Erinnerungsbuch, item 33

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- ganz abgesehen von Zerstörungen - stets den Eindruck gänzlicher Vernachlässigung

und Verwahrlosung mit. Ein Fortschritt, ein Erneuerungsbau

z. B. öffentliche Gebäude wie Bahnhöfe z. B. fast nirgends zu finden.

Überall nimmt man den Eindruck mit, für solch eine Provinzstadt

genügts ja! Wie anders dagegen Belgien! Man hat einmal

gesagt, durch ganz Belgien könne man mit der Straßenbahn fahren.

Und es liegt viel Wahrheit darin: reiche Dörfer überall, wohin das Auge

reicht, alles neue Bauten und vor allem sehr gute Straßen und

Schosseen. [=Chausseen] Alles macht im Gegensatz zu Nordfrankreich einen peinlich

sauberen Eindruck. Dieses ist mit seinen ärmlichen, alten, unansehnlichen

Häusern - von Dorf zu Dorf ist eine halbe Tagereise -

garnicht mit Belgien zu vergleichen. Jedoch mit einem Land können

sich beide nicht auf eine Stufe stellen - und das ist nicht etwa

allein meine Privatansicht, sondern vielfach habe ich es gehört -:

und dieses Land ist Deutschland: deutsche Stadt und deutsches Land

bleiben für jedermann unverkennbar, der über die Grenze fährt. Schöne

Heimat, was mußt Du jetzt leiden? - - -

   Doch zurück zur Sache. Eine Wagenfahrt brachte

mich nach Pont à Muzeray einen Munitionsbahnhof in einsamer

Gegend, weit ab von der Stadt, deren Namen er führt.

   Mit Ltn. Rißmann versuchte ich, eine Versöhnung

einzuleiten auf Grund des Entwickelns seiner Bilder, doch änderte das

letzten Endes nichts an unserem Verhältnis zueinander.

   Gegen Ende September kam ich auf Veranlassung

Woidaks als Telephonist auf die Ortskommandantur - Ortskommandant

Graf Pilati von Tassul zu Taxberg, [=Thassul zu Daxberg] ein lieber alter Herr,

wo Lammich schon sozusagen als Landwirtschaftsminister tätig war.

Das wurde eine schöne Zeit. Bei fast gar keinem Dienst beschäftigte

ich mich damit, für mein Studium weiterzuarbeiten, und saß vor

allem während der scheußlichen Regentage am schönen warmen Ofen,

während die andern sich draußen mit nichts beschäftigen mußten,

wie immer.

   Das der Betrieb in der Batterie sich auch nicht

im geringsten geändert hatte, dafür habe ich ein wunderbares Beispiel:

2 Mann verabreden sich, sie wollen sich - während einer gemeinsamen

Wache selbst verstümmeln, um bloß von I. G. B. 27 loszukommen.

Es blieb zwar bei einem einseitigen, aber geglückten Versuch und die

beiden haben durch ihre Aussagen einen so guten Eindruck gemacht und

die Zustände in der Batterie so glaubhaft geschildert, daß ihnen meines

- 24. -

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- ganz abgesehen von Zerstörungen - stets den Eindruck gänzlicher Vernachlässigung

und Verwahrlosung mit. Ein Fortschritt, ein Erneuerungsbau

z. B. öffentliche Gebäude wie Bahnhöfe z. B. fast nirgends zu finden.

Überall nimmt man den Eindruck mit, für solch eine Provinzstadt

genügts ja! Wie anders dagegen Belgien! Man hat einmal

gesagt, durch ganz Belgien könne man mit der Straßenbahn fahren.

