Erinnerungsbuch, item 128
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24. März 1916 Die Ki - Ka Nr.208
BAU WELT.
Die Zeitung erscheint Bezugsbedingung
einmalig 9 Jahre M - G.
Dem Publikum ist die Benutzung des Redaktionstelephons streng
verboten.
Motto
Da die Schulzeit nun verflossen,
Haben wir drum unverdrossen
Heut gezogen die Bilanz,-
Lacht nur über uns're Possen,
Nehmt nichts übel - sei's begossen:
HONNY SOIT QUI MAL Y PENSE!
Prüfungsarbeit.
Schreiben, schreiben, schreiben - in der ersten Stunde, in der zweiten Stunde
in der dritten Stunde. Und die Lust ist so klein geworden und die Faulheit so
groß. Es gibt kein Abschreiben mehr, kaum ein Zettelchen. Keiner wagt aufzusehen.
Fremde Lehrer hocken durstig auf dem Katheder. Nirgends ein Bonbon.
Und immer der gleiche Stumpfsinn. Man hat 2 Augen zu wenig. Nur in der Pause
manchmal glaubt man was sehen zu können. Vielleicht holt man in der Pause
immer alles nach, was man in der Stunde versäumt hat! Es kann sein! Das
Mogeln ist schwer wie bei Kranz in der Stunde. Aber jetzt haben wir bei
Wersche Unterricht. Neustadts fliegende Rockschöße sah man noch lange --
Und nun sitzen wir lange! -- Es muß also bald Schluß sein, wenigstens davon,
daß Wersche bei uns ist.
Lohnstein rührt sich langsam und ruft: "Weiß!" Sein Nachbar Levy hat die ersten
Stunden gekichert und gelacht. Jetzt ist er verzweifelt. Saulmann sieht sich
nach ihm um; er merkt es nicht, er schläft langsam ein bei der schweren Arbeit
Jemand liest die Resultate vor. Leise und deutlich spricht er, obs richtig
ist, obs falsch ist? Alle lauschen, jeder weiß, wie viel darauf ankommt.
Und wer nicht alles versteht, der ahnt doch einzelne Worte .....27.....
...addieren....log97,5...--Pause. Aber Lohnstein lächelt und flüstert: "Du
hast alles falsch Weiß, sicher, du hast alles falsch abgeschrieben!" Da wendet
sich Weiß erschreckt um und rechnet alles noch einmal.
Man knittert mit dem Butterbrotpapier und dem Frühstück, wartet darauf, daß
Wersche mal auf 208 geht. Aber er geht nicht. Die Aufgaben sind schwer, sie
bedrücken die Gemüter. Die
Geschichte wirdGesichter werden ernst. Dennoch kichert Krebsplötzlich los. Er hat einen Zettel gekriegt, darauf steht: "Du bist ein Affe!"
Und da muß er lachen.
Endlich gibt einer ab, dann noch einer, 4, alle 8. Ganz fertig sind sie.-
Man muß sich trennen. "Hast du alle richtig?" "Nein, und du?" - Sie können
nicht auseinander, sie haben sich viel zu erzählen! Und endlich trennt man
sich doch: Auf morgen! Griechisch! .
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24. März 1916 Die Ki - Ka Nr.208
BAU WELT.
Die Zeitung erscheint Bezugsbedingung
einmalig 9 Jahre M - G.
Dem Publikum ist die Benutzung des Redaktionstelephons streng
verboten.
Motto
Da die Schulzeit nun verflossen,
Haben wir drum unverdrossen
Heut gezogen die Bilanz,-
Lacht nur über uns're Possen,
Nehmt nichts übel - sei's begossen:
HONNY SOIT QUI MAL Y PENSE !
Prüfungsarbeit.
Schreiben, schreiben, schreiben - in der ersten Stunde, in der zweiten Stunde
in der dritten Stunde. Und die Lust ist so klein geworden und die Faulheit so
groß. Es gibt kein Abschreiben mehr, kaum ein Zettelchen. Keiner wagt aufzusehen.
Fremde Lehrer hocken durstig auf dem Katheder. Nirgends ein Bonbon.
