Kriegserinnerungen der Lazarettschwester Marie Delius, geb. Schiele, item 28
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d. 18. Jan. Ich habe lange nicht geschrieben, die
Nächte waren z. T. recht unruhig, oder ich war zu müde. Wir haben die
ganze Baracke voller Typhuskranker und es geht die ganze Nacht mit
Töpfchen, Becken, kaltem und warmem Trinken, Einnehmen, Eisblasenfüllen,
Erbrechen, Nasen- und Darmbluten und Fieberdelirium. Die fast zum
Zweikampf führen und sehr lächerlich sind. Es ist rührend, wie die großen
starken Männer sich von den Schwestern besorgen lassen. Fast alle werden
sehr nett, auch wenn sie zuerst noch "wüscht" scheinen, z. B. Müller 1.
Ich habe allerlei Interessantes auch am Tage erlebt. So war ich eines
Tages mit Schw. Berta und 2 Soldaten in dem unterirdischen Gang, der von
St. Sauveur in eins der zusammengeschlossenen Forts führt. Wir fanden
nichts Besonders. , immerhin hat der Gang wohl seinen Zweck, da er
tadellos angelegt und erhalten war bis zum Ausgang, der bei der Beschießung am
17.10.14 verschüttet ist. Ich hatte geglaubt, in einer Nacht etwas zu sehen
in einem der vielen kleinen, winkligen Höfe, die der Baracke gegenüber-
liegen in hatte auf Untersuchung des Ganges gedrungen. Auch heute nacht
sah ich deutlich einen Lichtschein, der da nicht hingehörte. Es ist
zuweilen etwas unheimlich. Sodann habe ich einen Schützengraben gesehen.
Freilich keinen bewohnte, sondern einen frisch hergestellten, aber wie
sah der aus! So etwas von gelbem Schlamm und unergründlichem Morast
kann man sich gar nicht vorstellen. Ich bin keine 10 Schritte weit
gekommen, ich wäre einfach steckengeblieben. Und darin leben und schießen
unsere Truppen nun seit Monaten. Es ist ein Wunder, daß nicht alle krank
werden, es ist wirklich Heldentum. Und dabei sind sie noch seelenvergnügt,
wie mir Martin Wogemeier versichert, der selbst dort liegt und mich
dieser Tage besuchte. Auch Karl aus Schildesche mit. Wie froh wird Rudolf sein. Wir erwarten
eigentlich bald hier fortzukommen. Lille kommt unter deutsche,
wahrscheinlich bayrische Zivilverwaltung, alles bei uns wird bayrisch, sie Ziehen
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d. 18. Jan. Ich habe lange nicht geschrieben, die
Nächte waren z. T. recht unruhig, oder ich war zu müde. Wir haben die
ganze Baracke voller Typhuskranker und es geht die ganze Nacht mit
Töpfchen, Becken, kaltem und warmem Trinken, Einnehmen, Eisblasenfüllen,
Erbrechen, Nasen- und Darmbluten und Fieberdelirium. Die fast zum
Zweikampf führen und sehr lächerlich sind. Es ist rührend, wie die großen
starken Männer sich von den Schwestern besorgen lassen. Fast alle werden
sehr nett, auch wenn sie zuerst noch "wüscht" scheinen, z. B. Müller 1.
Ich habe allerlei Interessantes auch am Tage erlebt. So war ich eines
Tages mit Schw. Berta und 2 Soldaten in dem unterirdischen Gang, der von
St. Sauveur in eins der zusammengeschlossenen Forts führt. Wir fanden
nichts Besonders. , immerhin hat der Gang wohl seinen Zweck, da er
tadellos angelegt und erhalten war bis zum Ausgang, der bei der Beschießung am
17.10.14 verschüttet ist. Ich hatte geglaubt, in einer Nacht etwas zu sehen
in einem der vielen kleinen, winkligen Höfe, die der Baracke gegenüber-
liegen in hatte auf Untersuchung des Ganges gedrungen. Auch heute nacht
sah ich deutlich einen Lichtschein, der da nicht hingehörte. Es ist
zuweilen etwas unheimlich. Sodann habe ich einen Schützengraben gesehen.
