Chronik Franz Sprinz (Band II), item 19

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245


Wie die Kriegswirtschaft endete.

Das Ende des Weltkrieges vermochte keineswegs die Nahrungs-

sorgen bald zu beheben, denn im ausgehungerten Lande fehlte es an

allem und jedem und so musste die zwangsweise Aufbringung der Nahrungs

mittel und ihre Verteilung durch Karten, noch lange fortgesetzt werden und

erst mit Ende 1920 wurde aller Handel wieder frei.


Die Vorschreibungen für die Getreide und Viehablieferungen wurden vor-

erst noch strenge fortgesetzt und auf deren Erfüllung gedrungen. Erst als die

Zufuhren aus den Ver.(einigten) Staat.(en) v. N.(ord) Am.(erika) spürbarer wurden, konnten die Gemein-

den von den Kontingenten etwas abhandeln.


Für das Wirtschaftsjahr 1919-20 x  Erklärung x siehe am Ende der Seite wurden am 23./9. 19 der Gemeinde: 500 kg Wei-

zen, 10500 kg Korn, 18000 kg Hafer zur Lieferung vorgeschrieben und zugleich be-

fohlen, dass am 14. 10. 19 bei allen Landwirten ausgedroschen sein muss.

Dieser Befehl ist nur von den Wenigsten ausge befolgt worden; denn es war

nicht üblich und der vielen anderen, drängenden Arbeiten damals wie heute

nicht möglich. Kartoffeln wurden für das gleiche Jahr am 9. 11. 1919  600 Mtz. (Metzen)

vorgeschrieben.


Die vorgeschriebene Menge an Getreide und Kartoffeln wurden bei den mei-

stens nicht ganz und erst recht nicht freiwillig aufgebracht.  Denn erstens

gaben die während des Krieges nur mangelhaft betreuten  Äcker, bei

fehlendem Kunstdünger nur schwache Ernten und zweitens war die Spanne

zwischen amtlichen und Schleichhandelspreis zu groß. Z.Bsp. (Zum Beispiel) Im Sommer und

Herbst 1920: Amtlich Korn 180 Kr f.d.Mtz. (Kronen für die Metze), Hafer 170 K, unter der Hand für

ersteres 700 K, für Hafer 260 K.


Zur Aufbringung der Vorschreibung giengen zwei oder dreimal im Jah-

re  amtliche Aufkäufer, oft waren es Tschechen, von Haus zu Haus und brach-

ten sich zum besseren Nachdruck ein paar Soldaten mit, welche bei etwa

nötigen Durchsuchungen hätten behilflich sein müssen. In Kunzendorf kam

es nicht dazu. Diese Soldaten machten sich daraus in ihrer jungen Republik

einen rechten Spass und schossen mitunter mit ihren Gewehren ins Ziel -

eine Freiheit die wir alten österr.(eichischen) Soldaten uns niemals erlaubt hätten.

-------------------------------------------------------------------

 Erklärung x: 

für 1920 - 21 wurde mit 10. 9. 20 vorgeschrieben: 5  Zentner?  Weizen, 5 Gerste, 10 Halbfrucht (Gemeinge),

70 Roggen u 246 Hafer. Dieses wurde dann folgend umgeändert: 85 Zentner Korn und 251 Hafer.


 Rechte Seite: 

Den Selbstversorgern an Getreide wurden Mahlausweise ausgestellt.

Dieses dauerte ebenfalls bis Ende 1920. Die Ausstellung derselben war

mir aufgetragen.


Die Viehlieferungen hörten im Jänner 1920 auf. In diesem Monat

lieferte Ferd. Sprinz Nr 47 als letzter in der Gemeinde; er gab einen über

700 kg schweren Ochsen. Wir hatten regelmässig monatlich 800 kg Lebend-

gewicht zu liefern vorgeschrieben. Diess Kontigent wurde selten überschrit-

ten, meist war es nicht erreicht. In der Regel giengen allmonatlich 2 - 3 Stück

zur gemeinsamen Lieferungen von hier nach Rokitnitz.