Und immer der gleiche Stumpfsinn. Man hat 2 Augen zu wenig. Nur in der Pause
manchmal glaubt man was sehen zu können. Vielleicht holt man in der Pause
immer alles nach, was man in der Stunde versäumt hat! Es kann sein! Das
Mogeln ist schwer wie bei Kranz in der Stunde. Aber jetzt haben wir bei
Wersche Unterricht. Neustadts fliegende Rockschöße sah man noch lange --
Und nun sitzen wir lange! -- Es muß also bald Schluß sein, wenigstens davon,
daß Wersche bei uns ist.
Lohnstein rührt sich langsam und ruft: "Weiß!" Sein Nachbar Levy hat die ersten
Stunden gekichert und gelacht. Jetzt ist er verzweifelt. Saulmann sieht sich nach ihm um; er merkt es nicht, er schläft langsam ein bei der schweren Arbeit
Jemand liest die Resultate vor. Leise und deutlich spricht er, obs richtig
ist, obs falsch ist? Alle lauschen, jeder weiß, wie viel darauf ankommt.
Und wer nicht alles versteht, der ahnt doch einzelne Worte .....27.....
...addieren....log97,5...--Pause. Aber Lohnstein lächelt und flüstert: "Du
hast alles falsch Weiß, sicher, du hast alles falsch abgeschrieben!" Da wendet
sich Weiß erschreckt um und rechnet alles noch einmal.
Man knittert mit dem Butterbrotpapier und dem Frühstück, wartet darauf, daß
Wersche mal auf 208 geht. Aber er geht nicht. Die Aufgaben sind schwer, sie
bedrücken die Gemüter. Die Gesichter werden ernst. Dennoch kichert Krebs
plötzlich los. Er hat einen Zettel gekriegt, darauf steht: "Du bist ein Affe!"
Und da muß er lachen.
Endlich gibt einer ab, dann noch einer, 4, alle 8. Ganz fertig sind sie.-
Man muß sich trennen. "Hast du alle richtig?" "Nein, und du?" - Sie können
nicht auseinander, sie haben sich viel zu erzählen! Und endlich trennt man
sich doch: Auf morgen! Griechisch! .
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24. März 1916 Die Ki - Ka Nr.208
BAU WELT.
Die Zeitung erscheint Bezugsbedingung
einmalig 9 Jahre M - G.
Dem Publikum isgt die Benutzung des Redaktionstelephons streng
verboten.
Motto
Da die Schulzeit nun verflossen,
Haben wir drum unverdrossen
Heut gezogen die Bilanz,-
Lacht nur über uns're Possen,
Nehmt nichts übel - sei's begossen:
HONNY SOIT QUI MAL Y PENSE !
Prüfungsarbeit.
Schreiben, schreiben, schreiben - in der ersten Stunde, in der zweiten Stunde
in der dritten Stunde. Und die Lust ist so klein geworden und die Faulheit so
groß. Es gibt kein Abschreiben mehr, kaum ein Zettelchen. Keiner wagt aufzusehen.
Fremde Lehrer hocken durstig auf dem Katheder. Nirgends ein Bonbon.
Und immer der gleiche Stumpfsinn. Man hat 2 Augen zu wenig. Nur in der Pause
manchmal glaubt man was sehen zu können. Vielleicht holt man in der Pause
immer alles nach, was man in der Stunde versäumt hat! Es kann sein! Das
Mogeln ist schwer wie bei Kranz in der Stunde. Aber jetzt haben wir bei
Wersche Unterricht. Neustadts fliegende Rockschöße sah man noch lange --
Und nun sitzen wir lange! -- Es muß also bald Schluß sein, wenigstens davon,
daß Wersche bei uns ist.
Lohnstein rührt sich langsam und ruft: "Weiß!" Sein Nachbar Levy hat die ersten
Stunden gekichert und gelacht. Jetzt ist er verzweifelt. Saulmann sieht sich nach ihm um; er merkt es nicht, er schläft langsam ein bei der schweren Arbeit
Jemand liest die Resultate vor. Leise und deutlich spricht er, obs richtig
ist, obs falsch ist? Alle lauschen, jeder weiß, wie viel darauf ankommt.
Und wer nicht alles versteht, der ahnt doch einzelne Worte .....27.....
...addieren....log97,5...--Pause.
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Berlin
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- 1285 / 10871
- Contributor
- Rheinboldt, Sigrid
March 24, 1916
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