FRBNFM-346 Henry Martin, item 3
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item 3
versagen können. Daher rührt die bedeutend höhere Verlustziffer
im Oktober und November.
Auf dem westlichen Kriegsschauplatz haben die französischen
und englischen Truppen ihre neulich errungenen Erfolge allenthalben
aufrechterhalten; sie haben dieselben sogar vergrößert, wogegen
die wütenden Gegenangriffe der deutschen in der zweiten Hälfte
des Oktober nur blutige Mißerfolge erzielten. Gegen die
französische Artillerie ist überhaupt nicht mehr aufzukommen; eine
Herausforderung derselben wird als einzige Folge die Verlängerung
der ohnehin maßlosen deutschen Verlustlisten haben.
Auf der Ostfront bessert sich die Lage der Russen fortgesetzt.
Anfangs Oktober verkündete die deutsche Presse die bevorstehende
Einnahme von Riga und Dünaburg durch Hindenburgs Truppen;
heute scheint aber die Möglichkeit einer solchen Leistung vollständig
ausgeschlossen. Im Westen von Riga haben die Russen ihre Gegner
weit zurückgeschlagen; sie bedrohen sogar Mitau. Im Westen
von Dünaburg sind die Deutschen 15 Klm. von der Stadt zurückgewichen
und im Süden dieser Festung ziehen sie sich unaufhaltsam
zurück. In den sumpfigen Ebenen bei Pinsk sind die
Deutschen zu Tausenden umgekommen; sie sind im Morast versunken
oder ertrunken. Dort hat Deutschland auch die Natur
zum Feind. Wer sich in den weiten einsamen Sumpfebenen nicht
auskennt, der ist darin unrettbar verloren. In der Styrgegend
hat die russische Armee Ende Oktober und anfangs November hervorragende
Waffentaten geleistet, so daß der deutsche Generalstab
eiligst Verstärkung schicken mußte. Aber Terrain vermochten
die deutsch-österreichischen Heere seit September keines zu gewinnen;
im Gegenteil, sie wurden auf mehreren Strecken zurückgeschlagen
und haben in einem Monat 674 Offiziere und 49,200 Mann
an Gefangenen verloren. Die Gesamtzahl der deutsch-
österreichischen Gefangenen in Rußland ist nunmehr
auf 1,200,000 gestiegen.
In der Zwischenzeit sind im Innern Rußlands neue Heere ausgebildet
und ausgerüstet worden und gleichzeitig hat sich die
russische Industrie in einer Weise umgestaltet, daß sie den Heeresbedarf
in ausgiebiger Weise liefert. Die übrigen Verbündeten
überweisen den Russen Munition u. s. w. im Überfluß, um so
mehr als ausgezeichnete Verbindungswege gesichert sind. Bekanntlich
ist seit Beginn des Krieges eine neue Eisenbahnlinie von
Petersburg zum Nördlichen Ozean gebaut worden. Bis zum
Frühjahr wird Rußland in einer fürchterlichen Kriegsstärke dastehen.
Inzwischen wird es ihm ein Leichtes sein, eine gewisse
Anzahl von Armeekorps an der bulgarischen Küste zu landen.
In den Alpen entfalten die Italiener eine erfolgreiche
Tätigkeit. Frost, Schnee und unglaubliche Terrainschwierigkeiten
vermochten die italienischen Truppen nicht an ihren Fortschritten
im Norden des Gardasees und im Gebiet des Isonzo zu hindern.
Die Österreicher, die in ihren Kriegsberichten bisher den Namen
Görz unterschlugen, sehen sich jetzt zu dem Eingeständnis genötigt,
daß die Festung sich in einer verzweifelten Lage befindet.
Ein Kriegsschauplatz besonders verursacht der deutschen Presse
Unbehagen: die Engländer haben in Mesopotamien Bagdad
beinahe erreicht. Die deutscherseits verbreiteten Gerüchte über
Aufstände in englischen Kolonien sind pure Erfindung. Die indischen
Truppen kämpfen frisch und fröhlich für England, während
die Schwarzen im Kamerungebiet sich beharrlich weigern, ihre
Haut für die ihnen nur zu bekannte deutsche Kultur zu Markte zu
tragen.
________________________
rechte Seite
Der Mißerfolg des deutschen Unterseekrieges.
Deutschland hat am 18. Februar d. J. den Unterseekrieg mit dem
festen Plan begonnen, die englische Handelsflotte zu vernichten. Wie
weit entfern sie von diesem Ziel geblieben ist, zeigen die folgenden
Zahlen:
Englische Handelsflotte
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
1914. 1915.
Dampfer... 19,988,949 Tonnen 21,078,661 Tonnen
Segelschiffe: 970,709 849,334
Die englische Flotte hat demnach im ersten Kriegsjahre um beinahe
1 Million Tonnen zugenommen. Die französische Flotte ist bezüglich
der Dampfer um 31,000 Tonnen vermehrt worden,während
hinsichtlich der Segler eine geringfügige Abnahme zu verzeichnen ist. In
Rußland ist die Tonnenzahl der Segler konstant geblieben, während die
Dampfschiffe um 92,000 Tonnen erhöht wurden. Italien hat
seinen Bestand um 21,000 Tonnen vergrößert. Demnach hat sich
die Flottenstärke der Verbündeten während des Krieges erweitert, trotz
aller deutschen Angriffe.
Dagegen sind die deutsche und die österreichische Handelsflotten
ganz erheblich gesunken. Deutschland besaß:
25. August 1914. 25. August 1915.
Dampfer .... 5,072,993 Tonnen 4,062,471 Tonnen
Segelschiffe ... 488,753 445,009
______________ _________________
Zusammen .... 5,561,746 4,507,480
Die Verlustziffer beträgt also 1,054,266 Tonnen, d. i. über 20 %.
Österreich war zwar weniger unglücklich; es ist von 1,026,340 Tonnen
auf 944,388 Tonnen gefallen, d. i. 9 % Verlust.
Daß der deutsche Unterseekrieg einen kläglichen Ausgang
genommen hat, kann also nicht mehr geleugnet werden.
Die Fahnenflucht in der deutschen Armee
hat nachgerade einen Umfang angenommen, der ein sicheres Urteil über die
Geistesverfassung im Heere aufdrängt, die man objektiv nicht "Mutlosigkeit",
wohl aber "Überdruß am Kriege" nennen muß. Ein Schweizer hat, gelegentlich
eines kurzen Aufenthalt in Süddeutschland, zufällig darüber sichere Feststellungen
machen können, die wir hier auszüglich wiedergeben.
Zu Beginn der Feindseligkeiten war die deutsche Presse des Lobes voll über die
unvermutet große Zahl der Kriegsfreiwilligen. Diese "Lust, Soldat zu
sein" war auf die mannigfaltigsten Ursachen zurückzuführen. Vor allem malte die
Presse sofort die glänzensten [sic] Siege in die Luft, dann herrschte in verschiedenen
Schichten des deutschen Volkes eine Arbeitslosigkeit, die durch die notwendige
Schließung zahlreicher Betriebe noch gesteigert wurde. Um leben zu können,
ergriff man den zeitgemäßen Beruf und wurde Soldat. Der Krieg, das wußte
man sicher, würde einige Wochen dauern, und, mit etwas Glück, war man nachher
"ein gemachter Mann". Es kam aber ganz anders. Aus Wochen sind Monate
geworden und die Monate drohen Jahre zu werden. Was Wunder, wenn man
selbst als Kriegsfreiwilliger "die Nase vollbekam"?!
In den letzten Monaten konnte man nun im deutschen Heere einen Hang zur
Fahnenflucht, und zwar vor allem unter den Freiwilligen, feststellen, der in
Kreisen neutraler Fachleute eine besondere Aufmerksamkeit hervorrief. In den Zeitungen
und amtliche Blättern regnet es nur so "Steckbriefe" und "Fahnenfluchtserklärungen".
Mittels der ihm zur Verfügung stehenden Zeitungen machte sich der
oben erwähnte Schweizer höchst interessante Verzeichnisse, die selbstverständlich nicht
sämtliche deutsche Überläufer, sondern nur einen Teil davon, aufweisen; und doch
sind die Zahlen, zu denen er gelangte, recht bezeichnend. Im Monat August zählte
er über 400 Fälle, im September erhöhte sich die Zahl, und im Oktober, wohl
angesichts des Winterfeldzuges, schnellte sie erst recht empor und überschritt das
halbe Tausend. Auffallend ist dabei, daß im Monat August die Verzeichnisse
keine Freiwilligen ausweisen, während im Monat September diese Kategorie
schon merklich hervortritt und im Oktober dann erheblich anschwillt. Im August
sind halt die Witterungsverhältnisse noch ganz erträglich, im September wirds dann
schon etwas ungemütlicher und im Oktober naht schon der russische Winter. Gleichzeitig
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item 3
versagen können. Daher rührt die bedeutend höhere Verlustziffer
im Oktober und November.
Auf dem westlichen Kriegsschauplatz haben die französischen
und englischen Truppen ihre neulich errungenen Erfolge allenthalben
aufrechterhalten; sie haben dieselben sogar vergrößert, wogegen
die wütenden Gegenangriffe der deutschen in der zweiten Hälfte
des Oktober nur blutige Mißerfolge erzielten. Gegen die
französische Artillerie ist überhaupt nicht mehr aufzukommen; eine
Herausforderung derselben wird als einzige Folge die Verlängerung
der ohnehin maßlosen deutschen Verlustlisten haben.
Auf der Ostfront bessert sich die Lage der Russen fortgesetzt.
Anfangs Oktober verkündete die deutsche Presse die bevorstehende
Einnahme von Riga und Dünaburg durch Hindenburgs Truppen;
heute scheint aber die Möglichkeit einer solchen Leistung vollständig
ausgeschlossen. Im Westen von Riga haben die Russen ihre Gegner
weit zurückgeschlagen; sie bedrohen sogar Mitau. Im Westen
von Dünaburg sind die Deutschen 15 Klm. von der Stadt zurückgewichen
und im Süden dieser Festung ziehen sie sich unaufhaltsam
zurück. In den sumpfigen Ebenen bei Pinsk sind die
Deutschen zu Tausenden umgekommen; sie sind im Morast versunken
oder ertrunken. Dort hat Deutschland auch die Natur
zum Feind. Wer sich in den weiten einsamen Sumpfebenen nicht
auskennt, der ist darin unrettbar verloren. In der Styrgegend
hat die russische Armee Ende Oktober und anfangs November hervorragende
Waffentaten geleistet, so daß der deutsche Generalstab
eiligst Verstärkung schicken mußte. Aber Terrain vermochten
die deutsch-österreichischen Heere seit September keines zu gewinnen;
im Gegenteil, sie wurden auf mehreren Strecken zurückgeschlagen
und haben in einem Monat 674 Offiziere und 49,200 Mann
an Gefangenen verloren. Die Gesamtzahl der deutsch-
österreichischen Gefangenen in Rußland ist nunmehr
auf 1,200,000 gestiegen.