Zur Streckung von Fleisch und Fett wurde amerikanischer Speck verteilt. Die

Gemeinden mussten ihre diessbezüglichen Anforderungen an die polit.(ische) Bez.(irks) Behörde

richten; diese Speckbestellungen dauerten ebenfalls bis Ende 1920.


Als Geschenk für Arme und deren Kinder kam besonders aus den V. St. v.

N.Am. viel Fleisch, auch Fische und eingedikte Milch zur Verteilung.  Die Amer-

ikaner spielten nun nach dem sie im Kriege so viel verdient Wohltäter.


Brot, Mehl, Zucker u. anderes wurde bis Ende 1920 auf Karten monatlich

zugeteilt. So erhielten wir z. Bsp. im März 1920 an Zucker 353 kg,  im  April 46? - gemeint 460? 

im Juli 352 kg; das reichte gut aus.  Die Zuckermenge wohl für die ganze Gemeinde?  Mit dem Zucker wurden immer auch

Kerzen ausgeteilt, gewöhnlich für alle zusammen 4 kg. Die Petroleum-

zuweisung hörte mit Jänner 1921 auf.


Auch der Kunstdünger wurde an die Gemeinden aufgeteilt, von diesen wie-

der an die einzelnen Landwirte. Mit 30. 3. 1920 erhielt die Gemeinde

2376 kg Phosphordünger (missing Thomasmehl) und 325 Stickstoffdünger zuge-

teilt. Im Herbst dieses Jahres dann 6000 kg Thomasmehl u 200 kg Stikstoff-

dünger. 1921 war auch dieses alles frei.


Von Oktober 1918 bis Anfang 1921 dauerte es, bis sich das ausgezehrte Land

wieder einigermassen gefüllt hatte und man wieder frei kaufen und ver-

kaufen konnte. In dieser Zeit konnte vieles noch am leichtesten im Tausch=

oder Schleichhandel erworben werden wie: Eisenwaren, Theer, Petroleum.

Leder, Kleidung udgl. So musste ich der Fma.  Firma  Reinhold in Reichenau für ein

drehbares Vorgelege 1920, 1300 K und für eine Sämaschinenausbesserung gar

3200 K zahlen; als ich mich dieser ungerechten Forderung wegen empörte

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Wie die Kriegswirtschaft endete.

Das Ende des Weltkrieges vermochte keineswegs die Nahrungs-

sorgen bald zu beheben, denn im ausgehungerten Lande fehlte es an

allem und jedem und so musste die zwangsweise Aufbringung der Nahrungs

mittel und ihre Verteilung durch Karten, noch lange fortgesetzt werden und

erst mit Ende 1920 wurde aller Handel wieder frei.


Die Vorschreibungen für die Getreide und Viehablieferungen wurden vor-

erst noch strenge fortgesetzt und auf deren Erfüllung gedrungen. Erst als die

Zufuhren aus den Ver.(einigten) Staat.(en) v. N.(ord) Am.(erika) spürbarer wurden, konnten die Gemein-

den von den Kontingenten etwas abhandeln.


Für das Wirtschaftsjahr 1919-20 x  Erklärung x siehe am Ende der Seite wurden am 23./9. 19 der Gemeinde: 500 kg Wei-

zen, 10500 kg Korn, 18000 kg Hafer zur Lieferung vorgeschrieben und zugleich be-

fohlen, dass am 14. 10. 19 bei allen Landwirten ausgedroschen sein muss.

Dieser Befehl ist nur von den Wenigsten ausge befolgt worden; denn es war

nicht üblich und der vielen anderen, drängenden Arbeiten damals wie heute

nicht möglich. Kartoffeln wurden für das gleiche Jahr am 9. 11. 1919  600 Mtz. (Metzen)

vorgeschrieben.


Die vorgeschriebene Menge an Getreide und Kartoffeln wurden bei den mei-

stens nicht ganz und erst recht nicht freiwillig aufgebracht.  Denn erstens

gaben die während des Krieges nur mangelhaft betreuten  Äcker, bei

fehlendem Kunstdünger nur schwache Ernten und zweitens war die Spanne

zwischen amtlichen und Schleichhandelspreis zu groß. Z.Bsp. (Zum Beispiel) Im Sommer und

Herbst 1920: Amtlich Korn 180 Kr f.d.Mtz. (Kronen für die Metze), Hafer 170 K, unter der Hand für

ersteres 700 K, für Hafer 260 K.


