Kleiber Manuskript 01 - Vorwort - Pflanzenwelt Turkestans, item 41

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hier mit grauen Blättern bedeckt, dort bloß grünliche, dünne Ästchen 

tragend, bilden eine äußerst eigenartige, leblose landschaft. 

Auf mich übte der Aufenthalt inmitten der Sandwüste in den glühend 

heißen Mittagsstunden einen eigentümlichen, fremden Zauber aus, 

der mich völlig gefangen nahm u. mich alle Unan[n]ehmlichkeiten 

u. meine hochgradige Empfindlichkeit gegen Sonnenhitze ganz vergessen 

ließ. Weit hinaus nach N. u. W. erstreckte sich die Wüste, Düne an 

Düne gereiht; in der Ferne zeigte sie sich mit lichten oder dunklen 

Punkten u. Flecken besät: der Wüstenflora. Am südl. Horizonte schimmerten 

glänzende Wasserflächen vor saftig-grünen Schilfgürteln umgeben; ganz 

draußen ragten die runden Kuppen eines stattlichen Jurtendorfes aus der 

Steppe hervor; Viehherden u. einzelne Reiter waren in der Ferne winzig 

wie Spielzeug sichtbar, Rauchsäulen wirbelten gegen den blauen Himmel 

empor. Am n.ö. Ufer des Kunja-kul stand ein halb zerfallener Lehmbau 

mit Schilfdach, wohl das Winterquartier einer Kirgisenfamilie; 

ähnliche Häuschen sah ich schon auf dem Wege vorher. Tiefes Schweigen 

herrschte überall, nicht der feinste Hauch bewegte die sonst so 

leicht beweglichen silbrigen Blätter der Wüstenakazien. Die heiße 

Luft zitterte über dem glühenden, leichten Flugsand, in den meine mit 

heimatlichen, genagelten, schweren Bergschuhen bekleideten Füße tief 

einsanken. Langsam in ermüdendem Marsche durchstreifte ich 

die Wüste, ab u. zu stehen bleibend, um dem manchmal vernehmlichen, 

dumpfen, mich an die fernen Tage Przemysls u. seine Aeroplane 

erinnernden, Summen u. Brummen zu lauschen, das an mir immer stärker 

werdend vorüberklang u. sich schließlich in der schweigenden Ferne 

verlor. Es stammte von dem schönen, herrlich gefärbten Wüstenprachtkäfern 

(Julodis variolaris Tafel IX/110), die sich den Vormittag über nach 

Faultierart im unteren Gezweig der Sandakazien hängend unbeweglich 

verhielten. Um die Stunden der größten Mittagshitze flogen sie 

dann gleich großen, leuchtenden Smaragden schwerfällig umher; ich 

fieng [sic] einige derselben auf den Wüstenakazien, darunter auch ein

Pärchen in Begattung u. einen Käfer im Fluge mit dem Netze. Auf den 


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hier mit grauen Blättern bedeckt, dort bloß grünliche, dünne Ästchen 

tragend, bilden eine äußerst eigenartige, leblose landschaft. 

Auf mich übte der Aufenthalt inmitten der Sandwüste in den glühend 

heißen Mittagsstunden einen eigentümlichen, fremden Zauber aus, 

der mich völlig gefangen nahm u. mich alle Unan[n]ehmlichkeiten 

u. meine hochgradige Empfindlichkeit gegen Sonnenhitze ganz vergessen 

ließ. Weit hinaus nach N. u. W. erstreckte sich die Wüste, Düne an 

Düne gereiht; in der Ferne zeigte sie sich mit lichten oder dunklen 

Punkten u. Flecken besät: der Wüstenflora. Am südl. Horizonte schimmerten 

glänzende Wasserflächen vor saftig-grünen Schilfgürteln umgeben; ganz 

draußen ragten die runden Kuppen eines stattlichen Jurtendorfes aus der 

Steppe hervor; Viehherden u. einzelne Reiter waren in der Ferne winzig 

wie Spielzeug sichtbar, Rauchsäulen wirbelten gegen den blauen Himmel 

empor. Am n.ö. Ufer des Kunja-kul stand ein halb zerfallener Lehmbau 

mit Schilfdach, wohl das Winterquartier einer Kirgisenfamilie; 