In der Zwischenzeit sind im Innern Rußlands neue Heere ausgebildet
und ausgerüstet worden und gleichzeitig hat sich die
russische Industrie in einer Weise umgestaltet, daß sie den Heeresbedarf
in ausgiebiger Weise liefert. Die übrigen Verbündeten
überweisen den Russen Munition u. s. w. im Überfluß, um so
mehr als ausgezeichnete Verbindungswege gesichert sind. Bekanntlich
ist seit Beginn des Krieges eine neue Eisenbahnlinie von
Petersburg zum Nördlichen Ozean gebaut worden. Bis zum
Frühjahr wird Rußland in einer fürchterlichen Kriegsstärke dastehen.
Inzwischen wird es ihm ein Leichtes sein, eine gewisse
Anzahl von Armeekorps an der bulgarischen Küste zu landen.
In den Alpen entfalten die Italiener eine erfolgreiche
Tätigkeit. Frost, Schnee und unglaubliche Terrainschwierigkeiten
vermochten die italienischen Truppen nicht an ihren Fortschritten
im Norden des Gardasees und im Gebiet des Isonzo zu hindern.
Die Österreicher, die in ihren Kriegsberichten bisher den Namen
Görz unterschlugen, sehen sich jetzt zu dem Eingeständnis genötigt,
daß die Festung sich in einer verzweifelten Lage befindet.
Ein Kriegsschauplatz besonders verursacht der deutschen Presse
Unbehagen: die Engländer haben in Mesopotamien Bagdad
beinahe erreicht. Die deutscherseits verbreiteten Gerüchte über
Aufstände in englischen Kolonien sind pure Erfindung. Die indischen
Truppen kämpfen frisch und fröhlich für England, während
die Schwarzen im Kamerungebiet sich beharrlich weigern, ihre
Haut für die ihnen nur zu bekannte deutsche Kultur zu Markte zu
tragen.
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rechte Seite
Der Mißerfolg des deutschen Unterseekrieges.
Deutschland hat am 18. Februar d. J. den Unterseekrieg mit dem
festen Plan begonnen, die englische Handelsflotte zu vernichten. Wie
weit entfern sie von diesem Ziel geblieben ist, zeigen die folgenden
Zahlen:
Englische Handelsflotte
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
1914. 1915.
Dampfer... 19,988,949 Tonnen 21,078,661 Tonnen
Segelschiffe: 970,709 849,334
Die englische Flotte hat demnach im ersten Kriegsjahre um beinahe
1 Million Tonnen zugenommen. Die französische Flotte ist bezüglich
der Dampfer um 31,000 Tonnen vermehrt worden,während
hinsichtlich der Segler eine geringfügige Abnahme zu verzeichnen ist. In
Rußland ist die Tonnenzahl der Segler konstant geblieben, während die
Dampfschiffe um 92,000 Tonnen erhöht wurden. Italien hat
seinen Bestand um 21,000 Tonnen vergrößert. Demnach hat sich
die Flottenstärke der Verbündeten während des Krieges erweitert, trotz
aller deutschen Angriffe.
Dagegen sind die deutsche und die österreichische Handelsflotten
ganz erheblich gesunken. Deutschland besaß:
25. August 1914. 25. August 1915.
Dampfer .... 5,072,993 Tonnen 4,062,471 Tonnen
Segelschiffe ... 488,753 445,009
______________ _________________
Zusammen .... 5,561,746 4,507,480
Die Verlustziffer beträgt also 1,054,266 Tonnen, d. i. über 20 %.
Österreich war zwar weniger unglücklich; es ist von 1,026,340 Tonnen
auf 944,388 Tonnen gefallen, d. i. 9 % Verlust.
Daß der deutsche Unterseekrieg einen kläglichen Ausgang
genommen hat, kann also nicht mehr geleugnet werden.
Die Fahnenflucht in der deutschen Armee
hat nachgerade einen Umfang angenommen, der ein sicheres Urteil über die
Geistesverfassung im Heere aufdrängt, die man objektiv nicht "Mutlosigkeit",
wohl aber "Überdruß am Kriege" nennen muß. Ein Schweizer hat, gelegentlich
eines kurzen Aufenthalt in Süddeutschland, zufällig darüber sichere Feststellungen
machen können, die wir hier auszüglich wiedergeben.
Zu Beginn der Feindseligkeiten war die deutsche Presse des Lobes voll über die
unvermutet große Zahl der Kriegsfreiwilligen. Diese "Lust, Soldat zu
sein" war auf die mannigfaltigsten Ursachen zurückzuführen. Vor allem malte die
Presse sofort die glänzensten [sic] Siege in die Luft, dann herrschte in verschiedenen
Schichten des deutschen Volkes eine Arbeitslosigkeit, die durch die notwendige
Schließung zahlreicher Betriebe noch gesteigert wurde. Um leben zu können,
ergriff man den zeitgemäßen Beruf und wurde Soldat. Der Krieg, das wußte
man sicher, würde einige Wochen dauern, und, mit etwas Glück, war man nachher
"ein gemachter Mann". Es kam aber ganz anders. Aus Wochen sind Monate
geworden und die Monate drohen Jahre zu werden. Was Wunder, wenn man
selbst als Kriegsfreiwilliger "die Nase vollbekam"?!
In den letzten Monaten konnte man nun im deutschen Heere einen Hang zur
Fahnenflucht, und zwar vor allem unter den Freiwilligen, feststellen, der in
Kreisen neutraler Fachleute eine besondere Aufmerksamkeit hervorrief. In den Zeitungen
und amtliche Blättern regnet es nur so "Steckbriefe" und "Fahnenfluchtserklärungen".
Mittels der ihm zur Verfügung stehenden Zeitungen machte sich der
oben erwähnte Schweizer höchst interessante Verzeichnisse, die selbstverständlich nicht
sämtliche deutsche Überläufer, sondern nur einen Teil davon, aufweisen; und doch
sind die Zahlen, zu denen er gelangte, recht bezeichnend. Im Monat August zählte
er über 400 Fälle, im September erhöhte sich die Zahl, und im Oktober, wohl
angesichts des Winterfeldzuges, schnellte sie erst recht empor und überschritt das
halbe Tausend. Auffallend ist dabei, daß im Monat August die Verzeichnisse
keine Freiwilligen ausweisen, während im Monat September diese Kategorie
schon merklich hervortritt und im Oktober dann erheblich anschwillt. Im August
sind halt die Witterungsverhältnisse noch ganz erträglich, im September wirds dann
schon etwas ungemütlicher und im Oktober naht schon der russische Winter.
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item 3
versagen können. Daher rührt die bedeutend höhere Verlustziffer
im Oktober und November.
Auf dem westlichen Kriegsschauplatz haben die französischen
und englischen Truppen ihre neulich errungenen Erfolge allenthalben
aufrechterhalten; sie haben dieselben sogar vergrößert, wogegen
die wütenden Gegenangriffe der deutschen in der zweiten Hälfte
des Oktober nur blutige Mißerfolge erzielten. Gegen die
französische Artillerie ist überhaupt nicht mehr aufzukommen; eine
Herausforderung derselben wird als einzige Folge die Verlängerung
der ohnehin maßlosen deutschen Verlustlisten haben.
Auf der Ostfront bessert sich die Lage der Russen fortgesetzt.
Anfangs Oktober verkündete die deutsche Presse die bevorstehende
Einnahme von Riga und Dünaburg durch Hindenburgs Truppen;
heute scheint aber die Möglichkeit einer solchen Leistung vollständig
ausgeschlossen. Im Westen von Riga haben die Russen ihre Gegner
weit zurückgeschlagen; sie bedrohen sogar Mitau. Im Westen
von Dünaburg sind die Deutschen 15 Klm. von der Stadt zurückgewichen
und im Süden dieser Festung ziehen sie sich unaufhaltsam
zurück. In den sumpfigen Ebenen bei Pinsk sind die
Deutschen zu Tausenden umgekommen; sie sind im Morast versunken
oder ertrunken. Dort hat Deutschland auch die Natur
zum Feind. Wer sich in den weiten einsamen Sumpfebenen nicht
auskennt, der ist darin unrettbar verloren. In der Styrgegend
hat die russische Armee Ende Oktober und anfangs November hervorragende
Waffentaten geleistet, so daß der deutsche Generalstab
eiligst Verstärkung schicken mußte. Aber Terrain vermochten
die deutsch-österreichischen Heere seit September keines zu gewinnen;
im Gegenteil, sie wurden auf mehreren Strecken zurückgeschlagen
und haben in einem Monat 674 Offiziere und 49,200 Mann
an Gefangenen verloren. Die Gesamtzahl der deutsch-
österreichischen Gefangenen in Rußland ist nunmehr
auf 1,200,000 gestiegen.
In der Zwischenzeit sind im Innern Rußlands neue Heere ausgebildet
und ausgerüstet worden und gleichzeitig hat sich die
russische Industrie in einer Weise umgestaltet, daß sie den Heeresbedarf
in ausgiebiger Weise liefert. Die übrigen Verbündeten
überweisen den Russen Munition u. s. w. im Überfluß, um so
mehr als ausgezeichnete Verbindungswege gesichert sind. Bekanntlich
ist seit Beginn des Krieges eine neue Eisenbahnlinie von
Petersburg zum Nördlichen Ozean gebaut worden. Bis zum
Frühjahr wird Rußland in einer fürchterlichen Kriegsstärke dastehen.
Inzwischen wird es ihm ein Leichtes sein, eine gewisse
Anzahl von Armeekorps an der bulgarischen Küste zu landen.
In den Alpen entfalten die Italiener eine erfolgreiche
Tätigkeit. Frost, Schnee und unglaubliche Terrainschwierigkeiten
vermochten die italienischen Truppen nicht an ihren Fortschritten
im Norden des Gardasees und im Gebiet des Isonzo zu hindern.
Die Österreicher, die in ihren Kriegsberichten bisher den Namen
Görz unterschlugen, sehen sich jetzt zu dem Eingeständnis genötigt,
daß die Festung sich in einer verzweifelten Lage befindet.