Zur Aufbringung der Vorschreibung giengen zwei oder dreimal im Jah-

re  amtliche Aufkäufer, oft waren es Tschechen, von Haus zu Haus und brach-

ten sich zum besseren Nachdruck ein paar Soldaten mit, welche bei etwa

nötigen Durchsuchungen hätten behilflich sein müssen. In Kunzendorf kam

es nicht dazu. Diese Soldaten machten sich daraus in ihrer jungen Republik

einen rechten Spass und schossen mitunter mit ihren Gewehren ins Ziel -

eine Freiheit die wir alten österr.(eichischen) Soldaten uns niemals erlaubt hätten.

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 Erklärung x: 

für 1920 - 21 wurde mit 10. 9. 20 vorgeschrieben: 5  Zentner?  Weizen, 5 Gerste, 10 Halbfrucht (Gemeinge),

70 Roggen u 246 Hafer. Dieses wurde dann folgend umgeändert: 85 Zentner Korn und 251 Hafer.


 Rechte Seite: 

Den Selbstversorgern an Getreide wurden Mahlausweise ausgestellt.

Dieses dauerte ebenfalls bis Ende 1920. Die Ausstellung derselben war

mir aufgetragen.


Die Viehlieferungen hörten im Jänner 1920 auf. In diesem Monat

lieferte Ferd. Sprinz Nr 47 als letzter in der Gemeinde; er gab einen über

700 kg schweren Ochsen. Wir hatten regelmässig monatlich 800 kg Lebend-

gewicht zu liefern vorgeschrieben. Diess Kontigent wurde selten überschrit-

ten, meist war es nicht erreicht. In der Regel giengen allmonatlich 2 - 3 Stück

zur gemeinsamen Lieferungen von hier nach Rokitnitz.


Zur Streckung von Fleisch und Fett wurde amerikanischer Speck verteilt. Die

Gemeinden mussten ihre diessbezüglichen Anforderungen an die polit.(ische) Bez.(irks) Behörde

richten; diese Speckbestellungen dauerten ebenfalls bis Ende 1920.


Als Geschenk für Arme und deren Kinder kam besonders aus den V. St. v.

N.Am. viel Fleisch, auch Fische und eingedikte Milch zur Verteilung.  Die Amer-

ikaner spielten nun nach dem sie im Kriege so viel verdient Wohltäter.


Brot, Mehl, Zucker u. anderes wurde bis Ende 1920 auf Karten monatlich

zugeteilt. So erhielten wir z. Bsp. im März 1920 an Zucker 353 kg,  im  April 46? - gemeint 460? 

im Juli 352 kg; das reichte gut aus.  Die Zuckermenge wohl für die ganze Gemeinde?  Mit dem Zucker wurden immer auch

Kerzen ausgeteilt, gewöhnlich für alle zusammen 4 kg. Die Petroleum-

zuweisung hörte mit Jänner 1921 auf.


Auch der Kunstdünger wurde an die Gemeinden aufgeteilt, von diesen wie-

der an die einzelnen Landwirte. Mit 30. 3. 1920 erhielt die Gemeinde

2376 kg Phosphordünger (missing Thomasmehl) und 325 Stickstoffdünger zuge-

teilt. Im Herbst dieses Jahres dann 6000 kg Thomasmehl u 200 kg Stikstoff-

dünger. 1921 war auch dieses alles frei.


Von Oktober 1918 bis Anfang 1921 dauerte es, bis sich das ausgezehrte Land

wieder einigermassen gefüllt hatte und man wieder frei kaufen und ver-

kaufen konnte. In dieser Zeit konnte vieles noch am leichtesten im Tausch=

oder Schleichhandel erworben werden wie: Eisenwaren, Theer, Petroleum.