Und es liegt viel Wahrheit darin: reiche Dörfer überall, wohin das Auge

reicht, alles neue Bauten und vor allem sehr gute Straßen und

Schosseen. [=Chausseen] Alles macht im Gegensatz zu Nordfrankreich einen peinlich

sauberen Eindruck. Dieses ist mit seinen ärmlichen, alten, unansehnlichen

Häusern - von Dorf zu Dorf ist eine halbe Tagereise -

garnicht mit Belgien zu vergleichen. Jedoch mit einem Land können

sich beide nicht auf eine Stufe stellen - und das ist nicht etwa

allein meine Privatansicht, sondern vielfach habe ich es gehört -:

und dieses Land ist Deutschland: deutsche Stadt und deutsches Land

bleiben für jedermann unverkennbar, der über die Grenze fährt. Schöne

Heimat, was mußt Du jetzt leiden? - - -

   Doch zurück zur Sache. Eine Wagenfahrt brachte

mich nach Pont à Muzeray einen Munitionsbahnhof in einsamer

Gegend, weit ab von der Stadt, deren Namen er führt.

   Mit Ltn. Rißmann versuchte ich, eine Versöhnung

einzuleiten auf Grund des Entwickelns seiner Bilder, doch änderte das

letzten Endes nichts an unserem Verhältnis zueinander.

   Gegen Ende September kam ich auf Veranlassung

Woidaks als Telephonist auf die Ortskommandantur - Ortskommandant

Graf Pilati von Tassul zu Taxberg, [=Thassul zu Daxberg] ein lieber alter Herr,

wo Lammich schon sozusagen als Landwirtschaftsminister tätig war.

Das wurde eine schöne Zeit. Bei fast gar keinem Dienst beschäftigte

ich mich damit, für mein Studium weiterzuarbeiten, und saß vor

allem während der scheußlichen Regentage am schönen warmen Ofen,

während die andern sich draußen mit nichts beschäftigen mußten,

wie immer.

   Das der Betrieb in der Batterie sich auch nicht

im geringsten geändert hatte, dafür habe ich ein wunderbares Beispiel:

2 Mann verabreden sich, sie wollen sich - während einer gemeinsamen

Wache selbst verstümmeln, um bloß von I. G. B. 27 loszukommen.

Es blieb zwar bei einem einseitigen, aber geglückten Versuch und die

beiden haben durch ihre Aussagen einen so guten Eindruck gemacht und

die Zustände in der Batterie so glaubhaft geschildert, daß ihnen meines

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  • May 10, 2018 13:13:59 Chrissie Lutze

    - ganz abgesehen von Zerstörungen - stets den Eindruck gänzlicher Vernachlässigung

    und Verwahrlosung mit. Ein Fortschritt, ein Erneuerungsbau

    z. B. öffentliche Gebäude wie Bahnhöfe z. B. fast nirgends zu finden.

    Überall nimmt man den Eindruck mit, für solch eine Provinzstadt

    genügts ja! Wie anders dagegen Belgien! Man hat einmal

    gesagt, durch ganz Belgien könne man mit der Straßenbahn fahren.

    Und es liegt viel Wahrheit darin: reiche Dörfer überall, wohin das Auge

    reicht, alles neue Bauten und vor allem sehr gute Straßen und

    Schosseen. [=Chausseen] Alles macht im Gegensatz zu Nordfrankreich einen peinlich

    sauberen Eindruck. Dieses ist mit seinen ärmlichen, alten, unansehnlichen

    Häusern - von Dorf zu Dorf ist eine halbe Tagereise -

    garnicht mit Belgien zu vergleichen. Jedoch mit einem Land können

    sich beide nicht auf eine Stufe stellen - und das ist nicht etwa

    allein meine Privatansicht, sondern vielfach habe ich es gehört -:

    und dieses Land ist Deutschland: deutsche Stadt und deutsches Land

    bleiben für jedermann unverkennbar, der über die Grenze fährt. Schöne

    Heimat, was mußt Du jetzt leiden? - - -

       Doch zurück zur Sache. Eine Wagenfahrt brachte

    mich nach Pont à Muzeray einen Munitionsbahnhof in einsamer

    Gegend, weit ab von der Stadt, deren Namen er führt.