Ein Kriegsschauplatz besonders verursacht der deutschen Presse
Unbehagen: die Engländer haben in Mesopotamien Bagdad
beinahe erreicht. Die deutscherseits verbreiteten Gerüchte über
Aufstände in englischen Kolonien sind pure Erfindung. Die indischen
Truppen kämpfen frisch und fröhlich für England, während
die Schwarzen im Kamerungebiet sich beharrlich weigern, ihre
Haut für die ihnen nur zu bekannte deutsche Kultur zu Markte zu
tragen.
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rechte Seite
Der Mißerfolg des deutschen Unterseekrieges.
Deutschland hat am 18. Februar d. J. den Unterseekrieg mit dem
festen Plan begonnen, die englische Handelsflotte zu vernichten. Wie
weit entfern sie von diesem Ziel geblieben ist, zeigen die folgenden
Zahlen:
Englische Handelsflotte
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
1914. 1915.
Dampfer... 19,988,949 Tonnen 21,078,661 Tonnen
Segelschiffe: 970,709 849,334
Die englische Flotte hat demnach im ersten Kriegsjahre um beinahe
1 Million Tonnen zugenommen. Die französische Flotte ist bezüglich
der Dampfer um 31,000 Tonnen vermehrt worden,während
hinsichtlich der Segler eine geringfügige Abnahme zu verzeichnen ist. In
Rußland ist die Tonnenzahl der Segler konstant geblieben, während die
Dampfschiffe um 92,000 Tonnen erhöht wurden. Italien hat
seinen Bestand um 21,000 Tonnen vergrößert. Demnach hat sich
die Flottenstärke der Verbündeten während des Krieges erweitert, trotz
aller deutschen Angriffe.
Dagegen sind die deutsche und die österreichische Handelsflotten
ganz erheblich gesunken. Deutschland besaß:
25. August 1914. 25. August 1915.
Dampfer .... 5,072,993 Tonnen 4,062,471 Tonnen
Segelschiffe ... 488,753 445,009
______________ _________________
Zusammen .... 5,561,746 4,507,480
Die Verlustziffer beträgt also 1,054,266 Tonnen, d. i. über 20 %.
Österreich war zwar weniger unglücklich; es ist von 1,026,340 Tonnen
auf 944,388 Tonnen gefallen, d. i. 9 % Verlust.
Daß der deutsche Unterseekrieg einen kläglichen Ausgang
genommen hat, kann also nicht mehr geleugnet werden.
Die Fahnenflucht in der deutschen Armee
hat nachgerade einen Umfang angenommen, der ein sicheres Urteil über die
Geistesverfassung im Heere aufdrängt, die man objektiv nicht "Mutlosigkeit",
wohl aber "Überdruß am Kriege" nennen muß. Ein Schweizer hat, gelegentlich
eines kurzen Aufenthalt in Süddeutschland, zufällig darüber sichere Feststellungen
machen können, die wir hier auszüglich wiedergeben.
Zu Beginn der Feindseligkeiten war die deutsche Presse des Lobes voll über die
unvermutet große Zahl der Kriegsfreiwilligen. Diese "Lust, Soldat zu
sein" war auf die mannigfaltigsten Ursachen zurückzuführen. Vor allem malte die
Presse sofort die glänzensten [sic] Siege in die Luft, dann herrschte in verschiedenen
Schichten des deutschen Volkes eine Arbeitslosigkeit, die durch die notwendige
Schließung zahlreicher Betriebe noch gesteigert wurde. Um leben zu können,
ergriff man den zeitgemäßen Beruf und wurde Soldat. Der Krieg, das wußte
man sicher, würde einige Wochen dauern, und, mit etwas Glück, war man nachher
"ein gemachter Mann". Es kam aber ganz anders. Aus Wochen sind Monate
geworden und die Monate drohen Jahre zu werden. Was Wunder, wenn man
selbst als Kriegsfreiwilliger "die Nase vollbekam"?!
In den letzten Monaten konnte man nun im deutschen Heere einen Hang zur
Fahnenflucht, und zwar vor allem unter den Freiwilligen, feststellen, der in
Kreisen neutraler Fachleute eine besondere Aufmerksamkeit hervorrief. In den Zeitungen
und amtliche Blättern regnet es nur so "Steckbriefe" und "Fahnenfluchtserklärungen".
Mittels der ihm zur Verfügung stehenden Zeitungen machte sich der
oben erwähnte Schweizer höchst interessante Verzeichnisse, die selbstverständlich nicht
sämtliche deutsche Überläufer, sondern nur einen Teil davon, aufweisen; und doch
sind die Zahlen, zu denen er gelangte, recht bezeichnend. ImMonaat August zählte
er über 400 Fälle, im September erhöhte sich die Zahl, und im Oktober, wohl
angesichts des Winterfeldzuges, schnellte sie erst recht empor und überschritt das
halbe Tausend. Auffallend ist dabei, daß im Monat August die Verzeichnisse
keine Freiwilligen ausweisen, während im Monat September diese Kategorie
schon merklich hervortritt und im Oktober dann erheblich anschwillt. Im August
sind halt die Witterungsverhältnisse noch ganz erträglich, im September wirds dann
schon etwas ungemütlicher und im Oktober naht schon der russische Winter.
-
item 3
versagen können. Daher rührt die bedeutend höhere Verlustziffer
im Oktober und November.
Auf dem westlichen Kriegsschauplatz haben die französischen
und englischen Truppen ihre neulich errungenen Erfolge allenthalben
aufrechterhalten; sie haben dieselben sogar vergrößert, wogegen
die wütenden Gegenangriffe der deutschen in der zweiten Hälfte
des Oktober nur blutige Mißerfolge erzielten. Gegen die
französische Artillerie ist überhaupt nicht mehr aufzukommen; eine
Herausforderung derselben wird als einzige Folge die Verlängerung
der ohnehin maßlosen deutschen Verlustlisten haben.
Auf der Ostfront bessert sich die Lage der Russen fortgesetzt.
Anfangs Oktober verkündete die deutsche Presse die bevorstehende
Einnahme von Riga und Dünaburg durch Hindenburgs Truppen;
heute scheint aber die Möglichkeit einer solchen Leistung vollständig
ausgeschlossen. Im Westen von Riga haben die Russen ihre Gegner
weit zurückgeschlagen; sie bedrohen sogar Mitau. Im Westen
von Dünaburg sind die Deutschen 15 Klm. von der Stadt zurückgewichen
und im Süden dieser Festung ziehen sie sich unaufhaltsam
zurück. In den sumpfigen Ebenen bei Pinsk sind die
Deutschen zu Tausenden umgekommen; sie sind im Morast versunken
oder ertrunken. Dort hat Deutschland auch die Natur
zum Feind. Wer sich in den weiten einsamen Sumpfebenen nicht
auskennt, der ist darin unrettbar verloren. In der Styrgegend
hat die russische Armee Ende Oktober und anfangs November hervorragende
Waffentaten geleistet, so daß der deutsche Generalstab
eiligst Verstärkung schicken mußte. Aber Terrain vermochten
die deutsch-österreichischen Heere seit September keines zu gewinnen;
im Gegenteil, sie wurden auf mehreren Strecken zurückgeschlagen
und haben in einem Monat 674 Offiziere und 49,200 Mann
an Gefangenen verloren. Die Gesamtzahl der deutsch-
österreichischen Gefangenen in Rußland ist nunmehr
auf 1,200,000 gestiegen.
In der Zwischenzeit sind im Innern Rußlands neue Heere ausgebildet
und ausgerüstet worden und gleichzeitig hat sich die
russische Industrie in einer Weise umgestaltet, daß sie den Heeresbedarf
in ausgiebiger Weise liefert. Die übrigen Verbündeten
überweisen den Russen Munition u. s. w. im Überfluß, um so
mehr als ausgezeichnete Verbindungswege gesichert sind. Bekanntlich
ist seit Beginn des Krieges eine neue Eisenbahnlinie von
Petersburg zum Nördlichen Ozean gebaut worden. Bis zum
Frühjahr wird Rußland in einer fürchterlichen Kriegsstärke dastehen.
Inzwischen wird es ihm ein Leichtes sein, eine gewisse
Anzahl von Armeekorps an der bulgarischen Küste zu landen.
In den Alpen entfalten die Italiener eine erfolgreiche
Tätigkeit. Frost, Schnee und unglaubliche Terrainschwierigkeiten
vermochten die italienischen Truppen nicht an ihren Fortschritten
im Norden des Gardasees und im Gebiet des Isonzo zu hindern.
Die Österreicher, die in ihren Kriegsberichten bisher den Namen
Görz unterschlugen, sehen sich jetzt zu dem Eingeständnis genötigt,
daß die Festung sich in einer verzweifelten Lage befindet.
Ein Kriegsschauplatz besonders verursacht der deutschen Presse
Unbehagen: die Engländer haben in Mesopotamien Bagdad
beinahe erreicht. Die deutscherseits verbreiteten Gerüchte über
Aufstände in englischen Kolonien sind pure Erfindung. Die indischen
Truppen kämpfen frisch und fröhlich für England, während
die Schwarzen im Kamerungebiet sich beharrlich weigern, ihre
Haut für die ihnen nur zu bekannte deutsche Kultur zu Markte zu
tragen.
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rechte Seite
Der Mißerfolg des deutschen Unterseekrieges.
Deutschland hat am 18. Februar d. J. den Unterseekrieg mit dem
festen Plan begonnen, die englische Handelsflotte zu vernichten. Wie
weit entfern sie von diesem Ziel geblieben ist, zeigen die folgenden
Zahlen:
Englische Handelsflotte
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
1914. 1915.
Dampfer... 19,988,949 Tonnen 21,078,661 Tonnen
Segelschiffe: 970,709 849,334
Die englische Flotte hat demnach im ersten Kriegsjahre um beinahe
1 Million Tonnen zugenommen. Die französische Flotte ist bezüglich
der Dampfer um 31,000 Tonnen vermehrt worden,während
hinsichtlich der Segler eine geringfügige Abnahme zu verzeichnen ist. In
Rußland ist die Tonnenzahl der Segler konstant geblieben, während die
Dampfschiffe um 92,000 Tonnen erhöht wurden. Italien hat
seinen Bestand um 21,000 Tonnen vergrößert. Demnach hat sich
die Flottenstärke der Verbündeten während des Krieges erweitert, trotz
aller deutschen Angriffe.
Dagegen sind die deutsche und die österreichische Handelsflotten
ganz erheblich gesunken. Deutschland besaß:
25. August 1914. 25. August 1915.
Dampfer .... 5,072,993 Tonnen 4,062,471 Tonnen
Segelschiffe ... 488,753 445,009
______________ _________________
Zusammen .... 5,561,746 4,507,480
Die Verlustziffer beträgt also 1,054,266 Tonnen, d. i. über 20 %.