Leder, Kleidung udgl. So musste ich der Fma.  Firma  Reinhold in Reichenau für ein

drehbares Vorgelege 1920, 1300 K und für eine Sämaschinenausbesserung gar

3200 K zahlen; als ich mich dieser ungerechten Forderung wegen empörte


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  • September 27, 2017 16:15:34 Eva Anna Welles (AUT)

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    Wie die Kriegswirtschaft endete.

    Das Ende des Weltkrieges vermochte keineswegs die Nahrungs-

    sorgen bald zu beheben, denn im ausgehungerten Lande fehlte es an

    allem und jedem und so musste die zwangsweise Aufbringung der Nahrungs

    mittel und ihre Verteilung durch Karten, noch lange fortgesetzt werden und

    erst mit Ende 1920 wurde aller Handel wieder frei.


    Die Vorschreibungen für die Getreide und Viehablieferungen wurden vor-

    erst noch strenge fortgesetzt und auf deren Erfüllung gedrungen. Erst als die

    Zufuhren aus den Ver.(einigten) Staat.(en) v. N.(ord) Am.(erika) spürbarer wurden, konnten die Gemein-

    den von den Kontingenten etwas abhandeln.


    Für das Wirtschaftsjahr 1919-20 x  Erklärung x siehe am Ende der Seite wurden am 23./9. 19 der Gemeinde: 500 kg Wei-

    zen, 10500 kg Korn, 18000 kg Hafer zur Lieferung vorgeschrieben und zugleich be-

    fohlen, dass am 14. 10. 19 bei allen Landwirten ausgedroschen sein muss.

    Dieser Befehl ist nur von den Wenigsten ausge befolgt worden; denn es war

    nicht üblich und der vielen anderen, drängenden Arbeiten damals wie heute

    nicht möglich. Kartoffeln wurden für das gleiche Jahr am 9. 11. 1919  600 Mtz. (Metzen)

    vorgeschrieben.


    Die vorgeschriebene Menge an Getreide und Kartoffeln wurden bei den mei-

    stens nicht ganz und erst recht nicht freiwillig aufgebracht.  Denn erstens

    gaben die während des Krieges nur mangelhaft betreuten  Äcker, bei

    fehlendem Kunstdünger nur schwache Ernten und zweitens war die Spanne

    zwischen amtlichen und Schleichhandelspreis zu groß. Z.Bsp. (Zum Beispiel) Im Sommer und

    Herbst 1920: Amtlich Korn 180 Kr f.d.Mtz. (Kronen für die Metze), Hafer 170 K, unter der Hand für

    ersteres 700 K, für Hafer 260 K.


    Zur Aufbringung der Vorschreibung giengen zwei oder dreimal im Jah-

    re  amtliche Aufkäufer, oft waren es Tschechen, von Haus zu Haus und brach-

    ten sich zum besseren Nachdruck ein paar Soldaten mit, welche bei etwa

    nötigen Durchsuchungen hätten behilflich sein müssen. In Kunzendorf kam

    es nicht dazu. Diese Soldaten machten sich daraus in ihrer jungen Republik

    einen rechten Spass und schossen mitunter mit ihren Gewehren ins Ziel -

    eine Freiheit die wir alten österr.(eichischen) Soldaten uns niemals erlaubt hätten.

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     Erklärung x: 

    für 1920 - 21 wurde mit 10. 9. 20 vorgeschrieben: 5  Zentner?  Weizen, 5 Gerste, 10 Halbfrucht (Gemeinge),

    70 Roggen u 246 Hafer. Dieses wurde dann folgend umgeändert: 85 Zentner Korn und 251 Hafer.


     Rechte Seite: 

    Den Selbstversorgern an Getreide wurden Mahlausweise ausgestellt.

    Dieses dauerte ebenfalls bis Ende 1920. Die Ausstellung derselben war

    mir aufgetragen.


    Die Viehlieferungen hörten im Jänner 1920 auf. In diesem Monat

    lieferte Ferd. Sprinz Nr 47 als letzter in der Gemeinde; er gab einen über

    700 kg schweren Ochsen. Wir hatten regelmässig monatlich 800 kg Lebend-

    gewicht zu liefern vorgeschrieben. Diess Kontigent wurde selten überschrit-

    ten, meist war es nicht erreicht. In der Regel giengen allmonatlich 2 - 3 Stück

    zur gemeinsamen Lieferungen von hier nach Rokitnitz.


