnen. Den Tschechen daheim
war die Freude an diesem Tag vergangen (28. 10. 38) sie machten
daraus einen gewöhnlichen Arbeitstag.
Hannes Watzlik schrieb kurz vor unserer Befreiung ein Gedicht
"Sprachgrenze"; es ist ein schönes Stimmungsbild aus unserer
Tschechenzeit und ich lasse es als Einleitung der Chronik dieser zwan=
zig Jahre folgen:
-
Die Doppelbuchstaben mm und nn sind im Original vereinzelt einfach geschrieben.
Linke Seite:
200
Als die deutsche Offensive im Westen zum Stillstand kam und im Ge-
genteil die Amerikaner, Engländer und Franzosen mit viel Erfolg angriffen
da sank uns alle Siegeshoffnung jäh in nichts zusammen und als die maze
donische Front zusammenbrach und Bulgarien um Frieden bat, war unser
Schicksal besiegelt. Der überwiegende Teil der Dörfler versöhnte sich rasch
mit dem bösen Geschick und freute sich, das die Lebensnot nun schwinden
werde. Beim kleineren Teil, den Deutschgesinnten, trat eine grosse Hof-
nungslosigkeit ein, denn aus den Erfahrungen des Krieges und den
vonihnenwährend dieser Zeit unter der Hand laut gewordenen Drohungenund Plänen der Tschechen schlossen wir auf das Schlimmste. Wir rechneten mit
völliger politischer und nationaler Rechtlosigkeit und nahmen an, dass
die in unsern Dörfern vereinzelt lebenden Tschechen die Gemeindeober-
häupter stellen würden. Hier rechneten wir für dieses Amt mit dem
Steklik Schuster oder Jehlitschke; letzteren hielten viele für einen halben Tsche-
chen. Seit Schulzeit bis zur Einheirat hier lebte er unter diesen und beide Spra-
chen flossen ihm gleich leicht von der Zunge. Am 28. 10. hatte er des geschichtlichen
Ereignisses ganz unbewusst abends am Felde das Mohnstroh verbrannt und
es wurde ihm vielfach, ganz mit Unrecht, nachgesagt er hätte gleich den Tsche-
chen im Lande ein Freudenfeuer entzündet.
Wir wussten beim Zusammenbruch nicht, dass uns die Tschechen nur un-
ter Garantierung beachtlicher Rechte in ihren Staat bekommen hatten und
fühlten uns angenehm überrascht, dass es die Tschechen augenblicklich nicht
schlecht mit uns machten. Wären sie so fort gefahren, hätten sich die meisten
Deutschen mit den Verhältnissen abgefunden und nicht bald und leicht
wäre ein Konrad Henlein aufgestanden.
Die neuen Herren drückten auf uns mehr und mehr und begannen
somit ihrem neuerstandenen und langersehnten Reiche das Grab
zu schaufeln.
Kunzendorf in der tschecho-slowakischen Republick.
Ein einzigartiger Abschnitt der Kunzendorfer Geschichte soll in
weiten Umrissen dargelegt werden. Durch das Versailer Diktat
waren wir eng verbunden mit den Geschicken des tschechischen Volkes,
doch nur so weit, dass unsre Trauer ihr grösstes Glück und ihr tra=
gischer Zusammenbruch unsre herzliche Freude war.
Die Tschechen waren durch den Verrat an Österreich mit zu Teilhabern
des Sieges geworden und vergassen als solche bald uns gegenüber
gerecht zu sein. Ihr allen Tschechen angeborener und hochgezüchteter
Nationalismus vermeinte in scharfen Zugriffen auf unser Volkstum
mit dem Sudetendeutschtum in absehbarer Zeit fertig zu werden.
Man versuchte durch wirtschaftlichen Druck oder wieder durch ein-
seitige Begünstigung Überläufer und Gleichgiltige in unsern Reihen
zu schaffen; ihre Erfolge damit waren nur gering.