Österreich war zwar weniger unglücklich; es ist von 1,026,340 Tonnen
auf 944,388 Tonnen gefallen, d. i. 9 % Verlust.
Daß der deutsche Unterseekrieg einen kläglichen Ausgang
genommen hat, kann also nicht mehr geleugnet werden.
Die Fahnenflucht in der deutschen Armee
hat nachgerade einen Umfang angenommen, der ein sicheres Urteil über die
Geistesverfassung im Heere aufdrängt, die man objektiv nicht "Mutlosigkeit",
wohl aber "Überdruß am Kriege" nennen muß. Ein Schweizer hat, gelegentlich
eines kurzen Aufenthalt in Süddeutschland, zufällig darüber sichere Feststellungen
machen können, die wir hier auszüglich wiedergeben.
Zu Beginn der Feindseligkeiten war die deutsche Presse des Lobes voll über die
unvermutet große Zahl der Kriegsfreiwilligen. Diese "Lust, Soldat zu
sein" war auf die mannigfaltigsten Ursachen zurückzuführen. Vor allem malte die
Presse sofort die glänzensten [sic] Siege in die Luft, dann herrschte in verschiedenen
Schichten des deutschen Volkes eine Arbeitslosigkeit, die durch die notwendige
Schließung zahlreicher Betriebe noch gesteigert wurde. Um leben zu können,
ergriff man den zeitgemäßen Beruf und wurde Soldat. Der Krieg, das wußte
man sicher, würde einige Wochen dauern, und, mit etwas Glück, war man nachher
"ein gemachter Mann". Es kam aber ganz anders. Aus Wochen sind Monate
geworden und die Monate drohen Jahre zu werden. Was Wunder, wenn man
selbst als Kriegsfreiwilliger "die Nase vollbekam"?!
In den letzten Monaten konnte man nun im deutschen Heere einen Hang zur
Fahnenflucht, und zwar vor allem unter den Freiwilligen, feststellen, der in
Kreisen neutraler Fachleute eine besondere Aufmerksamkeit hervorrief. In den Zeitungen
und amtliche Blättern regnet es nur so "Steckbriefe" und "Fahnenfluchtserklärungen".
Mittels der ihm zur Verfügung stehenden Zeitungen machte sich der
oben erwähnte Schweizer höchst interessante Verzeichnisse, die selbstverständlich nicht
sämtliche deutsche Überläufer, sondern nur einen Teil davon, aufweisen; und doch
sind die Zahlen, zu denen er gelangte, recht bezeichnend.
-
item 3
versagen können. Daher rührt die bedeutend höhere Verlustziffer
im Oktober und November.
Auf dem westlichen Kriegsschauplatz haben die französischen
und englischen Truppen ihre neulich errungenen Erfolge allenthalben
aufrechterhalten; sie haben dieselben sogar vergrößert, wogegen
die wütenden Gegenangriffe der deutschen in der zweiten Hälfte
des Oktober nur blutige Mißerfolge erzielten. Gegen die
französische Artillerie ist überhaupt nicht mehr aufzukommen; eine
Herausforderung derselben wird als einzige Folge die Verlängerung
der ohnehin maßlosen deutschen Verlustlisten haben.
Auf der Ostfront bessert sich die Lage der Russen fortgesetzt.
Anfangs Oktober verkündete die deutsche Presse die bevorstehende
Einnahme von Riga und Dünaburg durch Hindenburgs Truppen;
heute scheint aber die Möglichkeit einer solchen Leistung vollständig
ausgeschlossen. Im Westen von Riga haben die Russen ihre Gegner
weit zurückgeschlagen; sie bedrohen sogar Mitau. Im Westen
von Dünaburg sind die Deutschen 15 Klm. von der Stadt zurückgewichen
und im Süden dieser Festung ziehen sie sich unaufhaltsam
zurück. In den sumpfigen Ebenen bei Pinsk sind die
Deutschen zu Tausenden umgekommen; sie sind im Morast versunken
oder ertrunken. Dort hat Deutschland auch die Natur
zum Feind. Wer sich in den weiten einsamen Sumpfebenen nicht
auskennt, der ist darin unrettbar verloren. In der Styrgegend
hat die russische Armee Ende Oktober und anfangs November hervorragende
Waffentaten geleistet, so daß der deutsche Generalstab
eiligst Verstärkung schicken mußte. Aber Terrain vermochten
die deutsch-österreichischen Heere seit September keines zu gewinnen;
im Gegenteil, sie wurden auf mehreren Strecken zurückgeschlagen
und haben in einem Monat 674 Offiziere und 49,200 Mann
an Gefangenen verloren. Die Gesamtzahl der deutsch-
österreichischen Gefangenen in Rußland ist nunmehr
auf 1,200,000 gestiegen.
In der Zwischenzeit sind im Innern Rußlands neue Heere ausgebildet
und ausgerüstet worden und gleichzeitig hat sich die
russische Industrie in einer Weise umgestaltet, daß sie den Heeresbedarf
in ausgiebiger Weise liefert. Die übrigen Verbündeten
überweisen den Russen Munition u. s. w. im Überfluß, um so
mehr als ausgezeichnete Verbindungswege gesichert sind. Bekanntlich
ist seit Beginn des Krieges eine neue Eisenbahnlinie von
Petersburg zum Nördlichen Ozean gebaut worden. Bis zum
Frühjahr wird Rußland in einer fürchterlichen Kriegsstärke dastehen.
Inzwischen wird es ihm ein Leichtes sein, eine gewisse
Anzahl von Armeekorps an der bulgarischen Küste zu landen.
In den Alpen entfalten die Italiener eine erfolgreiche
Tätigkeit. Frost, Schnee und unglaubliche Terrainschwierigkeiten
vermochten die italienischen Truppen nicht an ihren Fortschritten
im Norden des Gardasees und im Gebiet des Isonzo zu hindern.
Die Österreicher, die in ihren Kriegsberichten bisher den Namen
Görz unterschlugen, sehen sich jetzt zu dem Eingeständnis genötigt,
daß die Festung sich in einer verzweifelten Lage befindet.
Ein Kriegsschauplatz besonders verursacht der deutschen Presse
Unbehagen: die Engländer haben in Mesopotamien Bagdad
beinahe erreicht. Die deutscherseits verbreiteten Gerüchte über
Aufstände in englischen Kolonien sind pure Erfindung. Die indischen
Truppen kämpfen frisch und fröhlich für England, während
die Schwarzen im Kamerungebiet sich beharrlich weigern, ihre
Haut für die ihnen nur zu bekannte deutsche Kultur zu Markte zu
tragen.
________________________
rechte Seite
Der Mißerfolg des deutschen Unterseekrieges.
Deutschland hat am 18. Februar d. J. den Unterseekrieg mit dem
festen Plan begonnen, die englische Handelsflotte zu vernichten. Wie
weit entfern sie von diesem Ziel geblieben ist, zeigen die folgenden
Zahlen:
Englische Handelsflotte
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
1914. 1915.
Dampfer... 19,988,949 Tonnen 21,078,661 Tonnen
Segelschiffe: 970,709 849,334
Die englische Flotte hat demnach im ersten Kriegsjahre um beinahe
1 Million Tonnen zugenommen. Die französische Flotte ist bezüglich
der Dampfer um 31,000 Tonnen vermehrt worden,während
hinsichtlich der Segler eine geringfügige Abnahme zu verzeichnen ist. In
Rußland ist die Tonnenzahl der Segler konstant geblieben, während die
Dampfschiffe um 92,000 Tonnen erhöht wurden. Italien hat
seinen Bestand um 21,000 Tonnen vergrößert. Demnach hat sich
die Flottenstärke der Verbündeten während des Krieges erweitert, trotz
aller deutschen Angriffe.
Dagegen sind die deutsche und die österreichische Handelsflotten
ganz erheblich gesunken. Deutschland besaß:
25. August 1914. 25. August 1915.
Dampfer .... 5,072,993 Tonnen 4,062,471 Tonnen
Segelschiffe ... 488,753 445,009
______________ _________________
Zusammen .... 5,561,746 4,507,480
Die Verlustziffer beträgt also 1,054,266 Tonnen, d. i. über 20 %.
Österreich war zwar weniger unglücklich; es ist von 1,026,340 Tonnen
auf 944,388 Tonnen gefallen, d. i. 9 % Verlust.
Daß der deutsche Unterseekrieg einen kläglichen Ausgang
genommen hat, kann also nicht mehr geleugnet werden.
Die Fahnenflucht in der deutschen Armee
hat nachgerade einen Umfang angenommen, der ein sicheres Urteil über die
Geistesverfassung im Heere aufdrängt, die man objektiv nicht "Mutlosigkeit",
wohl aber "Überdruß am Kriege" nennen muß. Ein Schweizer hat, gelegentlich
eines kurzen Aufenthalt in Süddeutschland, zufällig darüber sichere Feststellungen
machen können, die wir hier auszüglich wiedergeben.
Zu Beginn der Feindseligkeiten war die deutsche Presse des Lobes voll über die
unvermutet große Zahl der Kriegsfreiwilligen. Diese "Lust, Soldat zu
sein" war auf die mannigfaltigsten Ursachen zurückzuführen. Vor allem malte die
Presse sofort die glänzensten [sic] Siege in die Luft, dann herrschte in verschiedenen
Schichten des deutschen Volkes eine Arbeitslosigkeit, die durch die notwendige
Schließung zahlreicher Betriebe noch gesteigert wurde. Um leben zu können,
ergriff man den zeitgemäßen Beruf und wurde Soldat. Der Krieg, das wußte
man sicher, würde einige Wochen dauern, und, mit etwas Glück, war man nachher
"ein gemachter Mann". Es kam aber ganz anders. Aus Wochen sind Monate
geworden und die Monate drohen Jahre zu werden. Was Wunder, wenn man
selbst als Kriegsfreiwilliger "die Nase vollbekam"?!
-
item 3
versagen können. Daher rührt die bedeutend höhere Verlustziffer
im Oktober und November.
Auf dem westlichen Kriegsschauplatz haben die französischen
und englischen Truppen ihre neulich errungenen Erfolge allenthalben
aufrechterhalten; sie haben dieselben sogar vergrößert, wogegen
die wütenden Gegenangriffe der deutschen in der zweiten Hälfte
des Oktober nur blutige Mißerfolge erzielten. Gegen die
französische Artillerie ist überhaupt nicht mehr aufzukommen; eine
Herausforderung derselben wird als einzige Folge die Verlängerung
der ohnehin maßlosen deutschen Verlustlisten haben.
Auf der Ostfront bessert sich die Lage der Russen fortgesetzt.
