Kriegserinnerungen der Lazarettschwester Marie Delius, geb. Schiele, item 20

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--10--

den 22. Nov.                                      Heute ist der dritte Sonntag in

meiner Baracke. Wieder bin ich nicht zur Kirche gekommen, es ist mir

ordentlich schwer, man hat es nötig. Seit ein paar Tagen habe ich einen

jungen Herrn von Gröning auf meiner Station, einen Verwandten von Ada.

Seine eigene Schwester, eine Krankenschwester Erna hat ihn aus dem

Feldlazarett hierher gebracht, damit er Dauerbäder nehmen kann. Der arme

Kerl hat nicht weniger als 13 Verletzungen, darunter einen Leberschuß,

eine Wunde von mehr als Tellergröße bis auf den Knochen und einen

Knochenschuß durch den Fuß. Es wird fast unmöglich sein, ihn durchzu-

bringen, das ist ein Jammer, es mit anzusehen. Das erste Mal dauerte

der Verband 3/4 Stunde. Die Schwester ist sehr nett und Pflegt den Bruder

rührend. Sonst ist wohl alles in seinem gewohnten Gang gegangen, reichlich

Arbeit, aber nicht zuviel, etwas müde werde ich jetzt aber doch. Es

ist kalt draußen. Wie es in der Welt aussieht, wissen wir nicht, in

den Zeitungensteht nicht viel Gescheutes. Briefe habe ich keinen

weiter bekommen. Es ist in der letzten Zeit eigentlich gar nicht mehr

kriegsmäßig zugegangen, oder hat man sich so gewöhnt ?

Außer daß einem so viel fehlt, z.B. Verbandssachen, Wasserkissen, Luft-

kränze, Butter, Zucker, Salz und allerlei Bequemlichkeiten, geht es

fast wie im Frieden zu. Übrigens soll unser Haus so eine Art Univers-

sitätsklinik sein, d.h. Das Haus gehört den Nonnen, aber die ver-

schiedenen Universitätsprofessoren belegen ihre Abteilungen darin.

Man kann nicht begreifen, daß das Haus dann nicht besser ausgerüstet ist

mit Wäsche, Matratzen, Instrumenten etc. Ich bin der festen Meinung, sie

haben viel versteckt.

den 30. Nov.                                      Schon am 26. ist der junge Herr von

Gröning gestorben, das Herz hielt es nicht länger aus, er ist uns auf dem

Verbandstisch sanft eingeschlafen. Es war sehr schwer für die Schwester,

aber wir waren alle froh, dass es passierte, als sie dabei war. Sie

hat ihn mit in die Heimat genommen. Es ist schrecklich, wie feine und

gebildete Menschen dann so in der Schwäche und im Fieber oft ordinäre

Ausdrücke gebrauchen, das schneidt einen direkt ins Herz. Aus eine

andere böse Erfahrung muß man machen. Ich hatte gemeint, alles

Gemeine und Schlechte wäre in dieser großen Zeit, wenn auch nicht ver-

gangen, so doch ganz zurückgedrängt, nun zeigt sich, daß es doch

stärker ist als Begeisterung, Todesnot und Strapazen.Nebenan von meiner

Baracke ist eine ganze Station voll geschlechtskranker Soldaten ein-

gerichtet, einfache Soldaten und höhere, Auf Befehl des Arztes muß

unsere gute tüchtige Schwester Berta Link vom Badischen Roten

Kreuz dort pflegen, alles Widerstreben half ihr nicht, Sie ist sehr zu

bedauern, denn da gehörte wirklich ein Mann hin, Sie wäre anderswo

so prachtvoll zu gebrauchen, jmd braucht das nicht einmal in Heidelberg

 unter dem gestrichenen "jmd" und

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den 22. Nov.                                      Heute ist der dritte Sonntag in

meiner Baracke. Wieder bin ich nicht zur Kirche gekommen, es ist mir

ordentlich schwer, man hat es nötig. Seit ein paar Tagen habe ich einen

jungen Herrn von Gröning auf meiner Station, einen Verwandten von Ada.