    Zur Streckung von Fleisch und Fett wurde amerikanischer Speck verteilt. Die

    Gemeinden mussten ihre diessbezüglichen Anforderungen an die polit.(ische) Bez.(irks) Behörde

    richten; diese Speckbestellungen dauerten ebenfalls bis Ende 1920.


    Als Geschenk für Arme und deren Kinder kam besonders aus den V. St. v.

    N.Am. viel Fleisch, auch Fische und eingedikte Milch zur Verteilung.  Die Amer-

    ikaner spielten nun nach dem sie im Kriege so viel verdient Wohltäter.


    Brot, Mehl, Zucker u. anderes wurde bis Ende 1920 auf Karten monatlich

    zugeteilt. So erhielten wir z. Bsp. im März 1920 an Zucker 353 kg,  im  April 46? - gemeint 460? 

    im Juli 352 kg; das reichte gut aus.  Die Zuckermenge wohl für die ganze Gemeinde?  Mit dem Zucker wurden immer auch

    Kerzen ausgeteilt, gewöhnlich für alle zusammen 4 kg. Die Petroleum-

    zuweisung hörte mit Jänner 1921 auf.


    Auch der Kunstdünger wurde an die Gemeinden aufgeteilt, von diesen wie-

    der an die einzelnen Landwirte. Mit 30. 3. 1920 erhielt die Gemeinde

    2376 kg Phosphordünger (missing Thomasmehl) und 325 Stickstoffdünger zuge-

    teilt. Im Herbst dieses Jahres dann 6000 kg Thomasmehl u 200 kg Stikstoff-

    dünger. 1921 war auch dieses alles frei.


    Von Oktober 1918 bis Anfang 1921 dauerte es, bis sich das ausgezehrte Land

    wieder einigermassen gefüllt hatte und man wieder frei kaufen und ver-

    kaufen konnte. In dieser Zeit konnte vieles noch am leichtesten im Tausch=

    oder Schleichhandel erworben werden wie: Eisenwaren, Theer, Petroleum.

    Leder, Kleidung udgl. So musste ich der Fma.  Firma  Reinhold in Reichenau für ein

    drehbares Vorgelege 1920, 1300 K und für eine Sämaschinenausbesserung gar

    3200 K zahlen; als ich mich dieser ungerechten Forderung wegen empörte

  • September 27, 2017 16:01:20 Eva Anna Welles (AUT)

     Linke Seite: 

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    Wie die Kriegswirtschaft endete.

    Das Ende des Weltkrieges vermochte keineswegs die Nahrungs-

    sorgen bald zu beheben, denn im ausgehungerten Lande fehlte es an

    allem und jedem und so musste die zwangsweise Aufbringung der Nahrungs

    mittel und ihre Verteilung durch Karten, noch lange fortgesetzt werden und

    erst mit Ende 1920 wurde aller Handel wieder frei.


    Die Vorschreibungen für die Getreide und Viehablieferungen wurden vor-

    erst noch strenge fortgesetzt und auf deren Erfüllung gedrungen. Erst als die

    Zufuhren aus den Ver.(einigten) Staat.(en) v. N.(ord) Am.(erika) spürbarer wurden, konnten die Gemein-

    den von den Kontingenten etwas abhandeln.


    Für das Wirtschaftsjahr 1919-20 x  Erklärung x siehe am Ende der Seite wurden am 23./9. 19 der Gemeinde: 500 kg Wei-

    zen, 10500 kg Korn, 18000 kg Hafer zur Lieferung vorgeschrieben und zugleich be-

    fohlen, dass am 14. 10. 19 bei allen Landwirten ausgedroschen sein muss.

    Dieser Befehl ist nur von den Wenigsten ausge befolgt worden; denn es war

    nicht üblich und der vielen anderen, drängenden Arbeiten damals wie heute

    nicht möglich. Kartoffeln wurden für das gleiche Jahr am 9. 11. 1919  600 Mtz. (Metzen)

    vorgeschrieben.