Anfangs Oktober verkündete die deutsche Presse die bevorstehende
Einnahme von Riga und Dünaburg durch Hindenburgs Truppen;
heute scheint aber die Möglichkeit einer solchen Leistung vollständig
ausgeschlossen. Im Westen von Riga haben die Russen ihre Gegner
weit zurückgeschlagen; sie bedrohen sogar Mitau. Im Westen
von Dünaburg sind die Deutschen 15 Klm. von der Stadt zurückgewichen
und im Süden dieser Festung ziehen sie sich unaufhaltsam
zurück. In den sumpfigen Ebenen bei Pinsk sind die
Deutschen zu Tausenden umgekommen; sie sind im Morast versunken
oder ertrunken. Dort hat Deutschland auch die Natur
zum Feind. Wer sich in den weiten einsamen Sumpfebenen nicht
auskennt, der ist darin unrettbar verloren. In der Styrgegend
hat die russische Armee Ende Oktober und anfangs November hervorragende
Waffentaten geleistet, so daß der deutsche Generalstab
eiligst Verstärkung schicken mußte. Aber Terrain vermochten
die deutsch-österreichischen Heere seit September keines zu gewinnen;
im Gegenteil, sie wurden auf mehreren Strecken zurückgeschlagen
und haben in einem Monat 674 Offiziere und 49,200 Mann
an Gefangenen verloren. Die Gesamtzahl der deutsch-
österreichischen Gefangenen in Rußland ist nunmehr
auf 1,200,000 gestiegen.
In der Zwischenzeit sind im Innern Rußlands neue Heere ausgebildet
und ausgerüstet worden und gleichzeitig hat sich die
russische Industrie in einer Weise umgestaltet, daß sie den Heeresbedarf
in ausgiebiger Weise liefert. Die übrigen Verbündeten
überweisen den Russen Munition u. s. w. im Überfluß, um so
mehr als ausgezeichnete Verbindungswege gesichert sind. Bekanntlich
ist seit Beginn des Krieges eine neue Eisenbahnlinie von
Petersburg zum Nördlichen Ozean gebaut worden. Bis zum
Frühjahr wird Rußland in einer fürchterlichen Kriegsstärke dastehen.
Inzwischen wird es ihm ein Leichtes sein, eine gewisse
Anzahl von Armeekorps an der bulgarischen Küste zu landen.
In den Alpen entfalten die Italiener eine erfolgreiche
Tätigkeit. Frost, Schnee und unglaubliche Terrainschwierigkeiten
vermochten die italienischen Truppen nicht an ihren Fortschritten
im Norden des Gardasees und im Gebiet des Isonzo zu hindern.
Die Österreicher, die in ihren Kriegsberichten bisher den Namen
Görz unterschlugen, sehen sich jetzt zu dem Eingeständnis genötigt,
daß die Festung sich in einer verzweifelten Lage befindet.
Ein Kriegsschauplatz besonders verursacht der deutschen Presse
Unbehagen: die Engländer haben in Mesopotamien Bagdad
beinahe erreicht. Die deutscherseits verbreiteten Gerüchte über
Aufstände in englischen Kolonien sind pure Erfindung. Die indischen
Truppen kämpfen frisch und fröhlich für England, während
die Schwarzen im Kamerungebiet sich beharrlich weigern, ihre
Haut für die ihnen nur zu bekannte deutsche Kultur zu Markte zu
tragen.
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rechte Seite
Der Mißerfolg des deutschen Unterseekrieges.
Deutschland hat am 18. Februar d. J. den Unterseekrieg mit dem
festen Plan begonnen, die englische Handelsflotte zu vernichten. Wie
weit entfern sie von diesem Ziel geblieben ist, zeigen die folgenden
Zahlen:
Englische Handelsflotte
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
1914. 1915.
Dampfer... 19,988,949 Tonnen 21,078,661 Tonnen
Segelschiffe: 970,709 849,334
Die englische Flotte hat demnach im ersten Kriegsjahre um beinahe
1 Million Tonnen zugenommen. Die französische Flotte ist bezüglich
der Dampfer um 31,000 Tonnen vermehrt worden,während
hinsichtlich der Segler eine geringfügige Abnahme zu verzeichnen ist. In
Rußland ist die Tonnenzahl der Segler konstant geblieben, während die
Dampfschiffe um 92,000 Tonnen erhöht wurden. Italien hat
seinen Bestand um 21,000 Tonnen vergrößert. Demnach hat sich
die Flottenstärke der Verbündeten während des Krieges erweitert, trotz
aller deutschen Angriffe.
Dagegen sind die deutsche und die österreichische Handelsflotten
ganz erheblich gesunken. Deutschland besaß:
25. August 1914. 25. August 1915.
Dampfer .... 5,072,993 Tonnen 4,062,471 Tonnen
Segelschiffe ... 488,753 445,009
______________ _________________
Zusammen .... 5,561,746 4,507,480
Die Verlustziffer beträgt also 1,054,266 Tonnen, d. i. über 20 %.
Österreich war zwar weniger unglücklich; es ist von 1,026,340 Tonnen
auf 944,388 Tonnen gefallen, d. i. 9 % Verlust.
Daß der deutsche Unterseekrieg einen kläglichen Ausgang
genommen hat, kann also nicht mehr geleugnet werden.
Die Fahnenflucht in der deutschen Armee
hat nachgerade einen Umfang angenommen, der ein sicheres Urteil über die
Geistesverfassung im Heere aufdrängt, die man objektiv nicht "Mutlosigkeit",
wohl aber "Überdruß am Kriege" nennen muß.
-
item 3
versagen können. Daher rührt die bedeutend höhere Verlustziffer
im Oktober und November.
Auf dem westlichen Kriegsschauplatz haben die französischen
und englischen Truppen ihre neulich errungenen Erfolge allenthalben
aufrechterhalten; sie haben dieselben sogar vergrößert, wogegen
die wütenden Gegenangriffe der deutschen in der zweiten Hälfte
des Oktober nur blutige Mißerfolge erzielten. Gegen die
französische Artillerie ist überhaupt nicht mehr aufzukommen; eine
Herausforderung derselben wird als einzige Folge die Verlängerung
der ohnehin maßlosen deutschen Verlustlisten haben.
Auf der Ostfront bessert sich die Lage der Russen fortgesetzt.
Anfangs Oktober verkündete die deutsche Presse die bevorstehende
Einnahme von Riga und Dünaburg durch Hindenburgs Truppen;
heute scheint aber die Möglichkeit einer solchen Leistung vollständig
ausgeschlossen. Im Westen von Riga haben die Russen ihre Gegner
weit zurückgeschlagen; sie bedrohen sogar Mitau. Im Westen
von Dünaburg sind die Deutschen 15 Klm. von der Stadt zurückgewichen
und im Süden dieser Festung ziehen sie sich unaufhaltsam
zurück. In den sumpfigen Ebenen bei Pinsk sind die
Deutschen zu Tausenden umgekommen; sie sind im Morast versunken
oder ertrunken. Dort hat Deutschland auch die Natur
zum Feind. Wer sich in den weiten einsamen Sumpfebenen nicht
auskennt, der ist darin unrettbar verloren. In der Styrgegend
hat die russische Armee Ende Oktober und anfangs November hervorragende
Waffentaten geleistet, so daß der deutsche Generalstab
eiligst Verstärkung schicken mußte. Aber Terrain vermochten
die deutsch-österreichischen Heere seit September keines zu gewinnen;
im Gegenteil, sie wurden auf mehreren Strecken zurückgeschlagen
und haben in einem Monat 674 Offiziere und 49,200 Mann
an Gefangenen verloren. Die Gesamtzahl der deutsch-
österreichischen Gefangenen in Rußland ist nunmehr
auf 1,200,000 gestiegen.
In der Zwischenzeit sind im Innern Rußlands neue Heere ausgebildet
und ausgerüstet worden und gleichzeitig hat sich die
russische Industrie in einer Weise umgestaltet, daß sie den Heeresbedarf
in ausgiebiger Weise liefert. Die übrigen Verbündeten
überweisen den Russen Munition u. s. w. im Überfluß, um so
mehr als ausgezeichnete Verbindungswege gesichert sind. Bekanntlich
ist seit Beginn des Krieges eine neue Eisenbahnlinie von
Petersburg zum Nördlichen Ozean gebaut worden. Bis zum
Frühjahr wird Rußland in einer fürchterlichen Kriegsstärke dastehen.
Inzwischen wird es ihm ein Leichtes sein, eine gewisse
Anzahl von Armeekorps an der bulgarischen Küste zu landen.
In den Alpen entfalten die Italiener eine erfolgreiche
Tätigkeit. Frost, Schnee und unglaubliche Terrainschwierigkeiten
vermochten die italienischen Truppen nicht an ihren Fortschritten
im Norden des Gardasees und im Gebiet des Isonzo zu hindern.
Die Österreicher, die in ihren Kriegsberichten bisher den Namen
Görz unterschlugen, sehen sich jetzt zu dem Eingeständnis genötigt,
daß die Festung sich in einer verzweifelten Lage befindet.
Ein Kriegsschauplatz besonders verursacht der deutschen Presse
Unbehagen: die Engländer haben in Mesopotamien Bagdad
beinahe erreicht. Die deutscherseits verbreiteten Gerüchte über
Aufstände in englischen Kolonien sind pure Erfindung. Die indischen
Truppen kämpfen frisch und fröhlich für England, während
die Schwarzen im Kamerungebiet sich beharrlich weigern, ihre
Haut für die ihnen nur zu bekannte deutsche Kultur zu Markte zu
tragen.
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rechte Seite
Der Mißerfolg des deutschen Unterseekrieges.
Deutschland hat am 18. Februar d. J. den Unterseekrieg mit dem
festen Plan begonnen, die englische Handelsflotte zu vernichten. Wie
weit entfern sie von diesem Ziel geblieben ist, zeigen die folgenden
Zahlen:
Englische Handelsflotte
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
1914. 1915.
Dampfer... 19,988,949 Tonnen 21,078,661 Tonnen
Segelschiffe: 970,709 849,334
Die englische Flotte hat demnach im ersten Kriegsjahre um beinahe
1 Million Tonnen zugenommen. Die französische Flotte ist bezüglich
der Dampfer um 31,000 Tonnen vermehrt worden,während
hinsichtlich der Segler eine geringfügige Abnahme zu verzeichnen ist. In
Rußland ist die Tonnenzahl der Segler konstant geblieben, während die
Dampfschiffe um 92,000 Tonnen erhöht wurden. Italien hat
seinen Bestand um 21,000 Tonnen vergrößert. Demnach hat sich
die Flottenstärke der Verbündeten während des Krieges erweitert, trotz
aller deutschen Angriffe.