Seine eigene Schwester, eine Krankenschwester Erna hat ihn aus dem

Feldlazarett hierher gebracht, damit er Dauerbäder nehmen kann. Der arme

Kerl hat nicht weniger als 13 Verletzungen, darunter einen Leberschuß,

eine Wunde von mehr als Tellergröße bis auf den Knochen und einen

Knochenschuß durch den Fuß. Es wird fast unmöglich sein, ihn durchzu-

bringen, das ist ein Jammer, es mit anzusehen. Das erste Mal dauerte

der Verband 3/4 Stunde. Die Schwester ist sehr nett und Pflegt den Bruder

rührend. Sonst ist wohl alles in seinem gewohnten Gang gegangen, reichlich

Arbeit, aber nicht zuviel, etwas müde werde ich jetzt aber doch. Es

ist kalt draußen. Wie es in der Welt aussieht, wissen wir nicht, in

den Zeitungensteht nicht viel Gescheutes. Briefe habe ich keinen

weiter bekommen. Es ist in der letzten Zeit eigentlich gar nicht mehr

kriegsmäßig zugegangen, oder hat man sich so gewöhnt ?

Außer daß einem so viel fehlt, z.B. Verbandssachen, Wasserkissen, Luft-

kränze, Butter, Zucker, Salz und allerlei Bequemlichkeiten, geht es

fast wie im Frieden zu. Übrigens soll unser Haus so eine Art Univers-

sitätsklinik sein, d.h. Das Haus gehört den Nonnen, aber die ver-

schiedenen Universitätsprofessoren belegen ihre Abteilungen darin.

Man kann nicht begreifen, daß das Haus dann nicht besser ausgerüstet ist

mit Wäsche, Matratzen, Instrumenten etc. Ich bin der festen Meinung, sie

haben viel versteckt.

den 30. Nov.                                      Schon am 26. ist der junge Herr von

Gröning gestorben, das Herz hielt es nicht länger aus, er ist uns auf dem

Verbandstisch sanft eingeschlafen. Es war sehr schwer für die Schwester,

aber wir waren alle froh, dass es passierte, als sie dabei war. Sie

hat ihn mit in die Heimat genommen. Es ist schrecklich, wie feine und

gebildete Menschen dann so in der Schwäche und im Fieber oft ordinäre

Ausdrücke gebrauchen, das schneidt einen direkt ins Herz. Aus eine

andere böse Erfahrung muß man machen. Ich hatte gemeint, alles

Gemeine und Schlechte wäre in dieser großen Zeit, wenn auch nicht ver-

gangen, so doch ganz zurückgedrängt, nun zeigt sich, daß es doch

stärker ist als Begeisterung, Todesnot und Strapazen.Nebenan von meiner

Baracke ist eine ganze Station voll geschlechtskranker Soldaten ein-

gerichtet, einfache Soldaten und höhere, Auf Befehl des Arztes muß

unsere gute tüchtige Schwester Berta Link vom Badischen Roten

Kreuz dort pflegen, alles Widerstreben half ihr nicht, Sie ist sehr zu

bedauern, denn da gehörte wirklich ein Mann hin, Sie wäre anderswo

so prachtvoll zu gebrauchen, jmd braucht das nicht einmal in Heidelberg

 unter dem gestrichenen "jmd" und


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  • August 14, 2017 23:22:35 Ella Seipold

    --10--

    den 22. Nov.                                      Heute ist der dritte Sonntag in

    meiner Baracke. Wieder bin ich nicht zur Kirche gekommen, es ist mir

    ordentlich schwer, man hat es nötig. Seit ein paar Tagen habe ich einen

    jungen Herrn von Gröning auf meiner Station, einen Verwandten von Ada.