       Mit Ltn. Rißmann versuchte ich, eine Versöhnung

    einzuleiten auf Grund des Entwickelns seiner Bilder, doch änderte das

    letzten Endes nichts an unserem Verhältnis zueinander.

       Gegen Ende September kam ich auf Veranlassung

    Woidaks als Telephonist auf die Ortskommandantur - Ortskommandant

    Graf Pilati von Tassul zu Taxberg, [=Thassul zu Daxberg] ein lieber alter Herr,

    wo Lammich schon sozusagen als Landwirtschaftsminister tätig war.

    Das wurde eine schöne Zeit. Bei fast gar keinem Dienst beschäftigte

    ich mich damit, für mein Studium weiterzuarbeiten, und saß vor

    allem während der scheußlichen Regentage am schönen warmen Ofen,

    während die andern sich draußen mit nichts beschäftigen mußten,

    wie immer.

       Das der Betrieb in der Batterie sich auch nicht

    im geringsten geändert hatte, dafür habe ich ein wunderbares Beispiel:

    2 Mann verabreden sich, sie wollen sich - während einer gemeinsamen

    Wache selbst verstümmeln, um bloß von I. G. B. 27 loszukommen.

    Es blieb zwar bei einem einseitigen, aber geglückten Versuch und die

    beiden haben durch ihre Aussagen einen so guten Eindruck gemacht und

    die Zustände in der Batterie so glaubhaft geschildert, daß ihnen meines

    - 24. -

  • May 9, 2018 13:02:32 Chrissie Lutze

    - ganz abgesehen von Zerstörungen - stets den Eindruck gänzlicher Vernachlässigung

    und Verwahrlosung mit. Ein Fortschritt, ein Erneuerungsbau

    z. B. öffentliche Gebäude wie Bahnhöfe z. B. fast nirgends zu finden.

    Überall nimmt man den Eindruck mit, für solch eine Provinzstadt

    genügts ja! Wie anders dagegen Belgien! Man hat einmal

    gesagt, durch ganz Belgien könne man mit der Straßenbahn fahren.

    Und es liegt viel Wahrheit darin: reiche Dörfer überall, wohin das Auge

    reicht, alles neue Bauten und vor allem sehr gute Straßen und

    Schosseen. [=Chausseen] Alles macht im Gegensatz zu Nordfrankreich einen peinlich

    sauberen Eindruck. Dieses ist mit seinen ärmlichen, alten, unansehnlichen

    Häusern - von Dorf zu Dorf ist eine halbe Tagereise -

    garnicht mit Belgien zu vergleichen. Jedoch mit einem Land können

    sich beide nicht auf eine Stufe stellen - und das ist nicht etwa

    allein meine Privatansicht, sondern vielfach habe ich es gehört -:

    und dieses Land ist Deutschland: deutsche Stadt und deutsches Land

    bleiben für jedermann unverkennbar, der über die Grenze fährt. Schöne

    Heimat, was mußt Du jetzt leiden? - - -

       Doch zurück zur Sache. Eine Wagenfahrt brachte

    mich nach Pont à Muzeray einen Munitionsbahnhof in einsamer

    Gegend, weit ab von der Stadt, deren Namen er führt.

       Mit Ltn. Rißmann versuchte ich, eine Versöhnung

    einzuleiten auf Grund des Entwickelns seiner Bilder, doch änderte das

    letzten Endes nichts an unserem Verhältnis zueinander.

       Gegen Ende September kam ich auf Veranlassung

    Woidaks als Telephonist auf die Ortskommandantur - Ortskommandant

    Graf Pilati von Tassul zu Taxberg, [=Thassul zu Daxberg] ein lieber alter Herr,

    wo Lammich schon sozusagen als Landwirtschaftsminister tätig war.

    Das wurde eine schöne Zeit. Bei fast gar keinem Dienst beschäftigte

    ich mich damit, für mein Studium weiterzuarbeiten, und saß vor

    allem während der scheußlichen Regentage am schönen warmen Ofen,

    während die andern sich draußen mit nichts beschäftigen mußten,

    wie immer.