ähnliche Häuschen sah ich schon auf dem Wege vorher. Tiefes Schweigen 

herrschte überall, nicht der feinste Hauch bewegte die sonst so 

leicht beweglichen silbrigen Blätter der Wüstenakazien. Die heiße 

Luft zitterte über dem glühenden, leichten Flugsand, in den meine mit 

heimatlichen, genagelten, schweren Bergschuhen bekleideten Füße tief 

einsanken. Langsam in ermüdendem Marsche durchstreifte ich 

die Wüste, ab u. zu stehen bleibend, um dem manchmal vernehmlichen, 

dumpfen, mich an die fernen Tage Przemysls u. seine Aeroplane 

erinnernden, Summen u. Brummen zu lauschen, das an mir immer stärker 

werdend vorüberklang u. sich schließlich in der schweigenden Ferne 

verlor. Es stammte von dem schönen, herrlich gefärbten Wüstenprachtkäfern 

(Julodis variolaris Tafel IX/110), die sich den Vormittag über nach 

Faultierart im unteren Gezweig der Sandakazien hängend unbeweglich 

verhielten. Um die Stunden der größten Mittagshitze flogen sie 

dann gleich großen, leuchtenden Smaragden schwerfällig umher; ich 

fieng [sic] einige derselben auf den Wüstenakazien, darunter auch ein

Pärchen in Begattung u. einen Käfer im Fluge mit dem Netze. Auf den 



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  • November 23, 2018 15:32:30 Gabriele Kister-Schuler

    hier mit grauen Blättern bedeckt, dort bloß grünliche, dünne Ästchen 

    tragend, bilden eine äußerst eigenartige, leblose landschaft. 

    Auf mich übte der Aufenthalt inmitten der Sandwüste in den glühend 

    heißen Mittagsstunden einen eigentümlichen, fremden Zauber aus, 

    der mich völlig gefangen nahm u. mich alle Unan[n]ehmlichkeiten 

    u. meine hochgradige Empfindlichkeit gegen Sonnenhitze ganz vergessen 

    ließ. Weit hinaus nach N. u. W. erstreckte sich die Wüste, Düne an 

    Düne gereiht; in der Ferne zeigte sie sich mit lichten oder dunklen 

    Punkten u. Flecken besät: der Wüstenflora. Am südl. Horizonte schimmerten 

    glänzende Wasserflächen vor saftig-grünen Schilfgürteln umgeben; ganz 

    draußen ragten die runden Kuppen eines stattlichen Jurtendorfes aus der 

    Steppe hervor; Viehherden u. einzelne Reiter waren in der Ferne winzig 

    wie Spielzeug sichtbar, Rauchsäulen wirbelten gegen den blauen Himmel 

    empor. Am n.ö. Ufer des Kunja-kul stand ein halb zerfallener Lehmbau 

    mit Schilfdach, wohl das Winterquartier einer Kirgisenfamilie; 

    ähnliche Häuschen sah ich schon auf dem Wege vorher. Tiefes Schweigen 

    herrschte überall, nicht der feinste Hauch bewegte die sonst so 

    leicht beweglichen silbrigen Blätter der Wüstenakazien. Die heiße 

    Luft zitterte über dem glühenden, leichten Flugsand, in den meine mit 

    heimatlichen, genagelten, schweren Bergschuhen bekleideten Füße tief 

    einsanken. Langsam in ermüdendem Marsche durchstreifte ich 

    die Wüste, ab u. zu stehen bleibend, um dem manchmal vernehmlichen, 

    dumpfen, mich an die fernen Tage Przemysls u. seine Aeroplane 

    erinnernden, Summen u. Brummen zu lauschen, das an mir immer stärker 

    werdend vorüberklang u. sich schließlich in der schweigenden Ferne 

    verlor. Es stammte von dem schönen, herrlich gefärbten Wüstenprachtkäfern 

    (Julodis variolaris Tafel IX/110), die sich den Vormittag über nach 

    Faultierart im unteren Gezweig der Sandakazien hängend unbeweglich 

    verhielten. Um die Stunden der größten Mittagshitze flogen sie 

    dann gleich großen, leuchtenden Smaragden schwerfällig umher; ich 

    fieng [sic] einige derselben auf den Wüstenakazien, darunter auch ein

    Pärchen in Begattung u. einen Käfer im Fluge mit dem Netze. Auf den 


  • November 8, 2018 16:56:10 Gabriele Kister-Schuler

    hier mit grauen Blättern bedeckt, dort bloß grünliche, dünne Östchen 

    tragend, bilden eine äußerst eigenartige, leblose landschaft. 