    Seine eigene Schwester, eine Krankenschwester Erna hat ihn aus dem

    Feldlazarett hierher gebracht, damit er Dauerbäder nehmen kann. Der arme

    Kerl hat nicht weniger als 13 Verletzungen, darunter einen Leberschuß,

    eine Wunde von mehr als Tellergröße bis auf den Knochen und einen

    Knochenschuß durch den Fuß. Es wird fast unmöglich sein, ihn durchzu-

    bringen, das ist ein Jammer, es mit anzusehen. Das erste Mal dauerte

    der Verband 3/4 Stunde. Die Schwester ist sehr nett und Pflegt den Bruder

    rührend. Sonst ist wohl alles in seinem gewohnten Gang gegangen, reichlich

    Arbeit, aber nicht zuviel, etwas müde werde ich jetzt aber doch. Es

    ist kalt draußen. Wie es in der Welt aussieht, wissen wir nicht, in

    den Zeitungensteht nicht viel Gescheutes. Briefe habe ich keinen

    weiter bekommen. Es ist in der letzten Zeit eigentlich gar nicht mehr

    kriegsmäßig zugegangen, oder hat man sich so gewöhnt ?

    Außer daß einem so viel fehlt, z.B. Verbandssachen, Wasserkissen, Luft-

    kränze, Butter, Zucker, Salz und allerlei Bequemlichkeiten, geht es

    fast wie im Frieden zu. Übrigens soll unser Haus so eine Art Univers-

    sitätsklinik sein, d.h. Das Haus gehört den Nonnen, aber die ver-

    schiedenen Universitätsprofessoren belegen ihre Abteilungen darin.

    Man kann nicht begreifen, daß das Haus dann nicht besser ausgerüstet ist

    mit Wäsche, Matratzen, Instrumenten etc. Ich bin der festen Meinung, sie

    haben viel versteckt.

    den 30. Nov.                                      Schon am 26. ist der junge Herr von

    Gröning gestorben, das Herz hielt es nicht länger aus, er ist uns auf dem

    Verbandstisch sanft eingeschlafen. Es war sehr schwer für die Schwester,

    aber wir waren alle froh, dass es passierte, als sie dabei war. Sie

    hat ihn mit in die Heimat genommen. Es ist schrecklich, wie feine und

    gebildete Menschen dann so in der Schwäche und im Fieber oft ordinäre

    Ausdrücke gebrauchen, das schneidt einen direkt ins Herz. Aus eine

    andere böse Erfahrung muß man machen. Ich hatte gemeint, alles

    Gemeine und Schlechte wäre in dieser großen Zeit, wenn auch nicht ver-

    gangen, so doch ganz zurückgedrängt, nun zeigt sich, daß es doch

    stärker ist als Begeisterung, Todesnot und Strapazen.Nebenan von meiner

    Baracke ist eine ganze Station voll geschlechtskranker Soldaten ein-

    gerichtet, einfache Soldaten und höhere, Auf Befehl des Arztes muß

    unsere gute tüchtige Schwester Berta Link vom Badischen Roten

    Kreuz dort pflegen, alles Widerstreben half ihr nicht, Sie ist sehr zu

    bedauern, denn da gehörte wirklich ein Mann hin, Sie wäre anderswo

    so prachtvoll zu gebrauchen, jmd braucht das nicht einmal in Heidelberg

     unter dem gestrichenen "jmd" und


  • August 14, 2017 23:22:30 Ella Seipold

    --10--

    den 22. Nov.                                      Heute ist der dritte Sonntag in

    meiner Baracke. Wieder bin ich nicht zur Kirche gekommen, es ist mir

    ordentlich schwer, man hat es nötig. Seit ein paar Tagen habe ich einen

    jungen Herrn von Gröning auf meiner Station, einen Verwandten von Ada.