Dagegen sind die deutsche und die österreichische Handelsflotten
ganz erheblich gesunken. Deutschland besaß:
25. August 1914. 25. August 1915.
Dampfer .... 5,072,993 Tonnen 4,062,471 Tonnen
Segelschiffe ... 488,753 445,009
______________ _________________
Zusammen .... 5,561,746 4,507,480
Die Verlustziffer beträgt also 1,054,266 Tonnen, d. i. über 20 %.
Österreich war zwar weniger unglücklich; es ist von 1,026,340 Tonnen
auf 944,388 Tonnen gefallen, d. i. 9 % Verlust.
Daß der deutsche Unterseekrieg einen kläglichen Ausgang
genommen hat, kann also nicht mehr geleugnet werden.
-
item 3
versagen können. Daher rührt die bedeutend höhere Verlustziffer
im Oktober und November.
Auf dem westlichen Kriegsschauplatz haben die französischen
und englischen Truppen ihre neulich errungenen Erfolge allenthalben
aufrechterhalten; sie haben dieselben sogar vergrößert, wogegen
die wütenden Gegenangriffe der deutschen in der zweiten Hälfte
des Oktober nur blutige Mißerfolge erzielten. Gegen die
französische Artillerie ist überhaupt nicht mehr aufzukommen; eine
Herausforderung derselben wird als einzige Folge die Verlängerung
der ohnehin maßlosen deutschen Verlustlisten haben.
Auf der Ostfront bessert sich die Lage der Russen fortgesetzt.
Anfangs Oktober verkündete die deutsche Presse die bevorstehende
Einnahme von Riga und Dünaburg durch Hindenburgs Truppen;
heute scheint aber die Möglichkeit einer solchen Leistung vollständig
ausgeschlossen. Im Westen von Riga haben die Russen ihre Gegner
weit zurückgeschlagen; sie bedrohen sogar Mitau. Im Westen
von Dünaburg sind die Deutschen 15 Klm. von der Stadt zurückgewichen
und im Süden dieser Festung ziehen sie sich unaufhaltsam
zurück. In den sumpfigen Ebenen bei Pinsk sind die
Deutschen zu Tausenden umgekommen; sie sind im Morast versunken
oder ertrunken. Dort hat Deutschland auch die Natur
zum Feind. Wer sich in den weiten einsamen Sumpfebenen nicht
auskennt, der ist darin unrettbar verloren. In der Styrgegend
hat die russische Armee Ende Oktober und anfangs November hervorragende
Waffentaten geleistet, so daß der deutsche Generalstab
eiligst Verstärkung schicken mußte. Aber Terrain vermochten
die deutsch-österreichischen Heere seit September keines zu gewinnen;
im Gegenteil, sie wurden auf mehreren Strecken zurückgeschlagen
und haben in einem Monat 674 Offiziere und 49,200 Mann
an Gefangenen verloren. Die Gesamtzahl der deutsch-
österreichischen Gefangenen in Rußland ist nunmehr
auf 1,200,000 gestiegen.
In der Zwischenzeit sind im Innern Rußlands neue Heere ausgebildet
und ausgerüstet worden und gleichzeitig hat sich die
russische Industrie in einer Weise umgestaltet, daß sie den Heeresbedarf
in ausgiebiger Weise liefert. Die übrigen Verbündeten
überweisen den Russen Munition u. s. w. im Überfluß, um so
mehr als ausgezeichnete Verbindungswege gesichert sind. Bekanntlich
ist seit Beginn des Krieges eine neue Eisenbahnlinie von
Petersburg zum Nördlichen Ozean gebaut worden. Bis zum
Frühjahr wird Rußland in einer fürchterlichen Kriegsstärke dastehen.
Inzwischen wird es ihm ein Leichtes sein, eine gewisse
Anzahl von Armeekorps an der bulgarischen Küste zu landen.
In den Alpen entfalten die Italiener eine erfolgreiche
Tätigkeit. Frost, Schnee und unglaubliche Terrainschwierigkeiten
vermochten die italienischen Truppen nicht an ihren Fortschritten
im Norden des Gardasees und im Gebiet des Isonzo zu hindern.
Die Österreicher, die in ihren Kriegsberichten bisher den Namen
Görz unterschlugen, sehen sich jetzt zu dem Eingeständnis genötigt,
daß die Festung sich in einer verzweifelten Lage befindet.
Ein Kriegsschauplatz besonders verursacht der deutschen Presse
Unbehagen: die Engländer haben in Mesopotamien Bagdad
beinahe erreicht. Die deutscherseits verbreiteten Gerüchte über
Aufstände in englischen Kolonien sind pure Erfindung. Die indischen
Truppen kämpfen frisch und fröhlich für England, während
die Schwarzen im Kamerungebiet sich beharrlich weigern, ihre
Haut für die ihnen nur zu bekannte deutsche Kultur zu Markte zu
tragen.
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rechte Seite
Der Mißerfolg des deutschen Unterseekrieges.
Deutschland hat am 18. Februar d. J. den Unterseekrieg mit dem
festen Plan begonnen, die englische Handelsflotte zu vernichten. Wie
weit entfern sie von diesem Ziel geblieben ist, zeigen die folgenden
Zahlen:
Englische Handelsflotte
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
1914. 1915.
Dampfer... 19,988,949 Tonnen 21,078,661 Tonnen
Segelschiffe: 970,709 849,334
Die englische Flotte hat demnach im ersten Kriegsjahre um beinahe
1 Million Tonnen zugenommen. Die französische Flotte ist bezüglich
der Dampfer um 31,000 Tonnen vermehrt worden,während
hinsichtlich der Segler eine geringfügige Abnahme zu verzeichnen ist. In
Rußland ist die Tonnenzahl der Segler konstant geblieben, während die
Dampfschiffe um 92,000 Tonnen erhöht wurden. Italien hat
seinen Bestand um 21,000 Tonnen vergrößert. Demnach hat sich
die Flottenstärke der Verbündeten während des Krieges erweitert, trotz
aller deutschen Angriffe.
Dagegen sind die deutsche und die österreichische Handelsflotten
ganz erheblich gesunken. Deutschland besaß:
25. August 1914. 25. August 1915.
Dampfer .... 5,072,993 Tonnen 4,062,471 Tonnen
Segelschiffe ... 488,753 445,009
______________ _________________
Zusammen .... 5,561,746 4,507,480
Die Verlustziffer beträgt also
-
item 3
versagen können. Daher rührt die bedeutend höhere Verlustziffer
im Oktober und November.
Auf dem westlichen Kriegsschauplatz haben die französischen
und englischen Truppen ihre neulich errungenen Erfolge allenthalben
aufrechterhalten; sie haben dieselben sogar vergrößert, wogegen
die wütenden Gegenangriffe der deutschen in der zweiten Hälfte
des Oktober nur blutige Mißerfolge erzielten. Gegen die
französische Artillerie ist überhaupt nicht mehr aufzukommen; eine
Herausforderung derselben wird als einzige Folge die Verlängerung
der ohnehin maßlosen deutschen Verlustlisten haben.
Auf der Ostfront bessert sich die Lage der Russen fortgesetzt.
Anfangs Oktober verkündete die deutsche Presse die bevorstehende
Einnahme von Riga und Dünaburg durch Hindenburgs Truppen;
heute scheint aber die Möglichkeit einer solchen Leistung vollständig
ausgeschlossen. Im Westen von Riga haben die Russen ihre Gegner
weit zurückgeschlagen; sie bedrohen sogar Mitau. Im Westen
von Dünaburg sind die Deutschen 15 Klm. von der Stadt zurückgewichen
und im Süden dieser Festung ziehen sie sich unaufhaltsam
zurück. In den sumpfigen Ebenen bei Pinsk sind die
Deutschen zu Tausenden umgekommen; sie sind im Morast versunken
oder ertrunken. Dort hat Deutschland auch die Natur
zum Feind. Wer sich in den weiten einsamen Sumpfebenen nicht
auskennt, der ist darin unrettbar verloren. In der Styrgegend
hat die russische Armee Ende Oktober und anfangs November hervorragende
Waffentaten geleistet, so daß der deutsche Generalstab
eiligst Verstärkung schicken mußte. Aber Terrain vermochten
die deutsch-österreichischen Heere seit September keines zu gewinnen;
im Gegenteil, sie wurden auf mehreren Strecken zurückgeschlagen
und haben in einem Monat 674 Offiziere und 49,200 Mann
an Gefangenen verloren. Die Gesamtzahl der deutsch-
österreichischen Gefangenen in Rußland ist nunmehr
auf 1,200,000 gestiegen.
In der Zwischenzeit sind im Innern Rußlands neue Heere ausgebildet
und ausgerüstet worden und gleichzeitig hat sich die
russische Industrie in einer Weise umgestaltet, daß sie den Heeresbedarf
in ausgiebiger Weise liefert. Die übrigen Verbündeten
überweisen den Russen Munition u. s. w. im Überfluß, um so
mehr als ausgezeichnete Verbindungswege gesichert sind. Bekanntlich
ist seit Beginn des Krieges eine neue Eisenbahnlinie von
Petersburg zum Nördlichen Ozean gebaut worden. Bis zum
Frühjahr wird Rußland in einer fürchterlichen Kriegsstärke dastehen.
Inzwischen wird es ihm ein Leichtes sein, eine gewisse
Anzahl von Armeekorps an der bulgarischen Küste zu landen.
In den Alpen entfalten die Italiener eine erfolgreiche
Tätigkeit. Frost, Schnee und unglaubliche Terrainschwierigkeiten
vermochten die italienischen Truppen nicht an ihren Fortschritten
im Norden des Gardasees und im Gebiet des Isonzo zu hindern.
Die Österreicher, die in ihren Kriegsberichten bisher den Namen
Görz unterschlugen, sehen sich jetzt zu dem Eingeständnis genötigt,
daß die Festung sich in einer verzweifelten Lage befindet.
Ein Kriegsschauplatz besonders verursacht der deutschen Presse
Unbehagen: die Engländer haben in Mesopotamien Bagdad
beinahe erreicht. Die deutscherseits verbreiteten Gerüchte über
Aufstände in englischen Kolonien sind pure Erfindung. Die indischen
Truppen kämpfen frisch und fröhlich für England, während
die Schwarzen im Kamerungebiet sich beharrlich weigern, ihre
Haut für die ihnen nur zu bekannte deutsche Kultur zu Markte zu
tragen.
________________________
rechte Seite
Der Mißerfolg des deutschen Unterseekrieges.