Die Enge ihres Lebensraumes in mitten des deutschen Volkes, ihre
rücksichtslose Behandlung der eigenen Deutschen, ihre nun erwiesen
falsche Einstellung gegenüber Deutschland in der großen Politik,
begann dem tschechoslowakischen Staate bald das Grab zu bereiten
in welchem ihre stolze Selbständigkeit, der Traum vieler Jahrhun=
derte, so bald versank. Als sie ihr zwanzigjähriges Staatsgrün-
dungsjubiläum recht festlich begehen wollten, wehten über un-
serer Heimat schon die deutschen Fahnen. Den Tschechen daheim
war die Freude an diesem Tag vergangen (28. 10. 38) sie machten
daraus einen gewöhnlichen Arbeitstag.
Hannes Watzlik schrieb kurz vor unserer Befreiung ein Gedicht
"Schwachgrenze"; es ist ein schönes Stimmungsbild aus unserer
Tschechenzeit und ich lasse es als Einleitung der Chronik dieser zwan=
zig Jahre folgen:
-
Die Doppelbuchstaben mm und nn sind im Original vereinzelt einfach geschrieben.
Linke Seite:
200
Als die deutsche Offensive im Westen zum Stillstand kam und im Ge-
genteil die Amerikaner, Engländer und Franzosen mit viel Erfolg angriffen
da sank uns alle Siegeshoffnung jäh in nichts zusammen und als die maze
donische Front zusammenbrach und Bulgarien um Frieden bat, war unser
Schicksal besiegelt. Der überwiegende Teil der Dörfler versöhnte sich rasch
mit dem bösen Geschick und freute sich, das die Lebensnot nun schwinden
werde. Beim kleineren Teil, den Deutschgesinnten, trat eine grosse Hof-
nungslosigkeit ein, denn aus den Erfahrungen des Krieges und den
vonihnenwährend dieser Zeit unter der Hand laut gewordenen Drohungenund Plänen der Tschechen schlossen wir auf das Schlimmste. Wir rechneten mit
völliger politischer und nationaler Rechtlosigkeit und nahmen an, dass
die in unsern Dörfern vereinzelt lebenden Tschechen die Gemeindeober-
häupter stellen würden. Hier rechneten wir für dieses Amt mit dem
Steklik Schuster oder Jehlitschke; letzteren hielten viele für einen halben Tsche-
chen. Seit Schulzeit bis zur Einheirat hier lebte er unter diesen und beide Spra-
chen flossen ihm gleich leicht von der Zunge. Am 28. 10. hatte er des geschichtlichen
Ereignisses ganz unbewusst abends am Felde das Mohnstroh verbrannt und
es wurde ihm vielfach, ganz mit Unrecht, nachgesagt er hätte gleich den Tsche-
chen im Lande ein Freudenfeuer entzündet.
Wir wussten beim Zusammenbruch nicht, dass uns die Tschechen nur un-
ter Garantierung beachtlicher Rechte in ihren Staat bekommen hatten und
fühlten uns angenehm überrascht, dass es die Tschechen augenblicklich nicht
schlecht mit uns machten. Wären sie so fort gefahren, hätten sich die meisten
Deutschen mit den Verhältnissen abgefunden und nicht bald und leicht
wäre ein Konrad Henlein aufgestanden.
Die neuen Herren drückten auf uns mehr und mehr und begannen
somit ihrem neuerstandenen und langersehnten Reiche das Grab
zu schaufeln.
