Kriegserinnerungen der Lazarettschwester Marie Delius, geb. Schiele, item 18
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Bald werde ich ja Hilfe kriegen, wenn mein Haus Offiziersbaracke wird,
kann ich nicht allen Ansprüchen genügen.
8 Tage später
Das war eine Woche, die man auch im Frieden hätte erleben können. Mein
Haus wurde noch am Montag abend [sic!] mit ziemlich schwerkranken belegt, und
wir hatten tüchtig zu tun, mein Sanitäter Meyer und ich. Wir haben
lauter Bettkranken und viel zu verbinden. Aber ich halte alles gut aus.
Hätte ich nicht ein furchtbar schmerzhafter Hühnerauge, so fehlte mir
wirklich nicht. Gott sei Dank dafür. Nur Nachricht von zuhause fehlt mir
so sehr. Nun bin ich 5 Wochen fort und habe noch immer nichts von deheim
gehört. Es geht uns allen so, vermutlich ist die Adresse falsch, oder
die Feldpost versagt eben wieder völlig. Es beeinträchtigt die Stimmung
allmählich sehr. Seit einigen Tagen hat eine Schwester Ida Unger die Stati-
on oben im Haus übernohmmen, sie scheint ihre Sache gut zu verstehen und
nimmt mir viel ab. Freilich bin ich viel in der Tetanusbaracke, dort
versuchen sie jetzt gewaltsam mit Hilfe von Serumeinspritzungen den
Leuten zu helfen. Das ist eine große Quälerei, da sie steif wie ein Brett
sind, eventuell muß es in Narkose rekrankt werden. Auch einer unserer
Kranken in Baracke 1 ist daran erkrankt. Baracke 2 ist auch belegt. Eine
sehr nette ältere Rote Kreuz-SchwesterBerta Link arbeitet da, sie ist ein
sehr angenehmes Mädchen, mit der ich gern einmal zusammenarbeiten möchte.
Sehr nett hat sich auch der Verkehr mit meinen Offizieren gestaltet, es
tut doch wohl, einmal mit gebildeten Herren zu sprechen, namentlich der
Oberstabsarzt ist mein besonderer Liebling. Die beiden jungen Leutnants
muß ich ein wenig erzihen, zumal den mit dem schliemmen Arm, ein Herr
von Dallwitz. Ich hoffe aber doch, daß wir noch gute Freunde werden,
ehe sie abtransportiert werden. Mit den Abtransporten hapert es sehr,
da versagt die Organisation völlig. So und so oft erhalten wir Befehl,
alle Kranken für einen Lazarettzug fertigzumachen, und dann werden sie
uns nicht abgeholt, odernoch vom Bahnhof wieder zurückgebracht. Sehr
schlimm wird es dann, wenn man inzwischen die Betten schon belegt hat.
Bald soll das Rote Kreuz, bald die Eisenbahn, bald die Lazarettverwaltung
schuld sein. Sehr im argen liegt [...] auch die Verpflegung der Schwerkranken
Für unsere 4 bis 500 Kranken erhalten wir nur 40 L[eu]t[nant]s. Milch täglich, eier
sind ganz knapp, Kartoffeln oder dergl. macht die Küche nicht mehr, seit
ich dort fort bin, da bleibt einem nichts anderes übrig, als selbst zu
kaufen und zu kochen. Es gibt das alles noch in Lille, und ich verstehe
nicht, daß man nicht zuerst für die Lazarette gründlich sorgt, wir sind
doch die Sieger.
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Bald werde ich ja Hilfe kriegen, wenn mein Haus Offiziersbaracke wird,
kann ich nicht allen Ansprüchen genügen.
8 Tage später
Das war eine Woche, die man auch im Frieden hätte erleben können. Mein
Haus wurde noch am Montag abend [sic!] mit ziemlich schwerkranken belegt, und
wir hatten tüchtig zu tun, mein Sanitäter Meyer und ich. Wir haben
lauter Bettkranken und viel zu verbinden. Aber ich halte alles gut aus.
