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5.// Ja, mein liebes Herz! Wir sind nun mit Allem fertig. Es kann morgen ins Feld gehen, aber auch erst im Februar oder sogar noch später. Je nachdem ob das aktive Regiment
draußen im Feld Ersatz braucht bald. Der Dienst ist jetzt fast ein Kinderspiel. Er ist jetzt leichter aber, aber viel. Von früh 4 Uhr bis abends 9 Uhr . Ununterbrochen. Die Karten, die ich Dir in der Woche über schreibe, schreibe ich früh, während die Andern frühstücken, oder abends, wenn die Andern schlafen gehen tagsüber ist keine Zeit. Wirklich nicht. Daß ich Dir versuche, jeden Tag zu antworten, ist, daß ich Dir so grenzenlos gut bin und Dich so lieb, so endlos lieb habe. Das dauert höchstens 4 Minuten. Es kommt mir doch direkt aus dem Herzen. Wie das Herz spricht, schreibe ich.
Urlaub gibt's jetzt sobald wohl nicht. Wenn wir bald ins Feld rückten, gibt es den letzten Heimaturlaub. Na, warum ich da soll an den schweren Abschied denken ----
Es ist eben so weit von hier bis Annaberg, sonst käme ich alle Sonntage. Wenn ich was los hätte, bekäme ich auch jetzt Urlaub. Meiner Schwester Verlobung, mein Bruder aus dem Feld, Dein Vater aus Lille zu Besuch oder sonst was, nur ein Grund muß da sein. Ich glaube sicher, daß ich fahren könnte. Wenn Dein Vater käme, wollen wir da nicht uns öffentlich bürgerlich kriegsverloben? Wenn ich meinen Eltern diesen meinen sehnlichsten
rechte Seite
Zittau, 14. Januar 1914
Mein geliebtes treues Trudchen!
Heißgeliebtes Bräutchen!
Seelensgute!
Bin wohl vielleicht der Einzige, der, wenn Alles eifrig und halb überstürzt früh noch putzt, zum Ausmarsch fertig, frühstückt in Eile, abends halb schläft, die große wunderbare Ruhe besitzt, Dir, Lieben Guten Treuen, noch in wenigen Minuten zu schreiben und wenn es nur ein Kärtchen mit 6 Zeilen ist. Aber schreiben muß ich Dir, um in Gedanken und Wort immer mit Dir verbunden zu sein. Richtig Zeit , Dir Deine Briefe zu beantworten, finde ich natürlich nicht. Kaum Sonntags. Nächsten Sonntag ist zum Beispiel Dienst wie in der Woche. Aber Dir zu schreiben, weiß ich mich schon zu verstehen.
Vorerst teile ich Dir erfreut mit, daß ich wie selbstverständlich mit heißem Liebesdank Deine süßen Liebesbriefe vom 16. und 7. Januar heute erhielt. Zu dem vom Montag (17.) möchte ich mal fragen: Warst du so spät noch auf, daß Du ihn erst um nachts 12 Uhr zur Post gegeben hast? Oder war das Montag mittag 12 - 1 Uhr? Es war also ein
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5.// Ja, mein liebes Herz! Wir sind nun mit Allem fertig. Es kann morgen ins Feld gehen, aber auch erst im Februar oder sogar noch später. Je nachdem ob das aktive Regiment
draußen im Feld Ersatz braucht bald. Der Dienst ist jetzt fast ein Kinderspiel. Er ist jetzt leichter aber, aber viel. Von früh 4 Uhr bis abends 9 Uhr . Ununterbrochen. Die Karten, die ich Dir in der Woche über schreibe, schreibe ich früh, während die Andern frühstücken, oder abends, wenn die Andern schlafen gehen tagsüber ist keine Zeit. Wirklich nicht. Daß ich Dir versuche, jeden Tag zu antworten, ist, daß ich Dir so grenzenlos gut bin und Dich so lieb, so endlos lieb habe. Das dauert höchstens 4 Minuten. Es kommt mir doch direkt aus dem Herzen. Wie das Herz spricht, schreibe ich.
Urlaub gibt's jetzt sobald wohl nicht. Wenn wir bald ins Feld rückten, gibt es den letzten Heimaturlaub. Na, warum ich da soll an den schweren Abschied denken ----
Es ist eben so weit von hier bis Annaberg, sonst käme ich alle Sonntage. Wenn ich was los hätte, bekäme ich auch jetzt Urlaub. Meiner Schwester Verlobung, mein Bruder aus dem Feld, Dein Vater aus Lille zu Besuch oder sonst was, nur ein Grund muß da sein. Ich glaube sicher, daß ich fahren könnte. Wenn Dein Vater käme, wollen wir da nicht uns öffentlich bürgerlich kriegsverloben? Wenn ich meinen Eltern diesen meinen sehnlichsten
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Zittau, 14. Januar 1914
Mein geliebtes treues Trudchen!
Heißgeliebtes Bräutchen!
Seelensgute!
Bin wohl vielleicht der Einzige, der, wenn Alles eifrig und halb überstürzt früh noch putzt, zum Ausmarsch fertig, frühstückt in Eile, abends halb schläft, die große wunderbare Ruhe besitzt, Dir, Lieben Guten Treuen, noch in wenigen Minuten zu schreiben und wenn es nur ein Kärtchen mit 6 Zeilen ist. Aber schreiben muß ich Dir, um in Gedanken und Wort immer mit Dir verbunden zu sein. Richtig Zeit , Dir Deine Briefe zu beantworten, finde ich natürlich nicht. Kaum Sonntags. Nächsten Sonntag ist zum Beispiel Dienst wie in der Woche. Aber Dir zu schreiben, weiß ich mich schon zu verstehen.
Vorerst teile ich Dir erfreut mit, daß ich wie selbstverständlich mit heißem Liebesdank Deine süßen Liebesbriefe vom 16. und 7. Januar heute erhielt. Zu dem vom Montag (17.) möchte ich mal fragen: Warst du so spät noch auf, daß Du ihn erst um nachts 12 Uhr zur Post gegeben hast? Oder war das Montag mittag 12 - 1 Uhr? Es war also ein
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