Kriegserinnerungen der Lazarettschwester Marie Delius, geb. Schiele, item 17
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d. 7. Nov. Ich habe lange nicht schreiben können, es war
zu viel Arbeit. In der Küche bin ich nicht lange geblieben, etwa eine
Woche, habe dann eine Baracke übernommen, die bisher für Typhuskranke
benutzt war.sie ist wunderhübsch eingerichtet, lauter kleiner Zimmer
zu 2 Betten, eine kleine Teeküche, ordentliche Closetts und sogar
ein Badezimmer, zu dem man sich aber das Wasser selbst tragen muß,
sodaß ich die Wohltat noch nicht gesossen habe. Der Geheimrat will
das Haus als Offiziersquartier nehmen, bisher ist es fast so wie der
Centralbahnhof im Hospitale Militaire, alles durcheinander und viel Wechsel
Ich bin mit 2 Sanitäter allein, die erste Zeit auch ohne Nachtwache.
Schön war es, einmal wieder allein schlafen zu können. Die Sanitäter sind
wieder Badenser, Merger und Meininger, außerdem ist ein Franzose Gustave,
der ganz anstellig ist, da und ein alter Henry, ein gräßlicher Kerl,
der überall herumsucht, spückt und entsetzlichen spektakel macht.
Ich habe ihn heute entfernen lassen, er war sehr ungnädig, scheint aller-
dings hart dadurch betroffen zu sein, was ich nicht beabsichtigte.
Außer unserer Baracke habe ich in der Infektionsbaracke nach den
Kranken zu sehen. Die im übrigen von einer hübschen, netten franz. Wärte-
rin sehr treu besorgt werden. Dort ist es ein trauriger Aufenhalt,
fast nichts als Leute mit Tetanus. Oft haben sie nur eine ganz harmlose
kleine Verletzung und müssen daran so elend zugrundegehen. Es ist zum
Herzbrechen, das mit anzusehen, und dabei sind die Ärnsten bei vollem
Verstand. Vorgestern allein starben mier vier. Das geht an die Nerven.
Hier im Haus ist noch keiner gestorben. Sobald größere Eingriffe nötig
sind, kommen die Kranken ins große Haus hinüber. Meist habe ich Ober-
schenkelbrüche und -schüsse, eienen jungen Oberstabartzt Kutscher, der
mangenleidend ist, ich unterhalte mich sehr gern mit ihm. Heute war
ein merkwürdiger Tag, der Geheimrat entließ fast alle meine Kranken,
da er überhaupt keine Leichtkranken hierhaben will, infolgedessen behielt
ich noch 7 Kranke und hatte am Nachmittag soviel Ruhe wie sonst nie.
Ich ließ mir Kuchen kaufen, kochte guten Kaffee und bekam allerlei
Schwesternbesuch, das wäre wie im tiefsten Frieden gewesen, wenn nicht
plötzlich wieder ein flieger draußen mächtig beschossen worden wäre.
Nachher sagen wir unseren paar Kranken etwas. In den ersten Tagen
hatte ich keinen rechten Artz, da war es sehr schlimm für uns, und ich
machte mich an die schwierigsten Sachen schließlich allein. Jetzt endlich
habe ich einen ganz allerliebsten Sationsarzt, einen Bayern Dr. Eichinger,
der zu den Kranken ganz reizend ist. Wir verbinden nun viel hier im
Haus, haben freilich Arbeit, aber es geschieht nun doch das Nötige,
während ich vorher immer das Gefühl von Versäumnis hatte. Seit gestern
wohnen 6 Quarantäneschwestern bei mir, ich bin ins Badezimmer gezogen
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d. 7. Nov. Ich habe lange nicht schreiben können, es war
zu viel Arbeit. In der Küche bin ich nicht lange geblieben, etwa eine
Woche, habe dann eine Baracke übernommen, die bisher für Typhuskranke
benutzt war.sie ist wunderhübsch eingerichtet, lauter kleiner Zimmer
zu 2 Betten, eine kleine Teeküche, ordentliche Closetts und sogar
ein Badezimmer, zu dem man sich aber das Wasser selbst tragen muß,
sodaß ich die Wohltat noch nicht gesossen habe. Der Geheimrat will
das Haus als Offiziersquartier nehmen, bisher ist es fast so wie der
Centralbahnhof im Hospitale Militaire, alles durcheinander und viel Wechsel
Ich bin mit 2 Sanitäter allein, die erste Zeit auch ohne Nachtwache.
Schön war es, einmal wieder allein schlafen zu können. Die Sanitäter sind
wieder Badenser, Merger und Meininger, außerdem ist ein Franzose Gustave,
der ganz anstellig ist, da und ein alter Henry, ein gräßlicher Kerl,
der überall herumsucht, spückt und entsetzlichen spektakel macht.
Ich habe ihn heute entfernen lassen, er war sehr ungnädig, scheint aller-
dings hart dadurch betroffen zu sein, was ich nicht beabsichtigte.
Außer unserer Baracke habe ich in der Infektionsbaracke nach den
Kranken zu sehen. Die im übrigen von einer hübschen, netten franz. Wärte-
rin sehr treu besorgt werden. Dort ist es ein trauriger Aufenhalt,
fast nichts als Leute mit Tetanus. Oft haben sie nur eine ganz harmlose
kleine Verletzung und müssen daran so elend zugrundegehen. Es ist zum
Herzbrechen, das mit anzusehen, und dabei sind die Ärnsten bei vollem
Verstand. Vorgestern allein starben mier vier. Das geht an die Nerven.