       Das der Betrieb in der Batterie sich auch nicht

    im geringsten geändert hatte, dafür habe ich ein wunderbares Beispiel:

    2 Mann verabreden sich, sie wollen sich - während einer gemeinsamen

    Wache selbst verstümmeln, um bloß von I. G. R. 27 loszukommen.

    Es blieb zwar bei einem einseitigen, aber geglückten Versuch und die

    beiden haben durch ihre Aussagen einen so guten Eindruck gemacht und

    die Zustände in der Batterie so glaubhaft geschildert, daß ihnen meines

    - 24. -


  • May 9, 2018 12:54:52 Chrissie Lutze

    - ganz abgesehen von Zerstörungen - stets den Eindruck gänzlicher Vernachlässigung

    und Verwahrlosung mit. Ein Fortschritt, ein Erneuerungsbau

    z. B. öffentliche Gebäude wie Bahnhöfe z. B. fast nirgends zu finden.

    Überall nimmt man den Eindruck mit, für solch eine Provinzstadt

    genügts ja! Wie anders dagegen Belgien! Man hat einmal

    gesagt, durch ganz Belgien könne man mit der Straßenbahn fahren.

    Und es liegt viel Wahrheit darin: reiche Dörfer überall, wohin das Auge

    reicht, alles neue Bauten und vor allem sehr gute Straßen und

    Schosseen. [=Chausseen] Alles macht im Gegensatz zu Nordfrankreich einen peinlich

    sauberen Eindruck. Dieses ist mit seinen ärmlichen, alten, unansehnlichen

    Häusern - von Dorf zu Dorf ist eine halbe Tagereise -

    garnicht mit Belgien zu vergleichen. Jedoch mit einem Land können

    sich beide nicht auf eine Stufe stellen - und das ist nicht etwa

    allein meine Privatansicht, sondern vielfach habe ich es gehört -:

    und dieses Land ist Deutschland: deutsche Stadt und deutsches Land

    bleiben für jedermann unverkennbar, der über die Grenze fährt. Schöne

    Heimat, was mußt Du jetzt leiden? - - -

       Doch zurück zur Sache. Eine Wagenfahrt brachte

    mich nach Pont à Muzerang  einen Munitionsbahnhof in einsamer

    Gegend, weit ab von der Stadt, deren Namen er führt.

       Mit Ltn. Rißmann versuchte ich, eine Versöhnung

    einzuleiten auf Grund des Entwickelns seiner Bilder, doch änderte das

    letzten Endes nichts an unserem Verhältnis zueinander.

       Gegen Ende September kam ich auf Veranlassung

    Woidaks als Telephonist auf die Ortskommandantur - Ortskommandant

    Graf Pilati von Tassul zu Taxberg, [=Thassul zu Daxberg] ein lieber alter Herr,

    wo Lammich schon sozusagen als Landwirtschaftsminister tätig war.

    Das wurde eine schöne Zeit. Bei fast gar keinem Dienst beschäftigte

    ich mich damit, für mein Studium weiterzuarbeiten, und saß vor

    allem während der scheußlichen Regentage am schönen warmen Ofen,

    während die andern sich draußen mit nichts beschäftigen mußten,

    wie immer.

       Das der Betrieb in der Batterie sich auch nicht

    im geringsten geändert hatte, dafür habe ich ein wunderbares Beispiel:

    2 Mann verabreden sich, sie wollen sich - während einer gemeinsamen

    Wache selbst verstümmeln, um bloß von I. G. R. 27 loszukommen.

    Es blieb zwar bei einem einseitigen, aber geglückten Versuch und die

    beiden haben durch ihre Aussagen einen so guten Eindruck gemacht und

    die Zustände in der Batterie so glaubhaft geschildert, daß ihnen meines

    - 24. -


  • May 9, 2018 12:53:37 Chrissie Lutze

    - ganz abgesehen von Zerstörungen - stets den Eindruck gänzlicher Vernachlässigung

    und Verwahrlosung mit. Ein Fortschritt, ein Erneuerungsbau

    z. B. öffentliche Gebäude wie Bahnhöfe z. B. fast nirgends zu finden.