    Seine eigene Schwester, eine Krankenschwester Erna hat ihn aus dem

    Feldlazarett hierher gebracht, damit er Dauerbäder nehmen kann. Der arme

    Kerl hat nicht weniger als 13 Verletzungen, darunter einen Leberschuß,

    eine Wunde von mehr als Tellergröße bis auf den Knochen und einen

    Knochenschuß durch den Fuß. Es wird fast unmöglich sein, ihn durchzu-

    bringen, das ist ein Jammer, es mit anzusehen. Das erste Mal dauerte

    der Verband 3/4 Stunde. Die Schwester ist sehr nett und Pflegt den Bruder

    rührend. Sonst ist wohl alles in seinem gewohnten Gang gegangen, reichlich

    Arbeit, aber nicht zuviel, etwas müde werde ich jetzt aber doch. Es

    ist kalt draußen. Wie es in der Welt aussieht, wissen wir nicht, in

    den Zeitungensteht nicht viel Gescheutes. Briefe habe ich keinen

    weiter bekommen. Es ist in der letzten Zeit eigentlich gar nicht mehr

    kriegsmäßig zugegangen, oder hat man sich so gewöhnt ?

    Außer daß einem so viel fehlt, z.B. Verbandssachen, Wasserkissen, Luft-

    kränze, Butter, Zucker, Salz und allerlei Bequemlichkeiten, geht es

    fast wie im Frieden zu. Übrigens soll unser Haus so eine Art Univers-

    sitätsklinik sein, d.h. Das Haus gehört den Nonnen, aber die ver-

    schiedenen Universitätsprofessoren belegen ihre Abteilungen darin.

    Man kann nicht begreifen, daß das Haus dann nicht besser ausgerüstet ist

    mit Wäsche, Matratzen, Instrumenten etc. Ich bin der festen Meinung, sie

    haben viel versteckt.

    den 30. Nov.                                      Schon am 26. ist der junge Herr von

    Gröning gestorben, das Herz hielt es nicht länger aus, er ist uns auf dem

    Verbandstisch sanft eingeschlafen. Es war sehr schwer für die Schwester,

    aber wir waren alle froh, dass es passierte, als sie dabei war. Sie

    hat ihn mit in die Heimat genommen. Es ist schrecklich, wie feine und

    gebildete Menschen dann so in der Schwäche und im Fieber oft ordinäre

    Ausdrücke gebrauchen, das schneidt einen direkt ins Herz. Aus eine

    andere böse Erfahrung muß man machen. Ich hatte gemeint, alles

    Gemeine und Schlechte wäre in dieser großen Zeit, wenn auch nicht ver-

    gangen, so doch ganz zurückgedrängt, nun zeigt sich, daß es doch

    stärker ist als Begeisterung, Todesnot und Strapazen.Nebenan von meiner

    Baracke ist eine ganze Station voll geschlechtskranker Soldaten ein-

    gerichtet, einfache Soldaten und höhere, Auf Befehl des Arztes muß

    unsere gute tüchtige Schwester Berta Link vom Badischen Roten

    Kreuz dort pflegen, alles Widerstreben half ihr nicht, Sie ist sehr zu

    bedauern, denn da gehörte wirklich ein Mann hin, Sie wäre anderswo

    so prachtvoll zu gebrauchen, jmd braucht das nicht einmal in Heidelberg

     unter dem gestrichenen "jmd" und


  • August 14, 2017 23:22:11 Ella Seipold

    --10--

    den 22. Nov.                                     Heute ist der dritte Sonntag in

    meiner Baracke. Wieder bin ich nicht zur Kirche gekommen, es ist mir

    ordentlich schwer, man hat es nötig. Seit ein paar Tagen habe ich einen

    jungen Herrn von Gröning auf meiner Station, einen Verwandten von Ada.

    Seine eigene Schwester, eine Krankenschwester Erna hat ihn aus dem

    Feldlazarett hierher gebracht, damit er Dauerbäder nehmen kann. Der arme

    Kerl hat nicht weniger als 13 Verletzungen, darunter einen Leberschuß,

    eine Wunde von mehr als Tellergröße bis auf den Knochen und einen

    Knochenschuß durch den Fuß. Es wird fast unmöglich sein, ihn durchzu-

    bringen, das ist ein Jammer, es mit anzusehen. Das erste Mal dauerte

    der Verband 3/4 Stunde. Die Schwester ist sehr nett und Pflegt den Bruder

    rührend. Sonst ist wohl alles in seinem gewohnten Gang gegangen, reichlich

    Arbeit, aber nicht zuviel, etwas müde werde ich jetzt aber doch. Es

    ist kalt draußen. Wie es in der Welt aussieht, wissen wir nicht, in

    den Zeitungensteht nicht viel Gescheutes. Briefe habe ich keinen

    weiter bekommen. Es ist in der letzten Zeit eigentlich gar nicht mehr

    kriegsmäßig zugegangen, oder hat man sich so gewöhnt ?