Hier im Haus ist noch keiner gestorben. Sobald größere Eingriffe nötig
sind, kommen die Kranken ins große Haus hinüber. Meist habe ich Ober-
schenkelbrüche und -schüsse, eienen jungen Oberstabartzt Kutscher, der
mangenleidend ist, ich unterhalte mich sehr gern mit ihm. Heute war
ein merkwürdiger Tag, der Geheimrat entließ fast alle meine Kranken,
da er überhaupt keine Leichtkranken hierhaben will, infolgedessen behielt
ich noch 7 Kranke und hatte am Nachmittag soviel Ruhe wie sonst nie.
Ich ließ mir Kuchen kaufen, kochte guten Kaffee und bekam allerlei
Schwesternbesuch, das wäre wie im tiefsten Frieden gewesen, wenn nicht
plötzlich wieder ein flieger draußen mächtig beschossen worden wäre.
Nachher sagen wir unseren paar Kranken etwas. In den ersten Tagen
hatte ich
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d. 7. Nov. Ich habe lange nicht schreiben können, es war
zu viel Arbeit. In der Küche bin ich nicht lange geblieben, etwa eine
Woche, habe dann eine Baracke übernommen, die bisher für Typhuskranke
benutzt war.sie ist wunderhübsch eingerichtet, lauter kleiner Zimmer
zu 2 Betten, eine kleine Teeküche, ordentliche Closetts und sogar
ein Badezimmer, zu dem man sich aber das Wasser selbst tragen muß,
sodaß ich die Wohltat noch nicht gesossen habe. Der Geheimrat will
das Haus als Offiziersquartier nehmen, bisher ist es fast so wie der
Centralbahnhof im Hospitale Militaire, alles durcheinander und viel Wechsel
Ich bin mit 2 Sanitäter allein, die erste Zeit auch ohne Nachtwache.
Schön war es, einmal wieder allein schlafen zu können. Die Sanitäter sind
wieder Badenser, Merger und Meininger, außerdem ist ein Franzose Gustave,
der ganz anstellig ist, da und ein alter Henry, ein gräßlicher Kerl,
der überall herumsucht, spückt und entsetzlichen spektakel macht.
Ich habe ihn heute entfernen lassen, er war sehr ungnädig, scheint aller-
dings hart dadurch betroffen zu sein, was ich nicht beabsichtigte.
Außer unserer Baracke habe ich in der Infektionsbaracke nach den
Kranken zu sehen. Die im übrigen von einer hübschen, netten franz. Wärte-
rin sehr treu besorgt werden. Dort ist es ein trauriger Aufenhalt,
fast nichts als Leute mit Tetanus. Oft haben sie nur eine ganz harmlose
kleine Verletzung und müssen daran so elend zugrundegehen. Es ist zum
Herzbrechen, das mit anzusehen, und dabei sind die Ärnsten bei vollem
Verstand. Vorgestern allein starben mier vier. Das geht an die Nerven.
Hier im Haus ist noch keiner gestorben. Sobald größere Eingriffe nötig
sind, kommen die Kranken ins große Haus hinüber. Meist habe ich Ober-
schenkelbrüche und -schüsse, eienen jungen Oberstabartzt Kutscher, der
mangenleidend ist, ich unterhalte mich sehr
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d. 7. Nov. Ich habe lange nicht schreiben können, es war
zu viel Arbeit. In der Küche bin ich nicht lange geblieben, etwa eine
Woche, habe dann eine Baracke übernommen, die bisher für Typhuskranke
benutzt war.sie ist wunderhübsch eingerichtet, lauter kleiner Zimmer
zu 2 Betten, eine kleine Teeküche, ordentliche Closetts und sogar
ein Badezimmer, zu dem man sich aber das Wasser selbst tragen muß,
sodaß ich die Wohltat noch nicht gesossen habe. Der Geheimrat will
das Haus als Offiziersquartier nehmen, bisher ist es fast so wie der
Centralbahnhof im Hospitale
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d. 7. Nov. Ich habe lange nicht schreiben können, es war
zu viel Arbeit. In der Küche bin ich nicht lange geblieben, etwa eine
Woche, habe dann eine Baracke übernommen, die bisher für Typhuskranke
benutzt war.sie ist wunderhübsch eingerichtet, lauter kleiner Zimmer
zu 2 Betten, eine kleine Teeküche, ordentliche Closetts und sogar
ein Badezimmer, zu dem man sich aber das Wasser selbst tragen muß,
sodaß ich die Wohltat noch nicht gesossen habe. Der Geheimrat will
das Haus als Offiziersquartier nehmen, bisher ist es fast so wie der
Centralbahnhof im Ho
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d. 7. Nov. Ich habe lange nicht schreiben können, es war
zu viel Arbeit. In der Küche bin ich nicht lange geblieben, etwa eine
Woche, habe dann eine Baracke übernommen, die bisher für Typhuskranke
benutzt war.sie ist wunderhübsch eingerichtet, lauter kleiner Zimmer
zu 2 Betten, eine kleine Teeküche, ordentliche Closetts und sogar
ein Badezimmer, zu dem man sich aber das Wasser selbst tragen mu
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