    Überall nimmt man den Eindruck mit, für solch eine Provinzstadt

    genügts ja! Wie anders dagegen Belgien! Man hat einmal

    gesagt, durch ganz Belgien könne man mit der Straßenbahn fahren.

    Und es liegt viel Wahrheit darin: reiche Dörfer überall, wohin das Auge

    reicht, alles neue Bauten und vor allem sehr gute Straßen und

    Schosseen. [=Chausseen] Alles macht im Gegensatz zu Nordfrankreich einen peinlich

    sauberen Eindruck. Dieses ist mit seinen ärmlichen, alten, unansehnlichen

    Häusern - von Dorf zu Dorf ist eine halbe Tagereise -

    garnicht mit Belgien zu vergleichen. Jedoch mit einem Land können

    sich beide nicht auf eine Stufe stellen - und das ist nicht etwa

    allein meine Privatansicht, sondern vielfach habe ich es gehört -:

    und dieses Land ist Deutschland: deutsche Stadt und deutsches Land

    bleiben für jedermann unverkennbar, der über die Grenze fährt. Schöne

    Heimat, was mußt Du jetzt leiden? - - -

       Doch zurück zur Sache. Eine Wagenfahrt brachte

    mich nach Pont à Muzerang  einen Munitionsbahnhof in einsamer

    Gegend, weit ab von der Stadt, deren Namen er führt.

       Mit Ltn. Rißmann versuchte ich, eine Versöhnung

    einzuleiten auf Grund des Entwickelns seiner Bilder, doch änderte das

    letzten Endes nichts an unserem Verhältnis zueinander.

       Gegen Ende September kam ich auf Veranlassung

    Woidaks als Telephonist auf die Ortskommandantur - Ortskommandant

    Graf Pilati von Tassul zu Taxberg, [=Thassul zu Daxberg] ein lieber alter Herr,

    wo Lammich schon sozusagen als Landwirtschaftsminister tätig war.

    Das wurde eine schöne Zeit. Bei fast gar keinem Dienst beschäftigte

    ich mich damit, für mein Studium weiterzuarbeiten, und saß vor

    allem während der scheußlichen Regentage am schönen warmen Ofen,

    während die andern sich draußen mit nichts beschäftigen mußten,

    wie immer.

       Das der Betrieb in der Batterie sich auch nicht

    im geringsten geändert hatte, dafür habe ich ein wunderbares Beispiel:

    2 Mann verabreden sich, sie wollen sich - während einer gemeinsamen

    Wache selbst verstümmeln, um bloß von I. G. B. 27 loszukommen.

    Es blieb zwar bei einem einseitigen, aber geglückten Versuch und die

    beiden haben durch ihre Aussagen einen so guten Eindruck gemacht und

    die Zustände in der Batterie so glaubhaft geschildert, daß ihnen meines

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  • December 16, 2017 13:42:24 Daniela Z

    - ganz abgesehen von zerstörungen - stets den Eindruck gänzlicher Vernachlässigung

    und Verwahrlosung mit. Ein Fortschritt, ein Erneuerungsbau

    z. B. öffentliche Gebäude wie Bahnhöfe z. B. fast nirgends zu finden.

    Überall nimmt man den Eindruck mit, für solch eine Provinzstadt

    genügts ja! Wie anders dagegen Belgien! Man hat einmal

    gesagt, durch ganz Belgien könne man mit der Straßenbahn fahren.