Deutschland hat am 18. Februar d. J. den Unterseekrieg mit dem
festen Plan begonnen, die englische Handelsflotte zu vernichten. Wie
weit entfern sie von diesem Ziel geblieben ist, zeigen die folgenden
Zahlen:
Englische Handelsflotte
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
1914. 1915.
Dampfer... 19,988,949 Tonnen 21,078,661 Tonnen
Segelschiffe: 970,709 849,334
Die englische Flotte hat demnach im ersten Kriegsjahre um beinahe
1 Million Tonnen zugenommen. Die französische Flotte ist bezüglich
der Dampfer um 31,000 Tonnen vermehrt worden,während
hinsichtlich der Segler eine geringfügige Abnahme zu verzeichnen ist. In
Rußland ist die Tonnenzahl der Segler konstant geblieben, während die
Dampfschiffe um 92,000 Tonnen erhöht wurden. Italien hat
seinen Bestand um 21,000 Tonnen vergrößert. Demnach hat sich
die Flottenstärke der Verbündeten während des Krieges erweitert, trotz
aller deutschen Angriffe.
-
item 3
versagen können. Daher rührt die bedeutend höhere Verlustziffer
im Oktober und November.
Auf dem westlichen Kriegsschauplatz haben die französischen
und englischen Truppen ihre neulich errungenen Erfolge allenthalben
aufrechterhalten; sie haben dieselben sogar vergrößert, wogegen
die wütenden Gegenangriffe der deutschen in der zweiten Hälfte
des Oktober nur blutige Mißerfolge erzielten. Gegen die
französische Artillerie ist überhaupt nicht mehr aufzukommen; eine
Herausforderung derselben wird als einzige Folge die Verlängerung
der ohnehin maßlosen deutschen Verlustlisten haben.
Auf der Ostfront bessert sich die Lage der Russen fortgesetzt.
Anfangs Oktober verkündete die deutsche Presse die bevorstehende
Einnahme von Riga und Dünaburg durch Hindenburgs Truppen;
heute scheint aber die Möglichkeit einer solchen Leistung vollständig
ausgeschlossen. Im Westen von Riga haben die Russen ihre Gegner
weit zurückgeschlagen; sie bedrohen sogar Mitau. Im Westen
von Dünaburg sind die Deutschen 15 Klm. von der Stadt zurückgewichen
und im Süden dieser Festung ziehen sie sich unaufhaltsam
zurück. In den sumpfigen Ebenen bei Pinsk sind die
Deutschen zu Tausenden umgekommen; sie sind im Morast versunken
oder ertrunken. Dort hat Deutschland auch die Natur
zum Feind. Wer sich in den weiten einsamen Sumpfebenen nicht
auskennt, der ist darin unrettbar verloren. In der Styrgegend
hat die russische Armee Ende Oktober und anfangs November hervorragende
Waffentaten geleistet, so daß der deutsche Generalstab
eiligst Verstärkung schicken mußte. Aber Terrain vermochten
die deutsch-österreichischen Heere seit September keines zu gewinnen;
im Gegenteil, sie wurden auf mehreren Strecken zurückgeschlagen
und haben in einem Monat 674 Offiziere und 49,200 Mann
an Gefangenen verloren. Die Gesamtzahl der deutsch-
österreichischen Gefangenen in Rußland ist nunmehr
auf 1,200,000 gestiegen.
In der Zwischenzeit sind im Innern Rußlands neue Heere ausgebildet
und ausgerüstet worden und gleichzeitig hat sich die
russische Industrie in einer Weise umgestaltet, daß sie den Heeresbedarf
in ausgiebiger Weise liefert. Die übrigen Verbündeten
überweisen den Russen Munition u. s. w. im Überfluß, um so
mehr als ausgezeichnete Verbindungswege gesichert sind. Bekanntlich
ist seit Beginn des Krieges eine neue Eisenbahnlinie von
Petersburg zum Nördlichen Ozean gebaut worden. Bis zum
Frühjahr wird Rußland in einer fürchterlichen Kriegsstärke dastehen.
Inzwischen wird es ihm ein Leichtes sein, eine gewisse
Anzahl von Armeekorps an der bulgarischen Küste zu landen.
In den Alpen entfalten die Italiener eine erfolgreiche
Tätigkeit. Frost, Schnee und unglaubliche Terrainschwierigkeiten
vermochten die italienischen Truppen nicht an ihren Fortschritten
im Norden des Gardasees und im Gebiet des Isonzo zu hindern.
Die Österreicher, die in ihren Kriegsberichten bisher den Namen
Görz unterschlugen, sehen sich jetzt zu dem Eingeständnis genötigt,
daß die Festung sich in einer verzweifelten Lage befindet.
Ein Kriegsschauplatz besonders verursacht der deutschen Presse
Unbehagen: die Engländer haben in Mesopotamien Bagdad
beinahe erreicht. Die deutscherseits verbreiteten Gerüchte über
Aufstände in englischen Kolonien sind pure Erfindung. Die indischen
Truppen kämpfen frisch und fröhlich für England, während
die Schwarzen im Kamerungebiet sich beharrlich weigern, ihre
Haut für die ihnen nur zu bekannte deutsche Kultur zu Markte zu
tragen.
________________________
-
item 3
versagen können. Daher rührt die bedeutend höhere Verlustziffer
im Oktober und November.
Auf dem westlichen Kriegsschauplatz haben die französischen
und englischen Truppen ihre neulich errungenen Erfolge allenthalben
aufrechterhalten; sie haben dieselben sogar vergrößert, wogegen
die wütenden Gegenangriffe der deutschen in der zweiten Hälfte
des Oktober nur blutige Mißerfolge erzielten. Gegen die
französische Artillerie ist überhaupt nicht mehr aufzukommen; eine
Herausforderung derselben wird als einzige Folge die Verlängerung
der ohnehin maßlosen deutschen Verlustlisten haben.
Auf der Ostfront bessert sich die Lage der Russen fortgesetzt.
Anfangs Oktober verkündete die deutsche Presse die bevorstehende
Einnahme von Riga und Dünaburg durch Hindenburgs Truppen;
heute scheint aber die Möglichkeit einer solchen Leistung vollständig
ausgeschlossen. Im Westen von Riga haben die Russen ihre Gegner
weit zurückgeschlagen; sie bedrohen sogar Mitau. Im Westen
von Dünaburg sind die Deutschen 15 Klm. von der Stadt zurückgewichen
und im Süden dieser Festung ziehen sie sich unaufhaltsam
zurück. In den sumpfigen Ebenen bei Pinsk sind die
Deutschen zu Tausenden umgekommen; sie sind im Morast versunken
oder ertrunken. Dort hat Deutschland auch die Natur
zum Feind. Wer sich in den weiten einsamen Sumpfebenen nicht
auskennt, der ist darin unrettbar verloren. In der Styrgegend
hat die russische Armee Ende Oktober und anfangs November hervorragende
Waffentaten geleistet, so daß der deutsche Generalstab
eiligst Verstärkung schicken mußte. Aber Terrain vermochten
die deutsch-österreichischen Heere seit September keines zu gewinnen;
im Gegenteil, sie wurden auf mehreren Strecken zurückgeschlagen
und haben in einem Monat 674 Offiziere und 49,200 Mann
an Gefangenen verloren. Die Gesamtzahl der deutsch-
österreichischen Gefangenen in Rußland ist nunmehr
auf 1,200,000 gestiegen.
In der Zwischenzeit sind im Innern Rußlands neue Heere ausgebildet
und ausgerüstet worden und gleichzeitig hat sich die
russische Industrie in einer Weise umgestaltet, daß sie den Heeresbedarf
in ausgiebiger Weise liefert. Die übrigen Verbündeten
überweisen den Russen Munition u. s. w. im Überfluß, um so
mehr als ausgezeichnete Verbindungswege gesichert sind. Bekanntlich
ist seit Beginn des Krieges eine neue Eisenbahnlinie von
Petersburg zum Nördlichen Ozean gebaut worden. Bis zum
Frühjahr wird Rußland in einer fürchterlichen Kriegsstärke dastehen.
Inzwischen wird es ihm ein Leichtes sein, eine gewisse
Anzahl von Armeekorps an der bulgarischen Küste zu landen.
In den Alpen entfalten die Italiener eine erfolgreiche
Tätigkeit. Frost, Schnee und unglaubliche Terrainschwierigkeiten
vermochten die italienischen Truppen nicht an ihren Fortschritten
im Norden des Gardasees und im Gebiet des Isonzo zu hindern.
Die Österreicher, die in ihren Kriegsberichten bisher den Namen
Görz unterschlugen, sehen sich jetzt zu dem Eingeständnis genötigt,
daß die Festung sich in einer verzweifelten Lage befindet.
Ein Kriegsschauplatz besonders verursacht de deutschen Presse
Unbehagen: die Engländer haben in Mesopotamien Bagdad
beinahe erreicht. Die deutscherseits verbreiteten Gerüchte über
Aufstände in englischen Kolonien sind pure Erfindung. Die indischen
Truppen kämpfen frisch und fröhlich für England, während
die Schwarzen im Kamerungebiet sich beharrlich weigern, ihre
Haut für die ihnen nur zu bekannte deutsche Kultur zu Markte zu
tragen.
________________________
-
item 3
versagen können. Daher rührt die bedeutend höhere Verlustziffer
im Oktober und November.
Auf dem westlichen Kriegsschauplatz haben die französischen
und englischen Truppen ihre neulich errungenen Erfolge allenthalben
aufrechterhalten; sie haben dieselben sogar vergrößert, wogegen
die wütenden Gegenangriffe der deutschen in der zweiten Hälfte
des Oktober nur blutige Mißerfolge erzielten. Gegen die
französische Artillerie ist überhaupt nicht mehr aufzukommen; eine
Herausforderung derselben wird als einzige Folge die Verlängerung
der ohnehin maßlosen deutschen Verlustlisten haben.
Auf der Ostfront bessert sich die Lage der Russen fortgesetzt.