    Auf mich übte der Aufenthalt inmitten der Sandwüste in den glühend 

    heißen Mittagsstunden einen eigentümlichen, fremden Zauber aus, 

    der mich völlig gefangen nahm u. mich alle Unan[n]ehmlichkeiten 

    u. meine hochgradige Empfindlichkeit gegen Sonnenhitze ganz vergessen 

    ließ. Weit hinaus nach N. u. W. erstreckte sich die Wüste, Düne an 

    Düne gereiht; in der Ferne zeigte sie sich mit lichten oder dunklen 

    Punkten u. Flecken besät: der Wüstenflora. Am südl. Horizonte schimmerten 

    glänzende Wasserflächen vor saftig-grünen Schilfgürteln umgeben; ganz 

    draußen ragten die runden Kuppen eines stattlichen Jurtendorfes aus der 

    Steppe hervor; Viehherden u. einzelne Reiter waren in der Ferne winzig 

    wie Spielzeug sichtbar, Rauchsäulen wirbelten gegen den blauen Himmel 

    empor. Am n.ö. Ufer des Kunja-kul stand ein halb zerfallener Lehmbau 

    mit Schilfdach, wohl das Winterquartier einer Kirgisenfamilie; 

    ähnliche Häuschen sah ich schon auf dem Wege vorher. Tiefes Schweigen 

    herrschte überall, nicht der feinste Hauch bewegte die sonst so 

    leicht beweglichen silbrigen Blätter der Wüstenakazien. Die heiße 

    Luft zitterte über dem glühenden, leichten Flugsand, in den meine mit 

    heimatlichen, genagelten, schweren Bergschuhen bekleideten Füße tief 

    einsanken. Langsam in ermüdendem Marsche durchstreifte ich 

    die Wüste, ab u. zu stehen bleibend, um dem manchmal vernehmlichen, 

    dumpfen, mich an die fernen Tage Przemysls u. seine Aeroplane 

    erinnernden, Summen u. Brummen zu lauschen, das an mir immer stärker 

    werdend vorüberklang u. sich schließlich in der schweigenden Ferne 

    verlor. Es stammte von dem schönen, herrlich gefärbten Wüstenprachtkäfern 

    (Julodis variolaris Tafel IX/110), die sich den Vormittag über nach 

    Faultierart im unteren Gezweig der Sandakazien hängend unbeweglich 

    verhielten. Um die Stunden der größten Mittagshitze flogen sie 

    dann gleich großen, leuchtenden Smaragden schwerfällig umher; ich 

    fieng [sic] einige derselben auf den Wüstenakazien, darunter auch ein

    Pärchen in Begattung u. einen Käfer im Fluge mit dem Netze. Auf den 



  • November 8, 2018 16:44:05 Gabriele Kister-Schuler

    hier mit grauen Blättern bedeckt, dort bloß grünliche, dünne Östchen 

    tragend, bilden eine äußerst eigenartige, leblose landschaft. 

    Auf mich übte der Aufenthalt inmitten der Sandwüste in den glühend 

    heißen Mittagsstunden einen eigentümlichen, fremden Zauber aus, 

    der mich völlig gefangen nahm u. mich alle Unan[n]ehmlichkeiten 

    u. meine hochgradige Empfindlichkeit gegen Sonnenhitze ganz vergessen 

    ließ. Weit hinaus nach N. u. W. erstreckte sich die Wüste, Düne an 

    Düne gereiht; in der Ferne zeigte sie sich mit lichten oder dunklen 

    Punkten u. Flecken besät: der Wüstenflora. Am südl. Horizonte schimmerten 

    glänzende Wasserflächen vor saftig-grünen Schilfgürteln umgeben; ganz 

    draußen ragten die runden Kuppen eines stattlichen Jurtendorfes aus der 

    Steppe hervor; Viehherden u. einzelne Reiter waren in der Ferne winzig 

    wie Spielzeug sichtbar, Rauchsäulen wirbelten gegen den blauen Himmel 

    empor. Am n.ö. Ufer des Kunja-kul stand ein halb zerfallener Lehmbau 

    mit











  • November 8, 2018 16:41:53 Gabriele Kister-Schuler

    hier mit grauen Blättern bedeckt, dort bloß grünliche, dünne Östchen 

    tragend, bilden eine äußerst eigenartige, leblose landschaft. 

    Auf mich übte der Aufenthalt inmitten der Sandwüste in den glühend 

    heißen Mittagsstunden einen eigentümlichen, fremden Zauber aus, 

    der mich völlig gefangen nahm u. mich alle Unan[n]ehmlichkeiten 

    u. meine hochgradige Empfindlichkeit gegen Sonnenhitze ganz vergessen 

    ließ. Weit hinaus nach N. u. W. erstreckte sich die Wüste, Düne an 

    Düne gereiht; in der Ferne zeigte sie sich mit lichten oder dunklen 

    Punkten u. Flecken besät: der Wüstenflora. Am südl. Horizonte schimmerten 

    glänzende Wasserflächen vor saftig-grünen Schilfgürteln umgeben; ganz 

    draußen ragten die runden Kuppen eines stattlich











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