Hätte ich nicht ein furchtbar schmerzhafter Hühnerauge, so fehlte mir
wirklich nicht. Gott sei Dank dafür. Nur Nachricht von zuhause fehlt mir
so sehr. Nun bin ich 5 Wochen fort und habe noch immer nichts von deheim
gehört. Es geht uns allen so, vermutlich ist die Adresse falsch, oder
die Feldpost versagt eben wieder völlig. Es beeinträchtigt die Stimmung
allmählich sehr. Seit einigen Tagen hat eine Schwester Ida Unger die Stati-
on oben im Haus übernohmmen, sie scheint ihre Sache gut zu verstehen und
nimmt mir viel ab. Freilich bin ich viel in der Tetanusbaracke, dort
versuchen sie jetzt gewaltsam mit Hilfe von Serumeinspritzungen den
Leuten zu helfen. Das ist eine große Quälerei, da sie steif wie ein Brett
sind, eventuell muß es in Narkose rekrankt werden. Auch einer unserer
Kranken in Baracke 1 ist daran erkrankt. Baracke 2 ist auch belegt. Eine
sehr nette ältere Rote Kreuz-SchwesterBerta Link arbeitet da, sie ist ein
sehr angenehmes Mädchen, mit der ich gern einmal zusammenarbeiten möchte.
Sehr nett hat sich auch der Verkehr mit meinen Offizieren gestaltet, es
tut doch wohl, einmal mit gebildeten Herren zu sprechen, namentlich der
Oberstabsarzt ist mein besonderer Liebling. Die beiden jungen Leutnants
muß ich ein wenig erzihen, zumal den mit dem schliemmen Arm, ein Herr
von Dallwitz. Ich hoffe aber doch, daß wir noch gute Freunde werden,
ehe sie abtransportiert werden. Mit den Abtransporten hapert es sehr,
da versagt die Organisation völlig. So und so oft erhalten wir Befehl,
alle Kranken für einen Lazarettzug fertigzumachen, und dann werden sie
uns nicht abgeholt, odernoch vom Bahnhof wieder zurückgebracht. Sehr
schlimm wird es dann, wenn man inzwischen die Betten schon belegt hat.
Bald soll das Rote Kreuz, bald die Eisenbahn, bald die Lazarettverwaltung
schuld sein. Sehr im argen liegt [...] auch die Verpflegung der Schwerkranken
Für unsere 4 bis 500 Kranken erhalten wir nur 40 L[eu]t[nant]s. Milch täglich, eier
sind ganz knapp, Kartoffeln oder dergl. macht die Küche nicht mehr, seit
ich dort
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Bald werde ich ja Hilfe kriegen, wenn mein Haus Offiziersbaracke wird,
kann ich nicht allen Ansprüchen genügen.
8 Tage später
Das war eine Woche, die man auch im Frieden hätte erleben können. Mein
Haus wurde noch am Montag abend [sic!] mit ziemlich schwerkranken belegt, und
wir hatten tüchtig zu tun, mein Sanitäter Meyer und ich. Wir haben
lauter Bettkranken und viel zu verbinden. Aber ich halte alles gut aus.