    Die vorgeschriebene Menge an Getreide und Kartoffeln wurden bei den mei-

    stens nicht ganz und erst recht nicht freiwillig aufgebracht.  Denn erstens

    gaben die während des Krieges nur mangelhaft betreuten  Äcker, bei

    fehlendem Kunstdünger nur schwache Ernten und zweitens war die Spanne

    zwischen amtlichen und Schleichhandelspreis zu groß. Z.Bsp. (Zum Beispiel) Im Sommer und

    Herbst 1920: Amtlich Korn 180 Kr f.d.Mtz. (Kronen für die Metze), Hafer 170 K, unter der Hand für

    ersteres 700 K, für Hafer 260 K.


    Zur Aufbringung der Vorschreibung giengen zwei oder dreimal im Jah-

    re  amtliche Aufkäufer, oft waren es Tschechen, von Haus zu Haus und brach-

    ten sich zum besseren Nachdruck ein paar Soldaten mit, welche bei etwa

    nötigen Durchsuchungen hätten behilflich sein müssen. In Kunzendorf kam

    es nicht dazu. Diese Soldaten machten sich daraus in ihrer jungen Republik

    einen rechten Spass und schossen mitunter mit ihren Gewehren ins Ziel -

    eine Freiheit die wir alten österr.(eichischen) Soldaten uns niemals erlaubt hätten.

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     Erklärung x: 

    für 1920 - 21 wurde mit 10. 9. 20 vorgeschrieben: 5  Zentner?  Weizen, 5 Gerste, 10 Halbfrucht (Gemeinge),

    70 Roggen u 246 Hafer. Dieses wurde dann folgend umgeändert: 85 Zentner Korn und 251 Hafer.


     Rechte Seite: 

    Den Selbstversorgern an Getreide wurden Mahlausweise ausgestellt.

    Dieses dauerte ebenfalls bis Ende 1920. Die Ausstellung derselben war

    mir aufgetragen.


    Die Viehlieferungen hörten im Jänner 1920 auf. In diesem Monat

    lieferte Ferd. Sprinz Nr 47 als letzter in der Gemeinde; er gab einen über

    700 kg schweren Ochsen. Wir hatten regelmässig monatlich 800 kg Lebend-

    gewicht zu liefern vorgeschrieben. Diess Kontigent wurde selten überschrit-

    ten, meist war es nicht erreicht. In der Regel giengen allmonatlich 2 - 3 Stück

    zur gemeinsamen Lieferungen von hier nach Rokitnitz.





  • September 27, 2017 15:56:58 Eva Anna Welles (AUT)

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    Wie die Kriegswirtschaft endete.

    Das Ende des Weltkrieges vermochte keineswegs die Nahrungs-

    sorgen bald zu beheben, denn im ausgehungerten Lande fehlte es an

    allem und jedem und so musste die zwangsweise Aufbringung der Nahrungs

    mittel und ihre Verteilung durch Karten, noch lange fortgesetzt werden und

    erst mit Ende 1920 wurde aller Handel wieder frei.


    Die Vorschreibungen für die Getreide und Viehablieferungen wurden vor-

    erst noch strenge fortgesetzt und auf deren Erfüllung gedrungen. Erst als die

    Zufuhren aus den Ver.(einigten) Staat.(en) v. N.(ord) Am.(erika) spürbarer wurden, konnten die Gemein-

    den von den Kontingenten etwas abhandeln.


    Für das Wirtschaftsjahr 1919-20 x  Erklärung x siehe am Ende der Seite wurden am 23./9. 19 der Gemeinde: 500 kg Wei-

    zen, 10500 kg Korn, 18000 kg Hafer zur Lieferung vorgeschrieben und zugleich be-

    fohlen, dass am 14. 10. 19 bei allen Landwirten ausgedroschen sein muss.

    Dieser Befehl ist nur von den Wenigsten ausge befolgt worden; denn es war

    nicht üblich und der vielen anderen, drängenden Arbeiten damals wie heute

    nicht möglich. Kartoffeln wurden für das gleiche Jahr am 9. 11. 1919  600 Mtz. (Metzen)

    vorgeschrieben.