-
Linke Seite:
200
Als die deutsche Offensive im Westen zum Stillstand kam und im Ge-
genteil die Amerikaner, Engländer und Franzosen mit viel Erfolg angriffen
da sank uns alle Siegeshoffnung jäh in nichts zusammen und als die maze
donische Front zusammenbrach und Bulgarien um Frieden bat, war unser
Schicksal besiegelt. Der überwiegende Teil der Dörfler versöhnte sich rasch
mit dem bösen Geschick und freute sich, das die Lebensnot nun schwinden
werde. Beim kleineren Teil, den Deutschgesinnten, trat eine grosse Hof-
nungslosigkeit ein, denn aus den Erfahrungen des Krieges und den
vonihnenwährend dieser Zeit unter der Hand laut gewordenen Drohungenund Plänen der Tschechen schlossen wir auf das Schlimmste. Wir rechneten mit
völliger politischer und nationaler Rechtlosigkeit und nahmen an, dass
die in unsern Dörfern vereinzelt lebenden Tschechen die Gemeindeober-
häupter stellen würden. Hier rechneten wir für dieses Amt mit dem
Steklik Schuster oder Jehlitschke; letzteren hielten viele für einen halben Tsche-
chen. Seit Schulzeit bis zur Einheirat hier lebte er unter diesen und beide Spra-
chen flossen ihm gleich leicht von der Zunge. Am 28. 10. hatte er des geschichtlichen
Ereignisses ganz unbewusst abends am Felde das Mohnstroh verbrannt und
es wurde ihm vielfach, ganz mit Unrecht, nachgesagt er hätte gleich den Tsche-
chen im Lande ein Freudenfeuer entzündet.
Wir wussten beim Zusammenbruch nicht, dass uns die Tschechen nur un-
ter Garantierung beachtlicher Rechte in ihren Staat bekommen hatten und
fühlten uns angenehm überrascht, dass es die Tschechen augenblicklich nicht
schlecht mit uns machten. Wären sie so fort gefahren, hätten sich die meisten
Deutschen mit den Verhältnissen abgefunden und nicht bald und leicht
wäre ein Konrad Henlein aufgestanden.
Die neuen Herren drückten auf uns mehr und mehr und begannen
somit ihrem neuerstandenen und langersehnten Reiche das Grab
zu schaufeln.
-
Linke Seite:
200
Als die deutsche Offensive im Westen zum Stillstand kam und im Ge-
genteil die Amerikaner, Engländer und Franzosen mit viel Erfolg angriffen
da sank uns alle Siegeshoffnung jäh in nichts zusammen und als die maze
donische Front zusammenbrach und Bulgarien um Frieden bat, war unser
Schicksal besiegelt. Der überwiegende Teil der Dörfler versöhnte sich rasch
mit dem bösen Geschick und freute sich, das die Lebensnot nun schwinden
werde. Beim kleineren Teil, den Deutschgesinnten, trat eine grosse Hof-
nungslosigkeit ein, denn aus den Erfahrungen des Krieges und den
vonihnenwährend dieser Zeit unter der Hand laut gewordenen Drohungenund Plänen der Tschechen schlossen wir auf das Schlimmste. Wir rechneten mit
völliger politischer und nationaler Rechtlosigkeit und nahmen an, dass
die in unsern Dörfern vereinzelt lebenden Tschechen die Gemeindeober-
häupter stellen würden. Hier rechneten wir für dieses Amt mit dem
Steklik Schuster oder Jehlitschke; letzteren hielten viele für einen halben Tsche-
chen. Seit Schulzeit bis zur Einheirat hier lebte er unter diesen und beide Spra-
chen flossen ihm gleich leicht von der Zunge. Am 28. 10. hatte er des geschichtlichen
Ereignisses ganz unbewusst abends am Felde das Mohnstroh verbrannt und
es wurde ihm vielfach, ganz mit Unrecht, nachgesagt er hätte gleich den Tsche-
chen im Lande ein Freudenfeuer entzündet.
Description
Save description- 50.2203664||16.385328399999935||||1
Kunzendorf (Adlergebirge, Böhmen), jetzt tschechisch: Kuncina Ves
Location(s)
Story location Kunzendorf (Adlergebirge, Böhmen), jetzt tschechisch: Kuncina Ves
- ID
- 2575 / 32709
- Contributor
- Dr. Helmut Sprinz
Login to edit the languages
- Deutsch
Login to edit the fronts
Login to add keywords
- Home Front
Login to leave a note