Hätte ich nicht ein furchtbar schmerzhafter Hühnerauge, so fehlte mir
wirklich nicht. Gott sei Dank dafür. Nur Nachricht von zuhause fehlt mir
so sehr. Nun bin ich 5 Wochen fort und habe noch immer nichts von deheim
gehört. Es geht uns allen so, vermutlich ist die Adresse falsch, oder
die Feldpost versagt eben wieder völlig. Es beeinträchtigt die Stimmung
allmählich sehr. Seit einigen Tagen hat eine Schwester Ida Unger die Stati-
on oben im Haus übernohmmen, sie scheint ihre Sache gut zu verstehen und
nimmt mir viel ab. Freilich bin ich viel in der Tetanusbaracke, dort
versuchen sie jetzt gewaltsam mit Hilfe von Serumeinspritzungen den
Leuten zu helfen. Das ist eine große Quälerei, da sie steif wie ein Brett
sind, eventuell muß es in Narkose rekrankt werden. Auch einer unserer
Kranken in Baracke 1 ist daran erkrankt. Baracke 2 ist auch belegt. Eine
sehr nette ältere Rote Kreuz-SchwesterBerta Link
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Bald werde ich ja Hilfe kriegen, wenn mein Haus Offiziersbaracke wird,
kann ich nicht allen Ansprüchen genügen.
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Das war eine Woche, die man auch im Frieden hätte erleben können. Mein
Haus wurde noch am Montag abend [sic!] mit ziemlich schwerkranken belegt, und
wir hatten tüchtig zu tun, mein Sanitäter Meyer und ich. Wir haben
lauter Bettkranken und viel zu verbinden. Aber ich halte alles gut aus.
Hätte ich nicht ein furchtbar schmerzhafter Hühnerauge, so fehlte mir
wirklich nicht. Gott sei Dank dafür. Nur Nachricht von zuhause fehlt mir
so sehr. Nun bin ich 5 Wochen fort und habe noch immer nichts von deheim
gehört. Es geht uns allen so, vermutlich ist die Adresse falsch, oder
die Feldpost versagt eben wieder völlig. Es beeinträchtigt die Stimmung
allmählich sehr. Seit einigen Tagen hat eine Schwester Ida Unger die Stati-
on oben im Haus übernohmmen, sie scheint ihre Sache gut zu verstehen und
nimmt mir viel ab. Freilich bin ich viel in der Tetanusbaracke, dort
versuchen sie jetzt gewaltsam mit Hilfe von Serumeinspritzungen den
Leuten zu helfen. Das ist eine gro
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Bald werde ich ja Hilfe kriegen, wenn mein Haus Offiziersbaracke wird,
kann ich nicht allen Ansprüchen genügen.
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Das war eine Woche, die man auch im Frieden hätte erleben können. Mein
Haus wurde noch am Montag abend [sic!] mit ziemlich schwerkranken belegt, und
wir hatten tüchtig zu tun, mein Sanitäter Meyer und ich. Wir haben
lauter Bettkranken und viel zu verbinden. Aber ich halte alles gut aus.
Hätte ich nicht ein furchtbar schmerzhafter Hühnerauge, so fehlte mir
wirklich nicht. Gott sei Dank dafür. Nur Nachricht von zuhause fehlt mir
so sehr. Nun bin ich 5 Wochen fort und habe noch immer nichts von deheim
gehört. Es geht uns allen so, vermutlich ist die Adresse falsch, oder
die Feldpost versagt eben wieder völlig. Es beeinträchtigt die Stimmung
allmählich sehr. Seit einigen Tagen hat eine Schwester Ida Unger die Stati-
on oben im Haus übernohmmen, sie scheint ihre Sache gut zu verstehen und
nimmt mir viel ab. Freilich bin ich viel in der Tetanusbaracke, dort
versuchen sie jetzt gewaltsam mit Hilfe von
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Bald werde ich ja Hilfe kriegen, wenn mein Haus Offiziersbaracke wird,
kann ich nicht allen Ansprüchen genügen.
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Das war eine Woche, die man auch im Frieden hätte erleben können. Mein
Haus wurde noch am Montag abend [sic!] mit ziemlich schwerkranken belegt, und
wir hatten tüchtig zu tun, mein Sanitäter Meyer und ich. Wir haben
lauter Bettkranken und viel zu verbinden. Aber
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Save description- 50.62932559999999||3.0568347999999332||||1
Lille, Neu Sandec
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Story location Lille, Neu Sandec
- ID
- 12644 / 148878
- Contributor
- Friedrich Delius
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