    Und es liegt viel Wahrheit darin: reiche Dörfer überall, wohin das Auge

    reicht, alles neue Bauten und vor allem sehr gute Straßen und

    Schosseen. [=Chausseen] Alles macht im Gegensatz zu Nordfrankreich einen peinlich

    sauberen Eindruck. Dieses ist mit seinen ärmlichen, alten, unansehnlichen

    Häusern - von Dorf zu Dorf ist eine halbe Tagereise -

    garnicht mit Belgien zu vergleichen. Jedoch mit einem Lande können

    sich beide nicht auf eine Stufe stellen - und das ist nicht etwa

    allein meine Privatansicht, sondern vielfach habe ich es gehört -:

    und dieses Land ist Deutschland: deutsche Stadt und deutsches Land

    bleiben für jedermann unverkennbar, der über die Grenze fährt. Schöne

    Heimat, was mußt Du jetzt leiden? - - -

       Doch zurück zur Sache. Eine Wagenfahrt brachte

    mich nach Pont à Muzerang  einen Munitionsbahnhof in einsamer

    Gegend, weit ab von der Stadt, deren Namen er führt.

       Mit Ltn. Rißmann versuchte ich, eine Versöhnung

    einzuleiten auf Grund des Entwickelns seiner Bilder, doch änderte das

    letzten Endes nichts an unserem Verhätnis zu einander.

       Gegen Ende September kam ich auf Veranlassung

    Woidaks als Telephonist auf die Ortskommandantur - Ortskommandant

    Graf Pilati von Tassul zu Taxberg, [=Thassul zu Daxberg] ein lieber alter Herr,

    wo Lammich schon sozusagen als Landwirtschaftsminister tätig war.

    Das wurde eine schöne Zeit. Bei fast gar keinem Dienst beschäftigte

    ich mich damit, für mein Studium weiterzuarbeiten, und saß vor

    allem während der scheußlichen Regentage am schönen warmen Ofen,

    während die andern sich draußen mit nichts beschäftigen mußten,

    wie immer.

       Das der Betrieb in der Batterie sich auch nicht

    im geringsten geändert hatte, dafür habe ich ein wunderbares Beispiel:

    2 Mann verabreden sich, sie wollen sich - während einer gemeinsamen

    Wache selbst verstümmeln, um bloß von I. G. B. 27 loszukommen.

    Es blieb zwar bei einem einseitigen, aber geglückten Versuch und die

    beiden haben durch ihre Aussagen einen so guten Eindruck gemacht und

    die Zustände in der Batterie so glaubhaft geschildert, daß ihnen meines


  • December 16, 2017 13:40:42 Daniela Z

    - ganz abgesehen von zerstörungen - stets den Eindruck gänzlicher Vernachlässigung

    und Verwahrlosung mit. Ein Fortschritt, ein Erneuerungsbau

    z. B. öffentliche Gebäude wie Bahnhöfe z. B. fast nirgends zu finden.

    Überall nimmt man den Eindruck mit, für solch eine Provinzstadt

    genügts ja! Wie anders dagegen Belgien! Man hat einmal

    gesagt, durch ganz Belgien könne man mit der Straßenbahn fahren.

    Und es liegt viel Wahrheit darin: reiche Dörfer überall, wohin das Auge

    reicht, alles neue Bauten und vor allem sehr gute Straßen und

    Schosseen. [=Chausseen] Alles macht im Gegensatz zu Nordfrankreich einen peinlich

    sauberen Eindruck. Dieses ist mit seinen ärmlichen, alten, unansehnlichen

    Häusern - von Dorf zu Dorf ist eine halbe Tagereise -

    garnicht mit Belgien zu vergleichen. Jedoch mit einem Lande können

    sich beide nicht auf eine Stufe stellen - und das ist nicht etwa

    allein meine Privatansicht, sondern vielfach habe ich es gehört -:

    und dieses Land ist Deutschland: deutsche Stadt und deutsches Land

    bleiben für jedermann unverkennbar, der über die Grenze fährt. Schöne

    Heimat, was mußt Du jetzt leiden? - - -

       Doch zurück zur Sache. Eine Wagenfahrt brachte

    mich nach Pont à Muzerang  einen Munitionsbahnhof in einsamer

    Gegend, weit ab von der Stadt, deren Namen er führt.