    Außer daß einem so viel fehlt, z.B. Verbandssachen, Wasserkissen, Luft-

    kränze, Butter, Zucker, Salz und allerlei Bequemlichkeiten, geht es

    fast wie im Frieden zu. Übrigens soll unser Haus so eine Art Univers-

    sitätsklinik sein, d.h. Das Haus gehört den Nonnen, aber die ver-

    schiedenen Universitätsprofessoren belegen ihre Abteilungen darin.

    Man kann nicht begreifen, daß das Haus dann nicht besser ausgerüstet ist

    mit Wäsche, Matratzen, Instrumenten etc. Ich bin der festen Meinung, sie

    haben viel versteckt.

    den 30. Nov.                                     Schon am 26. ist der junge Herr von

    Gröning gestorben, das Herz hielt es nicht länger aus, er ist uns auf dem

    Verbandstisch sanft eingeschlafen. Es war sehr schwer für die Schwester,

    aber wir waren alle froh, dass es passierte, als sie dabei war. Sie

    hat ihn mit in die Heimat genommen. Es ist schrecklich, wie feine und

    gebildete Menschen dann so in der Schwäche und im Fieber oft ordinäre

    Ausdrücke gebrauchen, das schneidt einen direkt ins Herz. Aus eine

    andere böse Erfahrung muß man machen. Ich hatte gemeint, alles

    Gemeine und Schlechte wäre in dieser großen Zeit, wenn auch nicht ver-

    gangen, so doch ganz zurückgedrängt, nun zeigt sich, daß es doch

    stärker ist als Begeisterung, Todesnot und Strapazen.Nebenan von meiner

    Baracke ist eine ganze Station voll geschlechtskranker Soldaten ein-

    gerichtet, einfache Soldaten und höhere, Auf Befehl des Arztes muß

    unsere gute tüchtige Schwester Berta Link vom Badischen Roten

    Kreuz dort pflegen, alles Widerstreben half ihr nicht, Sie ist sehr zu

    bedauern, denn da gehörte wirklich ein Mann hin, Sie wäre anderswo

    so prachtvoll zu gebrauchen, jmd braucht das nicht einmal in Heidelberg

     unter dem gestrichenen "jmd" und


  • August 14, 2017 22:57:07 Ella Seipold

    --10--

    den 22. Nov.                                     Heute ist der dritte Sonntag in

    meiner Baracke. Wieder bin ich nicht zur Kirche gekommen, es ist mir

    ordentlich schwer, man hat es nötig. Seit ein paar Tagen habe ich einen

    jungen Herrn von Gröning auf meiner Station, einen Verwandten von Ada.

    Seine eigene Schwester, eine Krankenschwester Erna hat ihn aus dem

    Feldlazarett hierher gebracht, damit er Dauerbäder nehmen kann. Der arme

    Kerl hat nicht weniger als 13 Verletzungen, darunter einen Leberschuß,

    eine Wunde von mehr als Tellergröße bis auf den Knochen und einen

    Knochenschuß durch den Fuß. Es wird fast unmöglich sein, ihn durchzu-

    bringen, das ist ein Jammer, es mit anzusehen. Das erste Mal dauerte

    der Verband 3/4 Stunde. Die Schwester ist sehr nett und Pflegt den Bruder

    rührend. Sonst ist wohl alles in seinem gewohnten Gang gegangen, reichlich

    Arbeit, aber nicht zuviel, etwas müde werde ich jetzt aber doch. Es

    ist kalt draußen. Wie es in der Welt aussieht, wissen wir nicht, in

    den Zeitungensteht nicht viel Gescheutes. Briefe habe ich keinen

    weiter bekommen. Es ist in der letzten Zeit eigentlich gar nicht mehr

    kriegsmäßig zugegangen, oder hat man sich so gewöhnt ?