Anfangs Oktober verkündete die deutsche Presse die bevorstehende
Einnahme von Riga und Dünaburg durch Hindenburgs Truppen;
heute scheint aber die Möglichkeit einer solchen Leistung vollständig
ausgeschlossen. Im Westen von Riga haben die Russen ihre Gegner
weit zurückgeschlagen; sie bedrohen sogar Mitau. Im Westen
von Dünaburg sind die Deutschen 15 Klm. von der Stadt zurückgewichen
und im Süden dieser Festung ziehen sie sich unaufhaltsam
zurück. In den sumpfigen Ebenen bei Pinsk sind die
Deutschen zu Tausenden umgekommen; sie sind im Morast versunken
oder ertrunken. Dort hat Deutschland auch die Natur
zum Feind. Wer sich in den weiten einsamen Sumpfebenen nicht
auskennt, der ist darin unrettbar verloren. In der Styrgegend
hat die russische Armee Ende Oktober und anfangs November hervorragende
Waffentaten geleistet, so daß der deutsche Generalstab
eiligst Verstärkung schicken mußte. Aber Terrain vermochten
die deutsch-österreichischen Heere seit September keines zu gewinnen;
im Gegenteil, sie wurden auf mehreren Strecken zurückgeschlagen
und haben in einem Monat 674 Offiziere und 49,200 Mann
an Gefangenen verloren. Die Gesamtzahl der deutsch-
österreichischen Gefangenen in Rußland ist nunmehr
auf 1,200,000 gestiegen.
In der Zwischenzeit sind im Innern Rußlands neue Heere ausgebildet
und ausgerüstet worden und gleichzeitig hat sich die
russische Industrie in einer Weise umgestaltet, daß sie den Heeresbedarf
in ausgiebiger Weise liefert. Die übrigen Verbündeten
überweisen den Russen Munition u. s. w. im Überfluß, um so
mehr als ausgezeichnete Verbindungswege gesichert sind. Bekanntlich
ist seit Beginn des Krieges eine neue Eisenbahnlinie von
Petersburg zum Nördlichen Ozean gebaut worden. Bis zum
Frühjahr wird Rußland in einer fürchterlichen Kriegsstärke dastehen.
Inzwischen wird es ihm ein Leichtes sein, eine gewisse
Anzahl von Armeekorps an der bulgarischen Küste zu landen.
In den Alpen entfalten die Italiener eine erfolgreiche
Tätigkeit. Frost, Schnee und unglaubliche Terrainschwierigkeiten
vermochten die italienischen Truppen nicht an ihren Fortschritten
im Norden des Gardasees und im Gebiet des Isonzo zu hindern.
Die Österreicher, die in ihren Kriegsberichten bisher den Namen
Görz unterschlugen, sehen sich jetzt zu dem Eingeständnis genötigt,
daß die Festung sich in einer verzweifelten Lage befindet.
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versagen können. Daher rührt die bedeutend höhere Verlustziffer
im Oktober und November.
Auf dem westlichen Kriegsschauplatz haben die französischen
und englischen Truppen ihre neulich errungenen Erfolge allenthalben
aufrechterhalten; sie haben dieselben sogar vergrößert, wogegen
die wütenden Gegenangriffe der deutschen in der zweiten Hälfte
des Oktober nur blutige Mißerfolge erzielten. Gegen die
französische Artillerie ist überhaupt nicht mehr aufzukommen; eine
Herausforderung derselben wird als einzige Folge die Verlängerung
der ohnehin maßlosen deutschen Verlustlisten haben.
Auf der Ostfront bessert sich die Lage der Russen fortgesetzt.
Anfangs Oktober verkündete die deutsche Presse die bevorstehende
Einnahme von Riga und Dünaburg durch Hindenburgs Truppen;
heute scheint aber die Möglichkeit einer solchen Leistung vollständig
ausgeschlossen. Im Westen von Riga haben die Russen ihre Gegner
weit zurückgeschlagen; sie bedrohen sogar Mitau. Im Westen
von Dünaburg sind die Deutschen 15 Klm. von der Stadt zurückgewichen
und im Süden dieser Festung ziehen sie sich unaufhaltsam
zurück. In den sumpfigen Ebenen bei Pinsk sind die
Deutschen zu Tausenden umgekommen; sie sind im Morast versunken
oder ertrunken. Dort hat Deutschland auch die Natur
zum Feind. Wer sich in den weiten einsamen Sumpfebenen nicht
auskennt, der ist darin unrettbar verloren. In der Styrgegend
hat die russische Armee Ende Oktober und anfangs November hervorragende
Waffentaten geleistet, so daß der deutsche Generalstab
eiligst Verstärkung schicken mußte. Aber Terrain vermochten
die deutsch-österreichischen Heere seit September keines zu gewinnen;
im Gegenteil, sie wurden auf mehreren Strecken zurückgeschlagen
und haben in einem Monat 674 Offiziere und 49,200 Mann
an Gefangenen verloren. Die Gesamtzahl der deutsch-
österreichischen Gefangenen in Rußland ist nunmehr
auf 1,200,000 gestiegen.
In der Zwischenzeit sind im Innern Rußlands neue Heere ausgebildet
und ausgerüstet worden und gleichzeitig hat sich die
russische Industrie in einer Weise umgestaltet, daß sie den Heeresbedarf
in ausgiebiger Weise liefert. Die übrigen Verbündeten
überweisen den Russen Munition u. s. w. im Überfluß, um so
mehr als ausgezeichnete Verbindungswege gesichert sind. Bekanntlich
ist seit Beginn des Krieges eine neue Eisenbahnlinie von
Petersburg zum Nördlichen Ozean gebaut worden. Bis zum
Frühjahr wird Rußland in einer fürchterlichen Kriegsstärke dastehen.
Inzwischen wird es ihm ein Leichtes sein, eine gewisse
Anzahl von Armeekorps an der bulgarischen Küste zu landen.
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item 3
versagen können. Daher rührt die bedeutend höhere Verlustziffer
im Oktober und November.
Auf dem westlichen Kriegsschauplatz haben die französischen
und englischen Truppen ihre neulich errungenen Erfolge allenthalben
aufrechterhalten; sie haben dieselben sogar vergrößert, wogegen
die wütenden Gegenangriffe der deutschen in der zweiten Hälfte
des Oktober nur blutige Mißerfolge erzielten. Gegen die
französische Artillerie ist überhaupt nicht mehr aufzukommen; eine
Herausforderung derselben wird als einzige Folge die Verlängerung
der ohnehin maßlosen deutschen Verlustlisten haben.
Auf der Ostfront bessert sich die Lage der Russen fortgesetzt.
Anfangs Oktober verkündete die deutsche Presse die bevorstehende
Einnahme von Riga und Dünaburg durch Hindenburgs Truppen;
heute scheint aber die Möglichkeit einer solchen Leistung vollständig
ausgeschlossen. Im Westen von Riga haben die Russen ihre Gegner
weit zurückgeschlagen; sie bedrohen sogar Mitau. Im Westen
von Dünaburg sind die Deutschen 15 Klm. von der Stadt zurückgewichen
und im Süden dieser Festung ziehen sie sich unaufhaltsam
zurück. In den sumpfigen Ebenen bei Pinsk sind die
Deutschen zu Tausenden umgekommen; sie sind im Morast versunken
oder ertrunken. Dort hat Deutschland auch die Natur
zum Feind. Wer sich in den weiten einsamen Sumpfebenen nicht
auskennt, der ist darin unrettbar verloren. In der Styrgegend
hat die russische Armee Ende Oktober und anfangs November hervorragende
Waffentaten geleistet, so daß der deutsche Generalstab
eiligst Verstärkung schicken mußte. Aber Terrain vermochten
die deutsch-österreichischen Heere seit September keines zu gewinnen;
im Gegenteil, sie wurden auf mehreren Strecken zurückgeschlagen
und haben in einem Monat 674 Offiziere und 49,200 Mann
an Gefangenen verloren. Die Gesamtzahl der deutsch-
österreichischen Gefangenen in Rußland ist nunmehr
auf 1,200,000 gestiegen.
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item 3
versagen können. Daher rührt die bedeutend höhere Verlustziffer
im Oktober und November.
Auf dem westlichen Kriegsschauplatz haben die französischen
und englischen Truppen ihre neulich errungenen Erfolge allenthalben
aufrechterhalten; sie haben dieselben sogar vergrößert, wogegen
die wütenden Gegenangriffe der deutschen in der zweiten Hälfte
des Oktober nur blutige Mißerfolge erzielten. Gegen die
französische Artillerie ist überhaupt nicht mehr aufzukommen; eine
Herausforderung derselben wird als einzige Folge die Verlängerung
der ohnehin maßlosen deutschen Verlustlisten haben.
Auf der Ostfront bessert sich die Lage der Russen fortgesetzt.
Anfangs Oktober verkündete die deutsche Presse die bevorstehende
Einnahme von Riga und Dünaburg durch Hindenburgs Truppen;
heute scheint aber die Möglichkeit einer solchen Leistung vollständig
ausgeschlossen. Im Westen von Riga haben die Russen ihre Gegner
weit zurückgeschlagen; sie bedrohen sogar Mitau. Im Westen
von Dünaburg sind die Deutschen 15 Klm. von der Stadt zurückgewichen
und im Süden dieser Festung ziehen sie sich unaufhaltsam
zurück.
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item 3
versagen können. Daher rührt die bedeutend höhere Verlustziffer
im Oktober und November.
Auf dem westlichen Kriegsschauplatz haben die französischen
und englischen Truppen ihre neulich errungenen Erfolge allenthalben
aufrechterhalten; sie haben dieselben sogar vergrößert, wogegen
die wütenden Gegenangriffe der deutschen in der zweiten Hälfte
des Oktober nur blutige Mißerfolge erzielten. Gegen die
französische Artillerie ist überhaupt nicht mehr aufzukommen; eine
Herausforderung derselben wird als einzige Folge die Verlängerung
der ohnehin maßlosen deutschen Verlustlisten haben.
Auf der Ostfront bessert sich die Lage der Russen fortgesetzt.
Anfangs Oktober verkündete die deutsche Presse die bevorstehende
Einnahme von Riga und Dünaburg durch Hindenburgs Truppen;
heute scheint aber die Möglichkeit einer solchen Leistung vollständig
ausgeschlossen. Im Westen von Riga haben die Russen ihre Gegner
weit zurückgeschlagen; sie bedrohen sogar Mitau. Im Westen
von Dünaburg sind die Deutschen 15 Klm. von der Stadt zurückgewichen
und im Süden dieser Festung ziehen sie sich unaufhaltsam
zurück.
-
item 3
versagen können. Daher rührt die bedeutend höhere Verlustziffer
im Oktober und November.
Auf dem westlichen Kriegsschauplatz haben die französischen
und englischen Truppen ihre neulich errungenen Erfolge allenthalben
aufrechterhalten; sie haben dieselben sogar vergrößert, wogegen
die wütenden Gegenangriffe der deutschen in der zweiten Hälfte
des Oktober nur blutige Mißerfolge erzielten. Gegen die
französische Artillerie ist überhaupt nicht mehr aufzukommen; eine
Herausforderung derselben wird als einzige Folge die Verlängerung
der ohnehin maßlosen deutschen Verlustlisten haben.
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Verdun
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- Contributor
- Brigitte Martin
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