       Mit Ltn. Rißmann versuchte ich, eine Versöhnung

    einzuleiten auf Grund des Entwickelns seiner Bilder, doch änderte das

    letzten Endes nichts an unserem Verhätnis zu einander.

       Gegen Ende September kam ich auf Veranlassung

    Woidaks als Telephonist auf die Ortskommandantur - Ortskommandant

    Graf Pilati von Tassul zu Taxberg, [=Thassul zu Daxberg] ein lieber alter Herr,

    wo Lammich schon sozusagen als Landwirtschaftsminister tätig war.

    Das wurde eine schöne Zeit. Bei fast gar keinem Dienst beschäftigte

    ich mich damit, für mein Studium weiterzuarbeiten, und saß vor

    allem während der scheußlichen Regentage am schönen warmen Ofen,

    während die andern sich draußen mit nichts beschäftigen mußten,

    wie immer.

       Das der Betrieb in der Batterie sich auch nicht

    im geringsten geändert hatte, dafür habe ich ein wunderbares Beispiel:

    2 Mann verabreden sich, sie wollen sich - während einer gemeinsamen

    Wache selbst verstümmeln, um bloß von I. G. B. 27 loszukommen.

    Es blieb zwar bei einem einseitigen, aber geglückten Versuch und die

    beiden haben durch ihre Aussagen einen so guten Eindruck gemacht und

    die Zustände in der Batterie so glaubhaft geschildert, daß ihnen meines


  • December 16, 2017 13:34:46 Daniela Z

    - ganz abgesehen von zerstörungen - stets den Eindruck gänzlicher Vernachlässigung

    und Verwahrlosung mit. Ein Fortschritt, ein Erneuerungsbau

    z. B. öffentliche Gebäude wie Bahnhöfe z. B. fast nirgends zu finden.

    Überall nimmt man den Eindruck mit, für solch eine Provinzstadt

    genügts ja! Wie anders dagegen Belgien! Man hat einmal

    gesagt, durch ganz Belgien könne man mit der Straßenbahn fahren.

    Und es liegt viel Wahrheit darin: reiche Dörfer überall, wohin das Auge

    reicht, alles neue Bauten und vor allem sehr gute Straßen und

    Schosseen. [=Chausseen] Alles macht im Gegensatz zu Nordfrankreich einen peinlich

    sauberen Eindruck. Dieses ist mit seinen ärmlichen, alten, unansehnlichen

    Häusern - von Dorf zu Dorf ist eine halbe Tagereise -

    garnicht mit Belgien zu vergleichen. Jedoch mit einem Lande können

    sich beide nicht auf eine Stufe stellen - und das ist nicht etwa

    allein meine Privatansicht, sondern vielfach habe ich es gehört -:

    und dieses Land ist Deutschland: deutsche Stadt und deutsches Land

    bleiben für jedermann unverkennbar, der über die Grenze fährt. Schöne

    Heimat, was mußt Du jetzt leiden? - - -

       Doch zurück zur Sache. Eine Wagenfahrt brachte

    mich nach Pont à Muzerang  einen Munitionsbahnhof in einsamer

    Gegend, weit ab von der Stadt, deren Namen er führt.

       Mit Ltn. Rißmann versuchte ich, eine Versöhnung

    einzuleiten auf Grund des Entwickelns seiner Bilder, doch änderte das

    letzten Endes nichts an unserem Verhätnis zu einander.

       Gegen Ende September kam ich auf Veranlassung

    Woidaks als Telephonist auf die Ortskommandantur - Ortskommandant

    Graf Pilati von Tassul zu Taxberg, [=Thassul zu Daxberg] ein lieber alter Herr,

    wo Lammich schon sozusagen als Landwirtschaftsminister tätig war.

    Das wurde eine schöne Zeit. Bei fast gar keinem Dienst beschäftigte

    ich mich damit, für mein Studium weiterzuarbeiten, und saß vor

    allem während der scheußlichen Regentage am schönen warmen Ofen,

    während die andern sich draußen mit nichts beschäftigen mußten,

    wie immer.