    Die vorgeschriebene Menge an Getreide und Kartoffeln wurden bei den mei-

    stens nicht ganz und erst recht nicht freiwillig aufgebracht.  Denn erstens

    gaben die während des Krieges nur mangelhaft betreuten  Äcker, bei

    fehlendem Kunstdünger nur schwache Ernten und zweitens war die Spanne

    zwischen amtlichen und Schleichhandelspreis zu groß. Z.Bsp. (Zum Beispiel) Im Sommer und

    Herbst 1920: Amtlich Korn 180 Kr f.d.Mtz. (Kronen für die Metze), Hafer 170 K, unter der Hand für

    ersteres 700 K, für Hafer 260 K.


    Zur Aufbringung der Vorschreibung giengen zwei oder dreimal im Jah-

    re  amtliche Aufkäufer, oft waren es Tschechen, von Haus zu Haus und brach-

    ten sich zum besseren Nachdruck ein paar Soldaten mit, welche bei etwa

    nötigen Durchsuchungen hätten behilflich sein müssen. In Kunzendorf kam

    es nicht dazu. Diese Soldaten machten sich daraus in ihrer jungen Republik

    einen rechten Spass und schossen mitunter mit ihren Gewehren ins Ziel -

    eine Freiheit die wir alten österr.(eichischen) Soldaten uns niemals erlaubt hätten.

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     Erklärung x: 

    für 1920 - 21 wurde mit 10. 9. 20 vorgeschrieben: 5  Zentner?  Weizen, 5 Gerste, 10 Halbfrucht (Gemeinge),

    70 Roggen u 246 Hafer. Dieses wurde dann folgend umgeändert: 85 Zentner Korn und 251 Hafer.





  • September 27, 2017 15:47:42 Eva Anna Welles (AUT)

     Linke Seite: 

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    Wie die Kriegswirtschaft endete.

    Das Ende des Weltkrieges vermochte keineswegs die Nahrungs-

    sorgen bald zu beheben, denn im ausgehungerten Lande fehlte es an

    allem und jedem und so musste die zwangsweise Aufbringung der Nahrungs

    mittel und ihre Verteilung durch Karten, noch lange fortgesetzt werden und

    erst mit Ende 1920 wurde aller Handel wieder frei.


    Die Vorschreibungen für die Getreide und Viehablieferungen wurden vor-

    erst noch strenge fortgesetzt und auf deren Erfüllung gedrungen. Erst als die

    Zufuhren aus den Ver.(einigten) Staat.(en) v. N.(ord) Am.(erika) spürbarer wurden, konnten die Gemein-

    den von den Kontingenten etwas abhandeln.


    Für das Wirtschaftsjahr 1919-20 x  Erklärung x siehe am Ende der Seite wurden am 23./9. 19 der Gemeinde: 500 kg Wei-

    zen, 10500 kg Korn, 18000 kg Hafer zur Lieferung vorgeschrieben und zugleich be-

    fohlen, dass am 14. 10. 19 bei allen Landwirten ausgedroschen sein muss.

    Dieser Befehl ist nur von den Wenigsten ausge befolgt worden; denn es war

    nicht üblich und der vielen anderen, drängenden Arbeiten damals wie heute

    nicht möglich. Kartoffeln wurden für das gleiche Jahr am 9. 11. 1919  600 Mtz. (Metzen)

    vorgeschrieben.


    Die vorgeschriebene Menge an Getreide und Kartoffeln wurden bei den mei-

    stens nicht ganz und erst recht nicht freiwillig aufgebracht.


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  • 50.2203664||16.385328399999935||

    Kunzendorf (Adlergebirge, Böhmen), jetzt tschechisch: Kuncina Ves

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  • Story location Kunzendorf (Adlergebirge, Böhmen), jetzt tschechisch: Kuncina Ves
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2575 / 32707
Source
http://europeana1914-1918.eu/...
Contributor
Dr. Helmut Sprinz
License
http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/


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