    Außer daß einem so viel fehlt, z.B. Verbandssachen, Wasserkissen, Luft-

    kränze, Butter, Zucker, Salz und allerlei Bequemlichkeiten, geht es

    fast wie im Frieden zu. Übrigens soll unser Haus so eine Art Univers-

    sitätsklinik sein, d.h. Das Haus gehört den Nonnen, aber die ver-

    schiedenen Universitätsprofessoren belegen ihre Abteilungen darin.

    Man kann nicht begreifen, daß das Haus dann nicht besser ausgerüstet ist

    mit Wäsche, Matratzen, Instrumenten etc. Ich bin der festen Meinung, sie

    haben viel versteckt.

    den 30. Nov.                                     Schon am 26. ist der junge Herr von

    Gröning


  • August 14, 2017 22:54:23 Ella Seipold

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    den 22. Nov.                                     Heute ist der dritte Sonntag in

    meiner Baracke. Wieder bin ich nicht zur Kirche gekommen, es ist mir

    ordentlich schwer, man hat es nötig. Seit ein paar Tagen habe ich einen

    jungen Herrn von Gröning auf meiner Station, einen Verwandten von Ada.

    Seine eigene Schwester, eine Krankenschwester Erna hat ihn aus dem

    Feldlazarett hierher gebracht, damit er Dauerbäder nehmen kann. Der arme

    Kerl hat nicht weniger als 13 Verletzungen, darunter einen Leberschuß,

    eine Wunde von mehr als Tellergröße bis auf den Knochen und einen

    Knochenschuß durch den Fuß. Es wird fast unmöglich sein, ihn durchzu-

    bringen, das ist ein Jammer, es mit anzusehen. Das erste Mal dauerte

    der Verband 3/4 Stunde. Die Schwester ist sehr nett und Pflegt den Bruder

    rührend. Sonst ist wohl alles in seinem gewohnten Gang gegangen, reichlich

    Arbeit, aber nicht zuviel, etwas müde werde ich jetzt aber doch. Es

    ist kalt draußen. Wie es in der Welt aussieht, wissen wir nicht, in

    den Zeitungensteht nicht viel Gescheutes. Briefe habe ich keinen

    weiter bekommen. Es ist in der letzten Zeit eigentlich gar nicht mehr

    kriegsmäßig zugegangen, oder hat man sich so gewöhnt ?

    Außer daß einem so viel fehlt, z.B. Verbandssachen, Wasserkissen, Luft-

    kränze, Butter, Zucker, Salz und allerlei Bequemlichkeiten, geht es

    fast wie im Frieden zu. Übrigens soll unser Haus so eine Art Univers-

    sitätsklinik sein, d.h. Das Haus gehört den Nonnen, aber die ver-

    schiedenen Universitätsprofessoren belegen ihre Abteilungen darin.

    Man kann nicht begreifen, daß das Haus dann nicht besser ausgerüstet ist

    mit Wäsche, Matratzen, Instrumenten etc. Ich bin der festen Meinung, sie

    haben viel versteckt.

    den 30. Nov.


  • August 14, 2017 21:52:15 Ella Seipold

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    den 22. Nov.                                     Heute ist der dritte Sonntag in

    meiner Baracke. Wieder bin ich nicht zur Kirche gekommen, es ist mir

    ordentlich schwer, man hat es nötig. Seit ein paar Tagen habe ich einen

    jungen Herrn von Gröning auf meiner Station, einen Verwandten von Ada.

    Seine eigene Schwester, eine Krankenschwester Ernamissing


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  • 50.62932559999999||3.0568347999999332||

    Lille, Neu Sandec

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12644 / 148880
Source
http://europeana1914-1918.eu/...
Contributor
Friedrich Delius
License
http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/


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