       Das der Betrieb in der Batterie sich auch nicht

    im geringsten geändert hatte, dafür habe ich ein wunderbares Beispiel:

    2 Mann verabreden sich, sie wollen sich - während einer gemeinsamen

    Wache selbst verstümmeln, um bloß von I. G. B. 27 loszukommen.

    Es blieb zwar bei einem einseitigen, aber geglückten Versuch und die

    beiden haben durch ihre Aussagen einen so guten Eindruck gemacht und

    die Zustände in der Batterie so glaubhaft geschildert, daß ihnen meines


  • December 16, 2017 13:23:31 Daniela Z

    - ganz abgesehen von zerstörungen - stets den Eindruck gänzlicher Vernachlässigung

    und Verwahrlosung mit. Ein Fortschritt, ein Erneuerungsbau

    z. B. öffentliche Gebäude wie Bahnhöfe z. B. fast nirgends zu finden.

    Überall nimmt man den Eindruck mit, für solch eine Provinzstadt

    genügts ja! Wie anders dagegen Belgien! Man hat einmal

    gesagt, durch ganz Belgien könne man mit der Straßenbahn fahren.

    Und es liegt viel Wahrheit darin: reiche Dörfer überall, wohin das Auge

    reicht, alles neue Bauten und vor allem sehr gute Straßen und

    Schosseen. [=Chausseen] Alles macht im Gegensatz zu Nordfrankreich einen peinlich

    sauberen Eindruck. Dieses ist mit seinen ärmlichen, alten, unansehnlichen

    Häusern - von Dorf zu Dorf ist eine halbe Tagereise -

    garnicht mit Belgien zu vergleichen. Jedoch mit einem Lande können

    sich beide nicht auf eine Stufe stellen - und das ist nicht etwa

    allein meine Privatansicht, sondern vielfach habe ich es gehört -:

    und dieses Land ist Deutschland: deutsche Stadt und deutsches Land

    bleiben für jedermann unverkennbar, der über die Grenze fährt. Schöne

    Heimat, was mußt Du jetzt leiden? - - -

       Doch zurück zur Sache. Eine Wagenfahrt brachte

    mich nach Pont à Muzerang  einen Munitionsbahnhof in einsamer

    Gegend, weit ab von der Stadt, deren Namen er führt.

       Mit Ltn. Rißmann versuchte ich, eine Versöhnung

    einzuleiten auf Grund des Entwickelns seiner Bilder, doch änderte das

    letzten Endes nichts an unserem Verhätnis zu einander.

       Gegen Ende September kam ich auf Veranlassung

    Woidaks als Telephonist auf die Ortskommandantur - Ortskommandant

    Graf Pilsti von Tassul zu Tazberg, ein lieber alter Herr,

    wo Lammich schon sozusagen als Landwirtschaftsminister tätig war.

    Das wurde eine schöne Zeit. Bei fast gar keinem Dienst beschäftigte

    ich mich damit, für mein Studium weiterzuarbeiten, und saß vor

    allem während der scheußlichen Regentage am schönen warmen Ofen,

    während die andern sich draußen mit nichts beschäftigen mußten,

    wie immer.

       Das der Betrieb in der Batterie sich auch nicht

    im geringsten geändert hatte, dafür habe ich ein wunderbares Beispiel:

    2 Mann verabreden sich, sie wollen sich - während einer gemeinsamen

    Wache selbst verstümmeln, um bloß von I. G. B. 27 loszukommen.

    Es blieb zwar bei einem einseitigen, aber geglückten Versuch und die

    beiden haben durch ihre Aussagen einen so guten Eindruck gemacht und

    die Zustände in der Batterie so glaubhaft geschildert, daß ihnen meines


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    Muzeray

  • 52.5234051||13.4113999||

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1285 / 10776
Source
http://europeana1914-1918.eu/...
Contributor
Rheinboldt, Sigrid
License
http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/


1917 – Sep, 1917
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