Freilich keinen bewohnte, sondern einen frisch hergestellten, aber wie
sah der aus! So etwas von gelbem Schlamm und unergründlichem Morast
kann man sich gar nicht vorstellen. Ich bin keine 10 Schritte weit
gekommen, ich wäre einfach steckengeblieben. Und darin leben und schießen
unsere Truppen nun seit Monaten. Es ist ein Wunder, daß nicht alle krank
werden, es ist wirklich Heldentum. Und dabei sind sie noch seelenvergnügt,
wie mir Martin Wogemeier versichert, der selbst dort liegt und mich
dieser Tage besuchte. Auch Karl aus Schildesche mit. Wie froh wird Rudolf sein. Wir erwarten
eigentlich bald hier fortzukommen. Lille kommt unter deutsche,
wahrscheinlich bayrische Zivilverwaltung, alles bei uns wird
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d. 18. Jan. Ich habe lange nicht geschrieben, die
Nächte waren z. T. recht unruhig, oder ich war zu müde. Wir haben die
ganze Baracke voller Typhuskranker und es geht die ganze Nacht mit
Töpfchen, Becken, kaltem und warmem Trinken, Einnehmen, Eisblasenfüllen,
Erbrechen, Nasen- und Darmbluten und Fieberdelirium. Die fast zum
Zweikampf führen und sehr lächerlich sind. Es ist rührend, wie die großen
starken Männer sich von den Schwestern besorgen lassen. Fast alle werden
sehr nett, auch wenn sie zuerst noch "wüscht" scheinen, z. B. Müller 1.
Ich habe allerlei Interessantes auch am Tage erlebt. So war ich eines
Tages mit Schw. Berta und 2 Soldaten in dem unterirdischen Gang, der von
St. Sauveur in eins der zusammengeschlossenen Forts führt. Wir fanden
nichts Besonders. , immerhin hat der Gang wohl seinen Zweck, da er
tadellos angelegt und erhalten war bis zum Ausgang, der bei der Beschießung am
17.10.14 verschüttet ist. Ich hatte geglaubt, in einer Nacht etwas zu sehen
in einem der vielen kleinen, winkligen Höfe, die der Baracke gegenüber-
liegen in hatte auf Untersuchung des Ganges gedrungen. Auch heute nacht
sah ich deutlich einen Lichtschein, der da nicht hingehörte. Es ist
zuweilen etwas unheimlich. Sodann habe ich einen Schützengraben gesehen.
Freilich keinen bewohnte, sondern einen frisch hergestellten, aber wie
sah der aus! So etwas von gelbem Schlamm und unergründlichem Morast
kann man sich gar nicht vorstellen. Ich bin keine 10 Schritte weit
gekommen, ich wäre einfach steckengeblieben. Und darin leben und schießen
unsere Truppen nun seit Monaten. Es ist ein Wunder, daß nicht alle krank
werden, es ist wirklich Heldentum. Und dabei sind sie noch seelenvergnügt,
wie mir Martin Wogemeier versichert, der selbst dort liegt und mich
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d. 18. Jan. Ich habe lange nicht geschrieben, die
Nächte waren z. T. recht unruhig, oder ich war zu müde. Wir haben die
ganze Baracke voller Typhuskranker und es geht die ganze Nacht mit
Töpfchen, Becken, kaltem und warmem Trinken, Einnehmen, Eisblasenfüllen,
Erbrechen, Nasen- und Darmbluten und Fieberdelirium. Die fast zum
Zweikampf führen und sehr lächerlich sind. Es ist rührend, wie die großen
starken Männer sich von den Schwestern besorgen lassen. Fast alle werden
sehr nett, auch wenn sie zuerst noch "wüscht" scheinen, z. B. Müller 1.
Ich habe allerlei Interessantes auch am Tage erlebt. So war ich eines
Tages mit Schw. Berta und 2 Soldaten in dem unterirdischen Gang, der von
St. Sauveur in eins der zusammengeschlossenen Forts führt. Wir fanden
nichts Besonders. , immerhin hat der Gang wohl seinen Zweck, da er
tadellos angelegt und erhalten war bis zum Ausgang, der bei der Beschießung am
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d. 18. Jan. Ich habe lange nicht geschrieben, die
Nächte waren z. T. recht unruhig, oder ich war zu müde. Wir haben die
ganze Baracke voller Typhuskranker und es geht die ganze Nacht mit
Töpfchen, Becken, kaltem und warmem Trinken, Einnehmen, Eisblasenfüllen,
Erbrechen, Nasen- und Darmbluten und Fieberdelirium. Die fast zum
Zweikampf führen und sehr lächerlich sind. Es ist rührend, wie die großen
starken Männer sich von den Schwestern besorgen lassen. Fast alle werden
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Save description- 50.62932559999999||3.0568347999999332||||1
Lille, Neu Sandec
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Story location Lille, Neu Sandec
- ID
- 12644 / 148888
- Contributor
- Friedrich Delius
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- Eastern Front
- Western Front
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